Autor Thema: gegen das grassierende Vorurteil vom angefressenen und angesessenen Typ2  (Gelesen 17539 mal)

hjt

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Zitat
Wenn man einen Raucher sieht und ihn anspricht, dass das was er gerade tut sich und seinem Umfeld schadet, dann schaut der Raucher betroffen nach unten und gibt einem Recht.
Macht man das gleiche mit einer übergewichtigen Person und erklärt ihr, dass das fette Essen ihm schadet und durch die Kosten für die Behandlungsfolgen (Diabetes, GEfäßverengung, Leberverfettung, Herzinfaktrisiko etc.) er der Allgemeinheit schadet, dann wird man dumm angemacht. Man soll den "Dicken" nicht diskriminieren.
Das Fazit seiner Worte war: "Wann können wir Leute welche bewußt Gesundheitsrisiken durch falsche Ernährung auf sich nehmen genauso ansprechen wie Raucher auf ihr Nikotin."

1. Übergewicht kommt mit Kalorien-Überschuss, egal aus welchen Nahrungsanteilen. Es gibt keinen einzigen Nachweis dafür, dass fettes Essen fetter macht, als die selbe Menge Kalorien aus KHs oder/und Eiweiß.

2. In der Praxis hat die Adipositasambulanz der Harvard Universitätskinderklinik mit einem deutlich höheren Fett- und Eiweiß- und einem erheblich verminderten KHanteil in der Nahrungszusammensetzung von Patienten bessere Erfolge als mit dem traditionellen fettarmen Ansatz erzielt und dokumentiert.

3. Cholesterin als Risiko für Herz- und Gefäße wird völlig unabhängig vom Körpergewicht von der Leber produziert. Mit der Nahrung aufgenommenes Cholesterin verändert den Cholesterinspiegel häufig überhaupt nicht und wenn, dann nur unerheblich.

4. Auch wenn die Betroffenen das dann nicht lange durchhalten, wird mächtige Adipositas in vielen Herzzentren mit strenger Atkins-Diät angegangen, die dann nach einer erfolgreichen Anfangsphase leicht gelockert wird. Aber Speicherfett kann nun einmal nur dann in größerem Umfang verstoffwechselt werden, wenn keine externe Glukose diesen Vorgang unterbindet.

5. Typ2 entsteht mit dem (nicht durch das!) Versiegen der ersten Phase der gesund zweiphasigen Insulinantwort auf jeden Glukoseeintrag. Erst damit und nicht mit irgend einer Resistenz beginnt der BZ, immer höher über normal anzusteigen. Mit dem Übergang der Last auf die 2. Phase wird zwar immer später und bei immer höherem BZ, aber zunehmend immer mehr Insulin zuviel ausgegeben, als gesund mit beiden Phasen zusammen im jeweils selben Fall aktiviert würde, und zwar zu viel auch dann, wenn man eine wie auch immer geartete Insulinresistenz berücksichtigt ? eben netto zu viel! Netto mehr als gebraucht wird, bedeutet immer Insulinmast!

Und dazu kommt, dass mit dem Versiegen der ersten Phase die Zuckerproduktion der Leber nicht mehr abgeschaltet wird, so zu der gegessenen wenigstens immer für eine Zeit auch die aus der Glukoneogenese mit Insulin abgedeckt werden muss. Infolge eines wie auch immer gearteten Steuerdefektes wird häufig postprandial sogar eine erhöhte Glukoseausgabe aus der Leber beobachtet.
In der Glukoneogenese wird im Verhältnis 2:1 Eiweiß in Glukose umgewandelt, und zwar Eiweiß aus Gewebe, wenn nicht üppig genug Eiweiß gegessen wird.
UND alle Glukose, auch die aus der Glukoneogenese, wird bei nicht sofort ausreichend verbrauchender Bewegung in Fett angelegt, wenn die begrenzten Glykogenspeicher nicht durch eine voraufgehend längere große Anstrengung aufnahmefähig sind. Auf diesem Wege werden neben Äpfeln durchaus auch Muskeln zu Fett verwandelt.

Was den Betroffenen in einem um Jahre fortgeschrittenen Stadium dieses Prozesses bei Überschreiten der alten DM-Diagnoseschwellen vorgeworfen wird, ist mithin wenigstens zu einem großen Teil Folge der Krankheit, zu deren Ursache es heute praktisch überall veröffentlicht erklärt wird. Und deswegen finde ich auch dann Äußerungen wie die Eingangs zitierte voll daneben, wenn sie im Gegensatz zur gescholtenen Art im inzwischen geschlossenen Thread *Normbereich und HBA1C*  sprachlich einwandfrei erfolgen.

Bisdann, Jürgen
« Letzte Änderung: September 12, 2007, 12:32 von hjt »

Offline Joerg Moeller

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #1 am: September 10, 2007, 17:27 »
Du machst es dir viel zu schwer. Was du beschreibst ist im wesentlichen "Ernährung".

"Essen" ist aber mehr als das. Da spielt noch eine psychische Komponente rein, die von den meisten Wissenschaftlern völlig außer Acht gelassen wird. Angefangen über erlerntes Essverhalten über Essen als psychosoziale Komponente bis hin zu "Zucker als Seelentröster".

Wer bei einer "Ernährungsberatung" die psychische Komponente außer Acht lässt hat schon verloren.

Beachtet man das ist es einfach nur dumm die Betroffenen selbst dafür verantwortlich zu machen.
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Offline klausing

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #2 am: September 10, 2007, 19:00 »
Zu dem ZItat welches Du benutzt:
Wie bereits geschrieben, es stammt aus dem Film SuperSizeMe.
Ich fand die Idee welche hinter diesem Zitat steckte mehr als OK. Wenn man die Amerikaner in diesem Film gesehen hat die sich in einer Mahlzeit weit über 3500kcal reindrücken oder 8 Liter Cola am Tag trinken mit den darin befindlichen 800gr Zucker ... dann ist es fast schon unmoralisch so zu tun als ob man nichts sieht.
Einen Raucher kann man ohne weiteres bitten seine Zigarette aus zu machen, wenn man sich dadurch belästigt fühlt. Geh doch mal zu einem Übergewichtigen und sag ihm er soll das Essen was er sich gerade bestellt hat nur halb essen weil Du Dich durch höhere Krankenkassenbeiträge sonst benachteiligt fühltest.

Wodurch Diabetes entsteht, hab ich selbst lernen dürfen! Aber ich kann Dir definitiv sagen, dass während meiner Reha 2 Personen waren die in 4 Wochen jeweils über 10 (der eine 15kg und die andere 12 kg) abgenommen haben. Die hatten hinterher Werte wie gesunde Menschen !!! Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, dann hätte ich es nicht geglaubt. Es war also maßgeblich das Übergewicht welches ihre Diabetes hervorrief.

In den USA ist zu fettes Essen mit der damit verbunden zu hohen Kalorienaufnehme nach Rauchen mittlerweile die anerkannte "zweithäufigste vermeidbare Todesursache"!
In diesem Film wurde unter ärztlicher Aufsicht gezeigt, dass fettes Essen in Mengen der Leber die gleichen Werte bescheren kann wie ein Alkoholiker nach Jahren hat. Der Mann in diesem Film hatte sie schon nach 3 Wochen!!!
Morgan Spurlocks Dokumentarfilm über diese Veränderungen wurde nicht umsonst mehrfach preisgekrönt!

Darin wurde auch auf "Essenspiralen" eingegangen, was der von Jörg erwähnten psychischen Komponente entspricht.

@hjt: ich gebe Dir vollkommen recht, dass es physikalisch unmöglich ist zuzunehmen wenn man nur so viel zu sich nimmt wie man verbraucht, egal woher es kommt. Aber nimm mal ein durchschnittliches Mittagessen von 1000-1500kcal. Pack mal auf die eine Seite eine sehr fetthaltige Mahlzeit und auf der anderen Seite eine Kohlenhydrathaltige und balaststoffreiche Mahlzeit. Allein die unterschiedlichen Mengen auf dem Teller dürften schon ersichtlich machen nach welcher Mahlzeit Du als erstes wieder Hunger haben wirst.

Versteht mich nicht falsch! Ich habe nichts gegen Dicke. Eigentlich mach ich das Wort Dicke nicht. Ich mag das Wort Übergewichtige lieber.
Einige meiner besten Freunde haben Übergewicht. Nur mit denen kann ich auch ohne überhitzte Gemüter darüber diskutieren. Genau das ist es, was ich glaube, dass es salongfähig werden muss über solche Risiken reden zu dürfen und andere auch ansprechen zu dürfen.
Leuten welche sich Pircen und tätowieren wird doch mittlerweile auch ein Teil der Behandlungskosten auferlegt wenn hinterher was passiert. Warum soll Unvernunft (so lange sie nicht krankhaft ist) zu regress führen? Darüber reden wird doch wohl erlaubt sein?
Beim Raucher geht das doch auch!


Offline Andi

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #3 am: September 10, 2007, 21:54 »

Versteht mich nicht falsch! Ich habe nichts gegen Dicke. Eigentlich mach ich das Wort Dicke nicht. Ich mag das Wort Übergewichtige lieber.
Einige meiner besten Freunde haben Übergewicht. Nur mit denen kann ich auch ohne überhitzte Gemüter darüber diskutieren. Genau das ist es, was ich glaube, dass es salongfähig werden muss über solche Risiken reden zu dürfen und andere auch ansprechen zu dürfen.
Leuten welche sich Pircen und tätowieren wird doch mittlerweile auch ein Teil der Behandlungskosten auferlegt wenn hinterher was passiert. Warum soll Unvernunft (so lange sie nicht krankhaft ist) zu regress führen? Darüber reden wird doch wohl erlaubt sein?
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Der Ton macht die Musik, Klaus, der Ton ...

Beachte bitte folgendes ...

ps: der nächste, der mir Dicke, Raucher oder Süchtige als klug verkaufen will, dem zerteile ich den Schädel und versuche das Ausmaß der Geisteskrankheit zu bestimmen

... und nun versuche, ein "schönes" Lied daraus zu machen.

Ich bin wahrlich keine Zaunlatte, es würde mir im Traum nicht einfallen, solche Lieder wie DINGO zu trällern :nein:
Bis zu meinem fünften Geburtstag galt ich als grenzwertig zum Unterernährt sein. Es ist an mir einfach nix "hingewachsen". Eine kleine Operation half meinem Hormonhaushalt. Seitdem habe ich schon beim Betrachten einer Tafel Schokolade eine Auseinandersetzung mit meiner Waage! So einfach ist das mit der Schuldzuweisung an die weniger Schlanken.

Ansonsten kann ich die Punkte von "hjt" nachvollziehen. Auch Jörgs Argument "psychische Komponente" ist nicht wirklich von der Hand zu weisen.

So, das sind mal meine 2 Cent zum Thema angefressener Wanst und Dummheit ...
.                                                       ,---> SiDiary ==> Bericht ist für den DOC
FSL3 ---> JugGluco ---> xDrip ---{
                                                        `---> GARMIN Fenix6PRO ==> BZ Live ist für mich! ;D

Offline Joerg Moeller

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #4 am: September 10, 2007, 22:34 »
Man muß sich bei diesen Dingen immer fragen:

- drückt der Junkie, weil er es geil findet an der Nadel zu hängen?
- raucht der Raucher, weil er seinen Raucherhusten und Kurzatmigkeit liebt?
- säuft der Alkoholiker, weil er es liebt die Kontrolle über sich zu verlieren?
- stopft sich der Dicke voll, weil er es cool findet, wenn alle Welt über ihn herzieht?

@klausing: du willst einen Dicken anmachen, weil er duch sein Übergewicht Kosten verursacht. Machst du das auch mit den anderen drei Gruppen? Und wie sieht es mit Extremsportlern aus? Deren Unfälle werden auch von der GKV bezahlt.

Leute: diese Kosten werden von den Sozialabgaben bestritten. Vielleicht sollten wir mal ein bißchen über den Wortteil "Sozial" nachdenken.

Ansonsten landen wir irgendwann noch in einer Orwell'schen Welt, in der der große Bruder für uns entscheidet was wir essen, trinken und wie wir uns bewegen dürfen.

Hallo?
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Offline Angela

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #5 am: September 10, 2007, 22:48 »

Ich bin wahrlich keine Zaunlatte, ....


 :knuddel: aber er is ein ganz lieber, lustiger Bayer  :super:
**************
 :unschuldig: LGAngela :unschuldig:

Offline Joa

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #6 am: September 10, 2007, 23:21 »

Wer bei einer "Ernährungsberatung" die psychische Komponente außer Acht lässt hat schon verloren.
Beachtet man das ist es einfach nur dumm die Betroffenen selbst dafür verantwortlich zu machen.


Finde ich nicht ganz konsequent gedacht oder formuliert. Verantwortlich machen heißt doch auch, auf die eigene Verantwortung, dieses oder das zu verändern hinzuweisen. Anderes ist co-produktiv.
Allerdings hilft natürlich Vorwurf und Schuldzuweisung goar nix.
Daher find ich auch den Hinweis auf die psychische Komponente sehr richtig.

Bezogen auf "Dicke" mit Typ 2 Diabetes fand ich mal ne Aussage in der Schulung der DK-Mergentheim trefflich.
"Die haben nicht (wie so allgemein kolportiert) Diabetes weil sie dick sind. Die sind dick, weil sie Typ 2 haben."

Umso wichtiger allerdings, sie auf eine der wenigen und wesentlichen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lage hinzuweisen. Und das umzusetzten, auch wenn es nicht einfach ist, geht nur, wenn sie selber die Entscheidung treffen (können) und die Selbstverantwortung übernehmen (können).

Gruß
Joa
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Offline klausing

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #7 am: September 10, 2007, 23:30 »
Zitat
@klausing: du willst einen Dicken anmachen, weil er duch sein Übergewicht Kosten verursacht. Machst du das auch mit den anderen drei Gruppen? Und wie sieht es mit Extremsportlern aus? Deren Unfälle werden auch von der GKV bezahlt.
Anmachen will ich niemanden. Ansprechen schon. In meinem Bekanntenkreis halten wir das zumindest so wenn wir jemanden mit Problemen sehen. Dabei ist es egal ob es Übergewicht, Gras rauchen oder Alkohol ist!
Deine Beispiele haben meiner Meinung nach eins gemeinsam. Alle diese Personen brauchen Hilfe und auch Wissen darüber was sie sich und anderen da an tun. Die meisten haben diese Perspektive gewählt, weil sie keine andere sehen. Wenn sie es wollen, dann sollte man ihnen natürlich helfen Perspektiven wieder zu sehen.

Sozialabgaben sind völlig außer Frage. Das muss sein und jeder der Bedürftig ist soll auch die Hilfe anderer genießen dürfen.
Aber etwas mit Absicht wider besserem Wissen zu Lasten der Allgemeinheit zu tun, nein da fehlt mir dann das Bedürfnis den sozialen Gedanken auszuleben.

Mal ein praktisches Beispiel was es wirklich hier in der Nähe gegeben hat. "aus Versehen" sägte sich einer die linke Hand ab. Es war nur "dummer Zufall", dass er total überschuldet war und ein 3/4 Jahr vorher eine Versicherung abgeschlossen hat. Blöd nur, wenn er vorher Alkohol trinkt und ca 5min vor dem "Unfall" schon den Notarzt ruft, so dass die fast noch live zu sehen konnten.
Wie Du schon bei dem Junkie , dem Alkoholiker ... schriebst: Meinst Du der fand es cool sich selbst zu verstümmeln? Auch er hatte Zwänge die ihn dazu trieben.
Er tat dies mit voller Absicht. An so einer Stelle hat der Sozialstaat meiner Meinung nach nur noch das menschlich notwendige zu leisten. Wenn er wie auch die von Dir aufgeführten  Personenkreise gewillt sind etwas an ihrem Leben zu ändern, dann sollen sie gern mehr Unterstützung bekommen. Zum Beisiel Eingliederungshilfen etc. halte ich für unerlässlich. Aber Unwilligen Angebote aufzuzwingen nur um ja den so sozialen Staat zu beweisen ... das ist meiner Meinung nach falsch. Dafür fehlt das Geld an vielen anderen Ecken wo es notwendiger ist. Von Beispielen sehe ich hier bewußt ab.

@ Andi: dass ich dingo1's Ton für unangebracht halte, habe ich ja schon an  anderer Stelle angemerkt. Ich sehe das genau wie Du. Der Ton macht die Musik. Wenn man den Menschen mit Fragen und Interesse begegnet und nicht mit einer aufzudrängenden Meinung oder gar allwissenden Therapievorschlägen, dann habe ich bisher immer die besten Erfahrungen gemacht.

Ich verstehe hier absolut nicht, warum ihr Euch so dagegen wehrt, dass man über problematische Themen auch mit Betroffenen spricht (vielleicht auch mal wenn sie es nicht gleich hören möchten)! Komisch auch diese Doppelmoral, dass fast jeder es OK findet wenn diese Sprüche auf den Zigaretten stehen, Raucher zum Wohl der Allgemeinheit rauchverbot erhalten oder in manchen Ländern Bilder von kaputten Gliedmaßen oder Lungen auf den Schachteln sind. Es ist auch allgemein üblich und kein Problem mehr einen Raucher anzusprechen wenn man sich von seinem Rauch belästigt fühlt.
Ähnliches in anderen Bereichen wird aber kategorisch abgelehnt. Ganz im Gegenteil das wird in der Öffentlichkeit großteils komplett verdrängt, dass es hier Probleme gibt bzw. Menschen Probleme haben. Das will mir nicht in den Kopf.

Offline Hexe

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #8 am: September 11, 2007, 00:08 »
Hallöchen

 möchte auch mal was dazu sagen, also ich bin dick, und dadurch das man es übergewichtig oder mollig oder untergross oder was auch immer nennt, ändert nichts an der Tatsache das es so ist,ich möchte wohl auch glauben das mein BZ sinken würde wenn ich abnehme, und das es Leute gibt die das schaffen, ist ja unbestritten, aber es gibt auch genug bei denen es nicht funktioniert

ich kann nicht erklären wieso, ( habe einfach zu wenig wissen von den abläufen im Körper), aber ich behaupte das ich erst mit dem Diabetes zugenommen habe und nicht umgekehrt! Ich weiss nicht wann sich mein Diabetes manifestiert hat, ich weiss nur wann er diagnostiziert wurde, und das war gut 1 Jahr nach dem ich zugenommen habe wie verrückt(innerhalb eines halben Jahres fast 50 kg) gut erst hatte ich Stress, bei Stress habe ich schon immer etwas zugelegt, aber danach fand ich es seltsam das es nicht aufgehört hat, habe dagegen gesteuert alles mögliche versucht um abzunehmen habe aber weiter zugenommen, war bei einer Ernährungsberatung,Gruppen und Einzelschulung, habe ich aus eigener Tasche bezahlt, da kam dann raus das ich mich sehr gesund ernähre, nur vielleicht zum abnehmen etwas zu viel Fett, na gut habe ich das reduziert , das einzige was passierte , war ja schon mal ein Erfolg, der Anstieg nach oben war gestoppt und ich konnte das Gewicht halten,also noch mehr reduziert, passiert ist aber nichts, also mehr Sport, passiert ist nichts, dann bin ich zum Arzt gegangen war schon verzweifelt, um mir Pillen oder sonstwas verschreiben zu lassen, und bei dem darauf folgenden Rund um Check meiner Ärztin kam heraus das ich Diabetes habe, also Tabletten dafür,Typ2 Schulung, mehr Sport alle Wege zu Fuss gehen oder mit dem Fahrrad , noch mal am Essen gedreht, die Kalorien und das Fett reduziert, oh und ich habe abgenommen, 2 Kilo in einem Jahr und dann war Schluss, es ging nicht mehr nach unten!

Dann kamen Bluthochdruck und Gallenprobleme dazu, die Ernährung auf beides angepasst und Tabletten dagegen genommen, ein halbes Jahr später habe ich aufgegeben, mir ging es schlecht wegen der Gallenkoliken, ich habe nicht abgenommen, ich bin in ein Loch gefallen aus dem ich erst Wochen später wieder krabbeln konnte, habe dann eine Therapie angefangen, auch das hat nichts geholfen, und dann kam die Schei... egal Phase, habe alles gegessen was keine Gallenkoliken verursacht ( seltsamerweise Eis und Lakritze) mein Blutrduck und mein BZ waren unter aller Sau, aber ich habe angefangen abzunehmen nicht viel aber immerhin, dann bekam ich Schmerzen in der Schulter und ein Medikament dagegen, das eigentlich nur für Notfälle gedacht sein sollte, damit aber ging es mir super, auch keine Gallenkoliken mehr, habe ich alles gegessen wonach mir der Sinn stand, und obwohl ich mich wegen der Schulter nicht mehr soooviel bewegen konnte, habe ich nicht zugenommen, allerdings auch nicht abgenommen, und dann stand der OP Termin an für die Schulter und ich musste auf Insulin umsteigen, habe sofort zugenommen,( von dem was ich vorher mühsam abgenommen hatte,war innerhalb von 10 Tagen, die hälfte wieder daruf) also wieder auf die Ernährung geachtet, inzwischen war ich auf dieses Forum gestossen und habe hier,und in den Einsteigerseiten, viel über Diabetes gelernt, was mir sehr geholfen hat!

Doch erst mein Diabetologe hat mich drauf gebracht das ich wohl jahrelang den falschen Weg eingeschlagen hatte, hätte ich ja selbst drauf kommen können, ABER man bekommt überall und immer gesagt das Fett die Ursache ist und natürlich zuviel Zucker in Form von Süsskram, ich war schon soweit das ich Fett nicht mal mehr sehen konnte, geschweige denn riechen, wenn mein Mann Bratkartoffeln gemacht bin ich weggegangen, weil ich den Geruch nicht mehr ertragen konnte vom Speck, jetzt reduziere ich die KH´s und esse mehr Fett bei 1500  Kalorien am Tag und nehme ab, wer hätte das gedacht, ich hatte lange Zeit höchstens 1000 Kalorien zu mir genommen pro Tag wenn denn mal ein Stück Kuchen dabei war oder ein Eis, sonst eher bei 700 Kalorien, und ALLE aber auch alle haben gesagt das kann nicht sein, dann würdest du abnehmen ( selbst meine Mutter) ich hätte dann jedesmal vor Wut heulen oder um mich schlagen können, erst der Diabetologe hat mich drauf gebracht das es nicht unbedingt die allumfassende Wahrheit ist,was alle glauben und in der Gesellschaft gerade propagiert wird, ich weiss inzwischen das jeder Körper anders ist und anders reagiert und das man das für sich selbst ganz individuell herausfinden muss, dann klappts auch mit dem abnehmen!

Was ich damit eigentlich sagen wollte, wenn mich einer darauf ansprechen würde das ich ja eh schon dick in und dann auch noch so viel und so fett esse, dann platze ich! Was weiss derjenige denn schon von den zusammenhängen in meinem Körper!NICHTS !!!!Da habe ich selbst Jahre gebraucht um das zu verstehen !Beim rauchen kannst du dich belästigt fühlen durch den Rauch oder sagen das ich damit deine Gesundheit schädige, aber beim essen ist es ja wohl eher so das es dich nicht belästigen kann was ich esse, finde der Vergleich hinkt ziemlich, und was ich esse kann auch niemanden anderen Schädigen, ich habe 25 Jahre in die GKK eingezahlt bevor ich "krank" wurde das mal nur so am Rand bemerkt
Jürgen hat mir mir aus der Seele geschrieben, danke dafür!

@ Steffen,



Ich verstehe hier absolut nicht, warum ihr Euch so dagegen wehrt, dass man über problematische Themen auch mit Betroffenen spricht (vielleicht auch mal wenn sie es nicht gleich hören möchten)! Komisch auch diese Doppelmoral, dass fast jeder es OK findet wenn diese Sprüche auf den Zigaretten stehen, Raucher zum Wohl der Allgemeinheit rauchverbot erhalten oder in manchen Ländern Bilder von kaputten Gliedmaßen oder Lungen auf den Schachteln sind. Es ist auch allgemein üblich und kein Problem mehr einen Raucher anzusprechen wenn man sich von seinem Rauch belästigt fühlt.
Ähnliches in anderen Bereichen wird aber kategorisch abgelehnt. Ganz im Gegenteil das wird in der Öffentlichkeit großteils komplett verdrängt, dass es hier Probleme gibt bzw. Menschen Probleme haben. Das will mir nicht in den Kopf.


du sagst dem ja nicht, hör auf zu rauchen du gefährdest deine Gesundheit und verursachst der Allgemeinheit kosten, du sagst hör auf zu rauchen weil es meine Gesundheit gefährdet, du kannst aber niemanden sagen, hör auf zu essen, könntest du ja auch gleich sagen, hör auf zu leben, im Bekannten und Freundeskreis über eine Thematik zu reden ist was anderes als Fremde darauf anzusprechen deren Hintergrund du nicht kennst, ;) dass du dich mit den Seelen von PC´s auskennst glaube ich gern ;)

@ Joa

habe deine Beitrag leider erst gelesen nachdem ich meinen schon geschrieben hatte, ist das erste Mal das sowas lese ausser eben auch schon mal Jürgen das es so ist das man dick ist weil man Diabetes hat und nicht umgekehrt( wohlgemerkt für den Typ2), dann habe ich ja vielleicht doch recht mit meiner Vermutung, das ich erst Diabetes hatte und dann zugenommen habe :)
 Wünsche werden prompt in die Tat umgesetzt :), zumindest habe ich mal den Versuch gemacht

liebe Grüsse Vera

puh sorry das ist ja ein Roman geworden, musste ich aber mal loswerden!
« Letzte Änderung: September 11, 2007, 00:29 von Hexe »
Typ2  zur Zeit Toujeo, Jardiance, Novorapid

Offline Joa

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Re: Plädoyer gegen angesesenen & angegessenen Typ2
« Antwort #9 am: September 11, 2007, 00:20 »

[unheimlich viel, hintereinander wech]  ;D


Puuuh, das sieht aber sehr komplex aus. Find ich, nach den Teilen, die ich (an)las auch spannend.  :super:
Aber vielleicht kannst Du der Tage noch mal ein paar Absätze einbauen?
Würde m. E, die Lesbarkeit erhöhen können.  :ja:

Viele Grüße
Joa

Hab noch mal mitbekommen, dass es noch weiterging.  Ist vielleicht hinterher erschienen.  :kratz:

Daher also im Nachtrag:
Zitat

... dass man dick ist weil man Diabetes hat und nicht umgekehrt (wohlgemerkt für den Typ2), dann habe ich ja vielleicht doch recht mit meiner Vermutung, das ich erst Diabetes hatte und dann zugenommen habe.


Das ist wohl insbesondere eine genetische Frage. Und die Gene hast Du von der Zeugung weg wirksam mitbekommen.

Entwicklungsgeschichtlich hat sich der Mensch halt über lange Zeiträume entwickelt und verschiedene Genpoole haben sich unter dieser oder jener Umwelt und Lebensbedingung besser oder schlechter durchsetzten können.

Teupe hat das in Althausen mal kurz aber recht ich fand vom Ansatz her spannend umrissen.
Je "naturvölkischer" der Genpool erhalten ist, umso mehr ist die Überlebensstrategie des Menschen darauf ausgerichtet, in kargen Zeiten zu überleben.
Das bedingt die Fähigkeit, in fetten Zeiten vom Überfluss gut in der Lage zu sein, Reserven anzulegen.

Also ist unter solchen Ur-Bedingungen das Individuum, dass über die Hungergrenze hinweg Speck speichert, im Winter oder in der Dürrezeit schlicht überlebensfähiger und kann seine Gene gut weitergeben.

Um daraus mal weitere Ideen zu folgern:

Der Spargeltarzan verhungert in diesen Zeiten! Es sei denn, er ist im Hierachiegefüge aufgrund anderer Fähigkeiten weit oben und wird arterhalten  durchgefüttert (soziale Komponente), oder ist auch hierarchisch bevorzugt, darf sozusagen zuerst an den Futternapf im Mangel.
 
Leider hat die Natur nicht bedacht, dass Supermärkte heutzutage, rund um die Uhr, und an sieben Wochentagen, wohlgefüllte Futternäpfe bereit halten.

Insofern sind die (meisten) Typ 2er die eigentlich "gesunden" Diabetiker, deren Zeit allerdings, so rein genetisch-funktional, vorläufig vorbei ist.

Typ 1 halte ich da schon eher für ein natürliches Auslaufmodell.

Beiden gemeinsam ist, dass sie heute von der Solidargemeinschaft (kontradarwinistisch?) gestützt werden müssen.

Hört sich nicht nett an. Wird aber wohl so sein?  :-\

Vielleicht aber hält die Entwicklung der Menschheit für die Genpoole von Typ 2 oder 1 ja auch noch Bedarfe bereit?

Gruß
Joa
« Letzte Änderung: September 11, 2007, 08:46 von Joa »
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