Autor Thema: Neulich beim Diabetologen  (Gelesen 46452 mal)

Offline tobgrob

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #110 am: August 13, 2007, 13:27 »
Hmmm, ein paar Anmerkungen dazu:

  • Das DMP ist zunächst eine Form der Qualitätssicherung, ähnlich der ISO 9000ff Standards.
    Darin geht es insbesondere darum, klare Richtlinien und Handlungsabläufe zu definieren, die dann dem Patienten auch transparent gemacht werden sollten, damit er bestimmte Behandlungsschritte einfordern kann.
    Für aufgeklärte Patienten sicher unnötig, aber für andere sicher erforderlich. Wenn ich da an meine Schulung denke: Da waren Leute, die seit 15 Jahren Diabetes haben, aber noch nie eine Fußuntersuchung hatten. Und Schlimmeres. Erschreckend!
    Ob allerdings das DMP das Problem wirklich lösen kann, weiß ich nicht, zumindest ist da ein Dritter, nämlich die Kasse, die solche Untersuchungen veranlassen kann.
    --> Pluspunkt, wenn auch nicht für jeden.
  • Werden nur geschulte Ärtzte als Koordinatoren für das DMP zugelassen, so dass das obengenannte Problem eigentlich von Arztseite nicht vorkommen sollte.  
    --> Pluspunkt, da so Problemen auf Arztseite begegnet werden kann.
  • Zusätzlich sollen die gesammelten Gesundheitsdaten Erfahrungswerte in der Behandlung bereitstellen. Da habe ich aber meine Zweifel ob das funktioniert. Denn
    • Die teilnehmenden Patienten sind nicht representativ, man weiß einfach zu wenig über die Representativität. Das ist ein methodisches Problem.
    • Erkenntnisse sind für zukünftige Maßnahmen aus der Vergangenheit nur dann ableitbar, wenn da innovative Methoden Einzug halten dürfen und wenn die auch sauber dokumentiert werden. Das kann ich nicht sehen. So wie mir das erscheint, soll die Zukunft durch die Vergangenheit bestätigt werden. Schlimmstenfalls führt das zum Ende aller Innovationen.
    • Die erfassten Daten sind zu grob, um Nuancen wahrnehmen zu können. Insbesondere gibt es keine strukturierten Daten zum Thema Lebensqualität, ein wohl extrem wichtiges Kriterium.

    --> Neutral, da dabei kaum was sinnvolles herauskommt.
  • Die Ziele können allerdings auch ohne die Datensammelei erreicht werden, annonymisierte Daten sollten ausreichen.
    --> negativ, da dem Grundsatz der Datenvermeidung nicht entsprochen wird.
  • Die Kassen "belohnen" die Teilnahme am DMP mit Zuzahlungsbefreiungen bzw Zuzahlungsermäßigungen.
    --> Pluspunkt, das kann schon hundert Euro im Jahr ausmachen.


Fazit: Das DMP ist eine gute Idee, krankt aber an der Durchführung: Es liefert wenig zukunftsweisende Daten, es verursacht hohe Kosten und einen erheblichen Verwaltungsaufwand und ist letztlich zu einer neuen Einnahmequelle für Kassen und Ärtze geworden.

Patienten, die uninformiert sind, gibt es die Möglichkeit Untersuchungen einzufordern und die Ärzte müssen tätig werden, das verbleibt auf der Plusseite.

Die personenbezogenen Daten indess sind für den Rest der Welt eigentlich uninteressant. Von Nachteil wäre aber, wenn aus den medizinischen Daten eine mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit des Patienten gefolgert wird, was dann wieder für den Patienten mit Nachteilen verbunden wäre.

Gut, dass es freiwillig ist, denn jeder kann aus den Fürs und Widers seine eigenen Schlüsse ziehen.

Offline tobgrob

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #111 am: August 13, 2007, 13:33 »

Über meine Daten mache ich mir keine Sorgen, die sind sicher seit Geburt schon überall bekannt, bei jedem Amt, Schule, Arztbesuch, usw. Früher als Akten, heute als Dateien. Wo liegt da der Unterschied?


Der Unterschied ist, dass die Daten in Dateiform schnell zusammengeführt und kombiniert werden können.
Das Problem entsteht dann, wenn aus dieser Kombi falsche Schlüsse gezogen werden.

So könnte man mir z.B. die Einreise in die USA verweigern, da ich sehr lange in einem arabischen Land gelebt habe, ich standig in Pakistan rumgereist bin, lange eine muslimische Freundin hatte, mit der ich auch viel gereist bin, und im Flugzeug vegetarisches Essen bestelle. Zudem kann ich ein Flugzeug fliegen, wenn auch nur ein kleines.

All das zusamengeführt macht aus mir schnell einen Terroristen. Auch wenn ich extrem friedliebend bin.

Offline Willy_Wuff

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #112 am: August 13, 2007, 14:11 »
Och, der unterschied is ganz einfach ;-)
Nehm mal ne Akte und geb sie an 100 Leute weiter :-)
Oder ne Datei an 10.000 Leute weiter geben, was ist komplizierter und aufwendiger ?
Nem ne Akte mit allen deinen informationen ....... und ne Datei mit allen Deinen Informationen ..........
Welche vom Beiden machen Dich eher zu einem gläsernen Menschen ?
In ner Akte was zu suchen ist ziemlich aufwendig.... unterschiedliche Informationen zu verknüpfen is richtig arbeit.
Bei ner Datei und passender Hardware und Software..... gehts in wenigen Secunden ohne Arbeit.
( Dazu fällt mir leider nur ein : Schöne heile Schilli Welt )

Spätestens wenn ein Kumpel mit Diabetes ne Versicherung bekommt ( der gute Blutwerte hat ;-) ) und man selber bei der gleichen Gesellschaft den Vertrag nicht bekommt... mit schlechten Blutwerten...... dann kann man Sicher sein das die Geselschaft wohl irgendwo in Korea oder sonst wo den Datenbestand von ein paar Tausen Leuten günstig eingekauft hat ;-)

Offline s54_de

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #113 am: August 13, 2007, 18:45 »
Ist im Grunde genommen schon richtig, aber man kann es heutzutage ja gar nicht mehr vermeiden, daß Daten gesammelt werden. Man kann es vielleicht etwas einschränken, wenn man sowas wie das DMP nicht mitmacht, dann bekommen sie die Daten halt woanders her z.B. von Ärzten, Sozialversicherungen, Banken usw. Es heißt zwar immer es besteht Datenschutz, aber was der zählt erfährt man jeden Tag aus den Medien.
Grüße an Alle,  Siegi

Offline tobgrob

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #114 am: August 13, 2007, 18:54 »

Es heißt zwar immer es besteht Datenschutz, aber was der zählt erfährt man jeden Tag aus den Medien.


Ja, aber deine personenbezogenen Daten stehen nirgendwo im Zusammenhang mit deinen Gesundheitsdaten. Außer eben beim DMP.

Insofern kann ich die Kritik im Grundsatz verstehen, habe aber persönlich keinen Konflikt damit.


Offline LordBritish

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #115 am: August 13, 2007, 19:10 »

Ja, aber deine personenbezogenen Daten stehen nirgendwo im Zusammenhang mit deinen Gesundheitsdaten. Außer eben beim DMP.


Beim DMP steht auch nicht direkt der Name mit Anschrift neben den Werten, der wird nur mit einer persönlichen ID geführt soweit ich weiß.

Im Grunde genommen dürfte man dann auch nicht mehr im Supermarkt einkaufen wo es Scannerkassen gibt.
Wenn Du dann noch mit der Kreditkarte/EC-Karte zahlst, wissen die ja auch alles :zwinker:

Offline tobgrob

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #116 am: August 13, 2007, 20:01 »

Beim DMP steht auch nicht direkt der Name mit Anschrift neben den Werten, der wird nur mit einer persönlichen ID geführt soweit ich weiß.


Korrekt. Das ist "pseudonomisiert" und nicht annonymisiert. Wer will, kann den Zusammenhang zwischen Mensch und Daten wiederherstellen, bei einer  Annonymisierung geht das nicht.


Im Grunde genommen dürfte man dann auch nicht mehr im Supermarkt einkaufen wo es Scannerkassen gibt.
Wenn Du dann noch mit der Kreditkarte/EC-Karte zahlst, wissen die ja auch alles :zwinker:


Auch korrekt. Nur Bares ist Wahres  ;D

Wobei das Zusammenführen von deinen Einkäufen und die Kombi mit deiner Person deutlich weniger brisant ist, als deine Gesundheitsdaten.

In der Praxis glaube ich nicht, dass beim DMP Dinge passieren, die einem zum Nachteil gereichen. Dazu ist der Datenwust viel zu unstrukturiert. Im Internet kann man nachlesen, dass viele Patienten, die den ganzen Untersuchungsmarathon schwänzen, nicht erinnert werden, weil die Daten nicht korrekt erfasst wurden.
Bei der orwellschen Attitüde unserer Berufspolitiker nehme ich aber keinem die Paranoia krumm.

Ich persönlich halte das DMP für eine "Missgeburt", die man aus anderen Ländern einfach abgekupfert hat, ohne dass man das zielorientiert umgesetzt hätte. In der Praxis dürfte das für die Patienten weder wesentliche Vorteile noch dramatische Nachteile bringen. Ein "Patientencoaching", unabhängig von Ärzten, dürfte da erfolgsversprechender sein. In jeder Hinsicht. Käme auch mit weniger Daten aus.

Im Grunde ist die dahinter stehende Idee klasse, bei der Umsetzung wurde eben nicht zu Ende gedacht. Wie so vieles in der Politik.  :(

Grüße
Frank

Offline LordBritish

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #117 am: August 13, 2007, 20:15 »

In der Praxis dürfte das für die Patienten weder wesentliche Vorteile noch dramatische Nachteile bringen.


Seit nicht ganz 1 Jahr habe ich keine Vor- oder Nachteile durch das DMP erfahren.
Der Vorteil den ich sehe ist die Rückerstattung der Praxisgebühr. nicht mehr und nicht weniger.

Viele Grüße

Markus

Offline nuetzele

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #118 am: August 14, 2007, 09:22 »
Ich kann´s mir nicht verkneifen  :rotwerd:

Viele Grüße Rainer

Offline vreni

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Re: Neulich beim Diabetologen
« Antwort #119 am: August 14, 2007, 09:41 »
      :D