Diabetesfragen > CSII - Pumpentherapie
Der Wechsel von ICT in CSII (Closed Loop)
Floh:
Hi Duff Rose,
ich habe die Medtronic (allerdings: 760) gerade zum Teufel gejagt und bin auf Eigenbau umgestiegen, weil das Teil zwei Dinge nicht kann: Sport und sinnvollen Zielwert. Das liegt zum Teil am Automodus (mag bei 780 besser sein, ich habe Zweifel), weil der natürlich nicht in die Zukunft sehen kann und ansteigenden Blutzucker versucht zu korrigieren. Die typische "kritische" Situation für mich war also ein Start mit gutem Blutzucker, dann "oh, Gartenarbeit steht an" ein Packerl Gummibärchen zu essen und dann 10 Minuten zu trödeln um die Schuhe zu finden oder die Axt oder so was. Dann läuft der Automodus in genau die schlechtest mögliche Situation eines "BE-Bolus" (wobei Medtronic keinen Bolus abgibt, sondern nur Basalfitzelchen) und Sport.
Zweites Problem für mich war der angestrebte Zielwert von 125 mg/dl und der maximalen Korrektur auf 150 mg/dl. In der Praxis kam damit ein durchschnittlicher BZ von ~170 mg/dl raus.
Das Internet sagt, die t:slim zielt auf 112,5 mg/dl - das wäre möglicherweise ein kleines bisschen besser.
--- Zitat ---Wie verhält sich die Pumpe eigentlich, wenn ich während dem Bolus in eine Hypo rausche? Der Bolus ist ja vergeben, wird dann die Basalgabe ebenso pausiert und nach dem Wirkzeitraum des Bolus je nach BZ Wert reaktiviert?
--- Ende Zitat ---
Bei Medtronic würde die Basalabgabe unterbrochen bis der BZ wieder steigt oder ein genügend langer Zeitraum abgelaufen ist (ich _glaube_ 2 Stunden, da bin ich mir aber gerade nicht mehr sicher). Wenn der Automodus so lange kein Insulin abgeben "durfte" fragt die 760 nach einer Kalibrierung und dreht den Automodus ab - das bedeutet im ungünstigsten Fall das trotz bestehendem niedrigen Blutzucker wieder die normale Basalrate abgegeben wird.
Duff Rose:
Guten Morgen,
Danke! Das bedeutet nun schon ein beachtliches Risiko.
Meine Diabetologin hat mir BZ- Verlaufskurven (ohne Patientenangaben) der beiden Pumpensysteme gezeigt, die echt krass gerade waren und mit unheimlich geringen Standardabweichungen so wie ich es niemals hinbekomme. Das macht dann schon "Lust" auf das Ganze. Jedoch kann man das nicht auf mich und meinen Lebensstil 1:1 interpolieren.
Vielleicht sollte ich noch bis zum nächsten Termin drüber schlafen und dann einfach Entscheiden. Bis jetzt fühle ich mich noch hin und hergerissen, auch weil es an meiner generellen Diabetes- Einstellung definitiv noch etwas zu verbessern gibt.
Floh:
Ja nun, Vorsicht :)
Ich habe ja nur die Dinge versucht darzustellen, die die Pumpen nicht können. Insulin nachträglich "heraussaugen" geht natürlich nicht. Was auch die Medtronic aber sehr gut kann ist unerwartete Anstiege zu korrigieren (also halt das typische "beim Essen verschätzt") und Änderungen in der Basalrate zu korrigieren. Diesen ganzen Käse mit "up/down Regulation wegen "kein Hunger", "war Radfahren", "es war Weihnachten"" erledigt halt alles der Automodus.
Das mag jetzt wichtig sein oder nicht - für mich sind das essentielle Schritte, ich war mit der Pumpe grundsätzlich zufrieden, es gibt aber noch Verbesserungsbedarf. Mein Diabetologe sagt immer, die derzeitigen automatischen Systeme optimieren auf "Zeit im Zielbereich", um eine optimierte Blutzuckereinstellung zu haben musst aber selbst Programmieren.
Ich fand meine 1% UZ, 3-5% hoch, Rest im Zielbereich für Typ 1 beeindruckend - aber halt nicht zufriedenstellend am oberen Rand und genau die Probleme die du eingangs beschrieben hast kann der Automodus nicht retten.
Maya:
Ich hab beide loop Systeme ausprobiert und mein eindeutiger Favourit ist die Medtronic Variante. Allerdings hab ich meine Erfahrung mit der 670 bzw. 770 gemacht und daher keine automatischen Korrekturen von Medtronic kennengelernt.
Beide loops funktionieren basierend auf unterschiedlichen Algorithemn.
Die t:slim nimmt deine Basalrate zur Grundlage und hebt diese prozentual an oder senkt sie ab.
Die Medtronic Pumpen nutzen SMBs = Super Micro Bolus, geben dir also alle 5 Minuten eine Mikro dosis ab, die deine Basalrate ersetzt.
SMBs sind grundlegend "aggressiver" und "schneller", und haben für mich durch häufige, starke und sich rasch änderne Sensibilitätsschwankungen den Tag gerettet.
Zum Sport (Skateboard fahren / Sportklettern) hab ich durch beobachten gelernt Hypo und Hyper zu vermeiden, du kannst allerdings auch aus dem Automodus raus und eine temporäre Basalrate nutzen, bzw innerhalb des Automodus' den Sport Modus.
Die t:slim bietet extra Profile für Schlaf und Sport, die hab ich persönlich aber auch nicht genutzt.
Wenn du an sich einen "stabilieren" Diabetes hast, deine Basalrate gut passt und die sie nicht oft ändern oder anpassen musst, kommst du mit der t:slim wahrscheinlich deutlich besser zurecht als ich.
Die automatischen Korrekturen der t:slim sind keine 100% Korrekturen basierend auf deinem ISF sondern 60% wenn ich mich recht erinnere, ich vermute einen gleichen Sicherheitsmechanismus bei der 780, um Unterzuckerungen zu vermeiden.
Es klang bei Floh so, als ob das bei der 780 nicht anders sei, aber bei der t:slim haben mich die wenig anpassbaren Einstellungen gestört.
bis 200mg/dL bzw. 11mmol/L geht mein persönlicher Zielbereich nun mal nicht! Und eine DIA (duration of insulin activity) von 5 Stunden kam für mich leider auch überhaupt nicht hin und hat zu fehlenden Korrekturen geführt, weil noch aktives Insulin angezeigt wurde, das leider nicht mehr aktiv war.
Die Guardian Sensoren der Medtronic Reihe sind größer und etwas bulkig, benötigen außerdem 1 - 2 Lagen (standardmäßig mitgeliefertes) Tape on top, sonst kannst du davon ausgehen sie dir bei nächster Gelegenheit irgendwo versehentlich abzureißen.
Da ist Dexcom kleiner und klebt besser!
Die 3er Version des Guardians muss noch 2x täglich kalibriert werden (wenn was "schief" geht -> Signalverluste, Ungenauigkeiten etc. ggf. auch öfter), dies wird beim G4 nicht mehr der Fall sein (coming soon so weit ich weiß).
Dadurch hatte ich aber mit der Genauigkeit nie etwas zu beanstanden.
Was für mich persönlich ein Nachteil der Guardian Sensore war, ist dass ich gern "experimentiere" mit den Tragestellen und um meinen Bauch zu schonen, der schon genug Katheter abbekommt, gern meine Sensoren an Oberschenkel und Unterarme packe. (Da ich auf meinen Oberarmen schlafe, wird das zwangsläufig unbequem und ist für mich nicht nutzbar).
Im Gegensatz zu Dexcom Sensoren geht der Metallfaden der Guardian Sensoren senkrecht in das Gewebe und war an Unterarmen für mich Nutzlos (oft schmerzhaft und ungenau / Signaverluste). Wenn man da aber bei den empfohlenen / öffentlich zugelassenen Stellen bleibt sollte das nicht weiter zum Problem werden.
Ein zwar nicht priorisierter aber trotzdem schöner Vorteil der Guardians ist der wiederverwendbare Transmitter und die wiedervendbare Setzhilfe! Bei all dem nötigen Müll um alles steril zu verpacken wurde hier wenigstens gespart! :3
Mein persönliches Fazit ist Medtronic loop > t:slim aber Dexcom > Guardian.
Außerdem ist es definitiv ein individuelles Ding!
Ich weiß von vielen, die mit dem t:slim loop rundum zufrieden sind und damit deutlich bessere Ergebnisse erzielen konnten, während meine Erfahrungen gegenteilig sind.
Im Idealfall zu empfehlen wäre ein Test-tragen der Pumpe, das ist leider an offizieller Stelle nicht Möglich.
Ich wäre grundlegend bereit meine 770 für einen kleinen Zeitraum zu verleihen, aber da dies deine erste Insulinpump wird seh ich das ein bisschen kritisch mit der mangelnden Schulung, die ich sicher nicht auf die gleiche Art und Weise ersetzen kann bzw. nicht dafür haften möchte, dass du am Ende in kritische Situationen gerätst. Immerhin steht da deine Gesundheit auf dem Spiel.
Dazu zu sagen ist vielleicht noch, dass du, solltest du dich für ein System entscheiden und damit letztendlich nicht zurecht kommen, ein Wechsel möglich ist (so dein Diabetologe mitmacht). Normalerweise behält man eine Insulinpumpe für gut 4 Jahre, in Sondefällen sind Wechsel aber auch deutlich eher möglich.
(Meine Erfahrungen basieren wie gesagt auf dem 670er und 770er Modell und die Präferenz für Medtronic liegt beim Algorithmus. Loop Systeme ohne SMBs sind für mich alle schwierig / sinnlos, von der Pumpe her ist die t:slim sicherlich schicker, nur das Display etwas fragiler. Leider wird es auch keinen Support für die t:slim App in Deutschland geben (oder wenn überhaupt, nicht in absehbarer Zeit), die sonst zukünftig sogar den über das Handy fergeseteuerten Bolus ermöglichen würde. Ob oder inwieweit Medtronic da etwas plant weiß ich nicht.)
Joerg Moeller:
--- Zitat von: Maya am Juli 11, 2022, 14:03 ---Ich wäre grundlegend bereit meine 770 für einen kleinen Zeitraum zu verleihen, aber da dies deine erste Insulinpump wird seh ich das ein bisschen kritisch mit der mangelnden Schulung, die ich sicher nicht auf die gleiche Art und Weise ersetzen kann bzw. nicht dafür haften möchte, dass du am Ende in kritische Situationen gerätst.
--- Ende Zitat ---
Ich denke, das wäre u.U. eh zu kurz, weil je nach Umständen die Pumpe auch ein paar Wochen brauchen kann, bis sie sich eingepegelt hat.
Wenn man davon ausgeht, dass jede Pumpe auch zufriedene Anwender hat, würde ich mir das Drumherum mal genauer ansehen.
Wie sieht es mit der Energieversorgung aus, wie mit Reservoirwechseln, wie ist das Ganze Softwareseitig aufgestellt. Ggf. auch, wo man überall die Sensorwerte ablesen kann.
Mir hat da bei meinem letzten Pumpenwechsel YouTube geholfen. Darüber lesen kann man viel, aber manches sollte man besser auch mal gesehen haben.
Ich bin jedenfalls immer noch überzeugt, die für mich beste Lösung gefunden zu haben.
Viele Grüße
Jörg
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