Diabetesfragen > Theorie
Zeitfaktor bei Insulin
Kladie:
Hallo Floh,
danke für die Antwort, die klarstellt, wie es bei Dir und den meisten T1ern funktioniert. Mich hatte irritiert, daß Du diese Rechnungen für einen Gestationsdiabetes gemacht hast, der ja eigentlich eher für einen T2 therapiert werden sollte.
orginal Floh:
--- Zitat ---In meinem Weltbild ist die Sinkgeschwindigkeit aber von der Insulinmenge praktisch unabhängig.
--- Ende Zitat ---
Für mich als T2 beurteile ich das anders. Da immer nur ein Teil des vorhandenen Insulins eine Wirkung zeigt, ist die Wirkung nicht Dosisunabhängig. Es könnte natürlich sein, daß eine zusätzliche Wirkung bei höheren Mengen nicht mehr so stark zunimmt - das möchte ud kann ich nicht beurteilen. Das Thema Glukosetransporter hängt für mich eng mit dem Begriff der Resistenz zusammen und die ist ein unbekannter Parameter - nicht von der Auswirkung sondern von der Ursache.
orginal Floh:
--- Zitat ---Wenn ich vergesse für eine Mahlzeit zu spritzen und dann 30 Minuten später den riesigen Anstieg am CGM sehe, dann brauche ich die selbe Menge Insulin wie für die Mahlzeit selbst.
--- Ende Zitat ---
Das ist bei mir anders. Die BZ Kurve wird auch bei mir durch einen SEA abgeflacht aber wenn ich spritzen vergesse, geht der BZ sehr schnell und weit nach oben. Um diese Spitze abzufangen müsste ich sehr viel spritzen und müsste dann wahrscheinlich später die zu lange und zu große Insulinwirkung mit essen kompensieren. Ich empfinde das für mich schlimmer als einfach mal einen höheren BZ zuzulassen. Du kannst den Spritzfehler ohne Nachteile oder zusätzliche Gefahren korrigieren ich dagegen nicht oder nur eingeschränkt.
Der Unterschied bei uns: Du musst beim Essen oder auch danach rechnen, agieren und aufpassen. Ich dagegen muß wesentlich früher gegen einen hohen BZ aktiv werden. Vorhersagen sind nicht einfach - besonders wenn es um die Zukunft geht. ;-)
Floh:
--- Zitat ---Du kannst den Spritzfehler ohne Nachteile oder zusätzliche Gefahren korrigieren ich dagegen nicht oder nur eingeschränkt.
--- Ende Zitat ---
Dem Teil stimme ich jetzt nicht zu :)
Ich habe natürlich das Problem, dass vermutlich alle diese Überschwinger unvorhersehbare Spätfolgen haben. Ich persönlich bin in der relativ glücklichen Lage, dass auch nach den ~40 Jahren mit seltsamen Therapieformen nichts offensichtlich schlimmes aufgetreten ist, aber besser wirds davon nicht.
--- Zitat ---Mich hatte irritiert, daß Du diese Rechnungen für einen Gestationsdiabetes gemacht hast, der ja eigentlich eher für einen T2 therapiert werden sollte.
--- Ende Zitat ---
Diesen Teil unterstütze ich hingegen sehr. Und werfe noch ein "aber" hinein: zu niedrig geht immer schnell zu korrigieren. Zu hoch muss aber unbedingt vermieden werden (also: höre ich immer wieder). Von daher doch eher wie Typ 1? Korrektur auslassen geht ja auch nicht. Typ 2 scheint das zu können. Korrektur ganz weg lassen, bis zum nächsten früh warten und es wird schon wieder.
Kladie:
orginal Floh:
--- Zitat ---Zitat
--- Zitat ---Du kannst den Spritzfehler ohne Nachteile oder zusätzliche Gefahren korrigieren ich dagegen nicht oder nur eingeschränkt.
--- Ende Zitat ---
Dem Teil stimme ich jetzt nicht zu
--- Ende Zitat ---
Deshalb hatte ich geschrieben : zusätzliche Gefahren.... das zusätzliche hätte natürlich auch vor den Nachteilen stehen müssen.
Aber da argumentiere ich nicht gegen dich weil ich kein T1 bin und du das für dich besser beurteilen kannst.
orginal Floh:
--- Zitat ---Zu hoch muss aber unbedingt vermieden werden (also: höre ich immer wieder). Von daher doch eher wie Typ 1?
--- Ende Zitat ---
Ich denke nicht wie T1 sondern wie T2 ==> also vorher diesen hohen BZ vermeiden. Den BZ erst dann durch zusätzliches Insulin zu senken wenn er zu hoch ist, ist dem noch strengerem Ziel bei der Schwangerschaft geschuldet wo auch dann die BZ Senkung so schnell es möglich ist durchgeführt werden soll - Ich sitze das aus. Aber da stimmen die Korrekturrechnungen für einen T1 immer noch nicht.
Beim typischen T2 (mit relativem Insulinmangel ohne Sekundärversagen) wirkt immer ein Mischinsulin aus Eigen- und Bolusinsulin (vielleicht auch noch mit Basal) Das Eigeninsulin hat eine total andere Halbwertzeit als der Bolus und ist in der Menge abhängig von der BZ- Höhe.
Stell Dir vor, du müsstest mit zwei unterschiedlichen Insulinen korrigieren wobei du die Menge des einen Insulins und das Mischungsverhältnis nicht kennst. Da wärst du darauf angewiesen, daß die Regelung nur sehr träge ist und ansonsten ist Try an error angesagt
Aber im Prinzip sind wir uns einig, daß unterschiedliche Therapien sinnvoll sind. Ich kenne ja deine Ansicht, daß Du die Unterschiede T1 vs T2 beachtest im Gegensatz vieler Ärzte und T1er.
Gyuri:
--- Zitat von: Kladie am Januar 04, 2021, 14:30 ---(…)
Ich denke nicht wie T1 sondern wie T2 ==> also vorher diesen hohen BZ vermeiden.
--- Ende Zitat ---
:gruebeln: Ich meine es sollte das Ziel aller Diabetiker sein.
--- Zitat von: Kladie am Januar 04, 2021, 14:30 ---… Den BZ erst dann durch zusätzliches Insulin zu senken wenn [der Zucker] zu hoch ist, ist dem noch strengerem Ziel bei der Schwangerschaft geschuldet wo auch dann die BZ Senkung so schnell es möglich ist durchgeführt werden soll - Ich sitze das aus.
(…)
--- Ende Zitat ---
Ich sitze das auch aus, aber nicht aus Leichtsinn!
All zu "gut gemeinte Korrekturen" führen immer zu Werten in die andere Richtung. Was uns allen (egal welcher Typ) ganz sicher mehr schadet als ein etwas zu hohes Level über ein paar Stunden ist ein wildes auf und ab zu Extremwerten.
Im LibreView wird nicht umsonst im AGP-Bericht ein Zielbereich mit >70% empfohlen. Außerhalb, was nicht gewünscht wird, aber auch nicht ganz zu vermeiden ist, gibt es weitere vier Bereichsgruppen in denen die übrigen 30% aufgeteilt werden. Korrekturen sind dann von Typ1 und Typ2 gleichermaßen nur durchzuführen, wenn man sich "zu lange" in diesen Bereichen aufhält. Wer päpstlicher als der Papst sein will, muss sich im Klaren sein, dann genau auf der anderen Seite des Spektrums in der Summe zu lange verweilt.
Ich rede keinem Typen in irgend etwas rein. Soll wirklich jeder so wie er glücklich wird. Aber ein Zick-Zack-Kurs kann für keinen das richtige sein. Dann wäre "aussitzen" immer noch besser.
Floh:
Ich meine, wir haben halt mit unseren beiden Typen (und ich diskriminiere die Typ3er halt mal absichtlich) immer etwas mehr Zeit Erfahrung zu sammeln. Der typische Gestationsdiabetes hält ein paar Monate, nehme ich an. Kenn mich da nicht so persönlich aus, aber die Gesamtproblematik scheint immer in ~40 Wochen vorbei zu sein.
--- Zitat ---Korrekturen sind dann von Typ1 und Typ2 gleichermaßen nur durchzuführen, wenn man sich "zu lange" in diesen Bereichen aufhält. Wer päpstlicher als der Papst sein will, muss sich im Klaren sein, dann genau auf der anderen Seite des Spektrums in der Summe zu lange verweilt.
--- Ende Zitat ---
Nur diese Aussage halte ich für falsch - und das ist auch das, was Kladie am Anfang angesprochen hat. Die Korrekturzeiten sind unterschiedlich und von hoher Bedeutung. Bei zu hohem Blutzucker (und Typ 1 Diabetes) dauert die Korrektur so lange wie die Wirkdauer des Insulins ist. Bei richtiger Berechnung der Korrektur muss der BZ ja genau am Ende der Wirkdauer am Ziel sein. Von daher ist mir FIASP mit seinen ~2,5h Wirkdauer auch viel lieber als Novorapid/Humalog/(was war das dritte?).
Das gilt gleichermaßen auch für "zu niedrig", die Wirkdauer gerade von schnellwirkenden Kohlenhydraten ist aber (sagen wir mal vorsichtshalber ohne Gastro-dingensbumensparese) irre schnell. Mit ein paar Plättchen Traubenzucker ist ein niedriger Wert halt in Minuten korrigiert (okay ... sagen wir mal 10 Minuten, bei Sport warte ich sogar immer 15 bevor es wieder los geht). Und das ist noch langsam im Vergleich zu Gegenregulationen des Körpers. Im Insulinclub hat sich meiner Erinnerung nach mal ein Betroffener ohne Bauchspeicheldrüse herumgetrieben. Das war der, der im Bäcker umgefallen ist als das Libre sagte: 60 mg/dl, oh doch eher 50 mg/dl, oh es geht weiter nach unten.
Ich befürchte sehr viele Diabetiker (aller Typen) unterschätzen, wie großartig die Regulation in eine Richtung noch funktioniert. Nach oben können wir alle. Nach unten die Typ1er halt gar nicht und die Typ2er nur im Kriechgang.
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