Autor Thema: Kalibrierungsfaktor eines CGMS  (Gelesen 14622 mal)

Offline Joa

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Kalibrierungsfaktor eines CGMS
« am: März 08, 2009, 11:49 »
Hallo zusammen,

in der Yahoo Group zum CGM taucht beim MM-System (Medtronic) verschiedentlich ein mir bislang ominöser CAL-Factor auf.
Ein Kalibrierungsfaktor, den das System anscheinend verwendet, oder der abgeleitet wird.  :kratz:
Anscheinend ist es nicht unüblich, dass User diesen selbst ableiten oder auch ablesen können. Haben Paradigm/Guardian RT sowas im Speicher?

In den Manuals zu Sensor und Pumpe von Medtronic habe ich nichts dazu entdeckt, und bin auch sonst nicht recht fündig geworden.

Ein Post in der Group scheint aber nähere Informationen zu erschließen.

Ich zitiere mal, was ich da angefangen habe zu übersetzen:


Dieses ist eine Diskussion über die MM-CAL Faktoren und wie die Elektronik im Empfänger den angezeigten BG-Messwert berechnet.

Die einzigen Eingangsdaten zur Berechnung sind die ISIG (interstitielle Sensorwerte(?)) Messergebnisse, deren Werte uns gestattet wurde zu sehen.

Auch wenn diese vermutlich nie für den Kundengebrauch bestimmt waren, ist es aber ein unschätzbares Werkzeug zur Überwachung des Sensor-Zustandes und zur Führung guter Kalibrierungstechnik.

Einige Informationen stammen von Medtronic oder sind von der Beobachtung abgeleitet und daher möglicherweise nicht völlig genau.

Der Wert des CAL-Faktors liegt zwischen 5 und 20. Werte außerhalb dieses Rahmens sollten einen Cal-Error bewirken.

Während der „Lebenszeit“ eines Sensors, die für mich 7 Tage lang ist, beginnt der CAL-Faktor z. B. mit 7, bewegt sich schnell bis ungefähr 10 und zum 5. oder 6. Tag bis 15 hoch.
....


Ich glaube, das scheint eine grundsätzlich recht interessante Angelegenheit zu sein.

Stellt sich noch die Frage ob CAL-Faktoren (was auch immer das ist) auch für den FSN Relevanz haben.:gruebeln:

Schönen Sonntag und
Gruß

Joa
« Letzte Änderung: Januar 29, 2010, 02:00 von Joa »
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Offline Llarian

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Re: Kalibrierungsfaktor eines CGMS
« Antwort #1 am: März 08, 2009, 14:27 »
in der Yahoo Group zum CGM taucht beim MM-System (Medtronic) verschiedentlich ein mir bislang ominöser CAL-Factor auf.
Frag doch einfach mal da im Forum nach.  :ja:

Grüße
Anja

Offline Joa

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Re: Kalibrierungsfaktor eines CGMS
« Antwort #2 am: März 08, 2009, 17:46 »
Ok, ich glaube ich habe das jetzt etwas besser einsortiert bekommen.

Der CAF (CAlibrierungs Faktor) ist der Wert, den das CGMS auf den vom Sensor kommenden Stromwert (ISIG) anwendet, um daraus den Wert für IG/BG abzuleiten. Was ja schon in etwas so zu vermuten stand.

Diesen Wert berechnet das CGMS (siehe auch OP) wohl irgndwie aus der Abweichung zwischen dem Wert der Kalibrierungsmessung (Finger) und der aktuellen Strommessung vom Sensor. Der CAF repräsentiert somit in irgendeiner Algorhythmik auch die Messleistung des Sensors, und dürfte als Korrekturfaktor fortlaufend auf den Messstrom angewendet werden, um diesen als IG-Wert auszugeben. Bis zur nächsten Kalibration.

Liegt der CAF ausserhalb der Spezifikation, gibt es einen Kalibrierungsfehler. Was sicher auch vorkommen wird, wenn die individuelle Differenz zwischen IG und BG zum Kalibrierungszeitpunkt besonders abweichend ausfällt.

Bei Paradigm/Guardian RT lässt sich dieser CAF-Wert mit dem Programm CareLink aus dem Speicher der Geräte auslesen und ersehen.

Unter der Vorraussetzung eines aktuellen Ausgleichsstandes zwischen IG/BG, ermöglicht der CAF somit auch eine gewisse Einschätzung der aktuellen Sensorleistung des Real-Time Systems von Medtonic.

Durch den Anwender lässt sich dieser Wert nur insofern beeinflussen, als dieser zum Kalibrierungszeitpunkt eine möglichst konstante Ausgleichssituation IG/BG im normoglykämischen Bereich herstellen sollte.

Vielleicht sind, zumindest bei Medtronic, die ersten Kalibrierungen ähnlich prägend wie Herr Lorenz für grade geschlüpfte Grauganskücken?
Zumindest liest man angelegentlich, dass es besonders auf die "Einmessphase" eines Sensors ankäme.

Die Frage der Algorhythmik zur Kalibration bleibt weiter spannend und ziemlich mysteriös. Wie auch die Frage der Anwendung derselben auf die Werteberechnung.

Was fließt z. B. in die Kalkulation des Kalibrierungswertes ein? Vorgehende Signalveränderung durch Glucoseschwankung ggf. auch? Also Schwankungen der Glucose bei nichtstabiler Situation?

Manchmal wundert es schon etwas, wenn der Navigator mal bei veränderlichern Werten mit entsprechender Tendenzanzeige unbeirrt um eine Kalibrierung bittet, aber dann bei angeblich stabiler Lage (Varianz <= 1 mg/dl je Minute) ggf. zu der Entscheidung kommen kann, erst mal abzuwarten.  ::)

Gruß
Joa




Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra

Offline Joa

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Re: Kalibrierungsfaktor eines CGMS
« Antwort #3 am: Februar 22, 2010, 21:31 »
In einem US-Forum, "children with diabetes", habe ich letztens folgenden Beitrag gelesen:

http://forums.childrenwithdiabetes.com/showthread.php?t=20347

Ich habe mal den Versuch gemacht, das Ganze einigermaßen einzudeutschen:

[Übersetzung]
Dieses Post erklärt, wie Sie eine CGM effektiv kalibrieren um eine gute Genauigkeit, möglichst über den gesamten Wertbereich, zu erhalten. Ebenfalls wird der ISIG-Wert eines CGMS (nur bei Medtronic auslesbar) beschrieben und wie er zur benutzen ist, um die Vertrauenswürdigkeit der Kalibrierungen zu beurteilen.

Kalibrierung

Wenn Sie eine CGM kalibrieren, teilen Sie ihm die aktuellen BG (=Blutglucose=BZ) mit. Das CGM vergleicht die BG, die Sie eingeben mit dem aktuellen Messwert, also der Größe des vom Sensor kommenden Stroms (auch bekannt als ISIG).

Nehmen wir an, Sie geben einen Glucosewert (BG) von 120 mg/dl ein und der Sensor ISIG zu diesem Zeitpunkt ist 12. Das CGM weiß dann, das dass aktuelle Verhältnis der BG zu ISIG 120/12 = 10 ist.
Von diesem Punkt an werden alle künftigen ISIG-Werte vom Sensor mit 10 multipliziert und als aktueller Glucosewert des Sensors auf dem Display des CGMS dargestellt.

Wenn sich nun beispielsweise 10 Minuten später der ISIG auf 12 bis 13 erhöht hat, wird das CGMS eine interstitielle Glucose von 120-130 berechnen und anzeigen.

Schlechte Kalibrierungen geschehen in erster Linie aus folgenden Gründen:
.
1.Wenn der BG Wert ungenaue ist. Z. B. weil der Finger mit Zucker kontaminiert war.
2.Wenn die BG Werte sehr hoch oder sehr niedrig sind. Der Sensor ISIG bei extremen BG-Werte kann nicht mit Genauigkeit auf normale Glucosewerte umgerechnet werden.
3.   Wenn sich die BG schnell ändert. Dieses bewirkt, dass der aktuelle ISIG gegenüber der aktuellen BG in der Zeit verzögert liegt (time-lag).
4.   Sensoren nahe dem Ende der tatsächlichen Nutzungszeit. Nahe dem Ende seines Lebens fällt die Sensorempfindlichkeit stündlich ab.
Somit ist das Verhältnis BG-zu-ISIG nicht stabil. Eine Kalibrierung mit einem End-of-Life-Sensor ist nur für einen kurzen Zeitraum gut, wenn überhaupt.

Die folgenden Methoden sichern daher eine gute Kalibrierung:
.
•   Stellen Sie sicher, dass Hände vollständig sauber und trocken sein, bevor Sie eine Kalibrierung vornehmen.
•   Vermeiden Sie die Verwendung von Glucosewerten  unter 70 oder mehr als 140 zum Kalibrieren.
•   Verwenden Sie für eine CGM-Kalibrierung nur eine BG, wenn das CGM zeigt, dass der Zucker relativ gleichbleibend in den letzten 30 Minuten war.
•   Nie nach dem Essen kalibrieren. Die BG steigt bereits 15 Minuten nachdem Sie essen.
•   Niemals direkt nach dem Kalibrieren essen. Das CGMS benötigt eine stabile Situation für weitere 15 Minuten. [Anm.: stabil = nicht von neuen Einflüssen betroffen, die zum Zeitpunkt der Kalibrierung und im näheren Zeitraum davor noch nicht wirksam waren].
Mit anderen Worten, vermeiden Sie Essen 15 Minuten vor und nach einer Kalibrierung wenn möglich.
•   Wenn Sie keine andere Wahl als eine Kalbration unter schlechten Bedingungen haben, z.B. weil ein Time-out des Sensors droht, dann nehmen Sie eine weitere Kalibrierung vor, sobald sich die BG erneut stabilisiert hat.

ISIG

Der ISIG (kurz für Insterstitial Signal) ist ein elektrischer (Strom-)Wert, der proportional zur BG ist. Zumindest in der Theorie ist der ISIG linear proportional, aber in der Praxis verhält er sich nur über einen begrenzten BG-Bereich tatsächlich linear proportional. Deshalb sollten sie immer nur innerhalb eines normalen Wertbereiches kalibrieren, etwa zwischen 70-140 mg/dl.

Eine CAL bei 50 oder 300 wird möglicherweise nicht linear extrapolieren, so dass keine genaue Anzeige erfolgt, wenn die BG im normalen Bereich liegt.

Die ISIG stellt ein zusätzliches Instrument dar, um die Verlässlichkeit einer CAL zu beurteilen.
Auf die Minimed Guardian ISIG kann gelesen werden, indem Sie die ESC-Taste zweimal drücken. Die meisten anderen Messgeräte sollten eine ähnliche Option haben. um den ISIG-Wert anzuzeigen. [Anm.: nicht dass ich wüsste ]

Den ISIG verwenden um die Zuverlässigkeit der Kalibrierung zu sichern.

•   Beim Kalibrieren sollten Sie immer den ISIG-Wert sichten und das Verhältnis BG/ISIG bestimmen. Beispielsweise könnten Sie feststellen, dass ein typisches Verhältnis bei 15:1 oder 8: 1 liegt.
•   Über die Funktionszeit eines Sensors bleibt das BG/ISIG Verhältnis relativ konsistent, ändert sich aber ein Wenig von CAL zu CAL (weswegen auch kalibriert werden muss).  Wenn der Sensor mit einem Verhältnis von 12:1 gestartet wird,  wird es in der Regel während seiner funktionellen Nutzungsdauer in der Nähe bleiben.
•   Wenn Sie kalibrieren und feststellen, dass das Verhältnis BG/ISIG erheblich von vorherigen CALs abweicht, ist das ein Hinweis, dass möglicherweise der Sensor problematisch geworden ist.
Beispiel: Sie hatten mit dem Sensor bislang ein Verhältnis von etwa 12: 1, und nun ein Verhältnis von 5:1, dann ist dieses verdächtig.
Prüfen Sie den Sensor, um heraus zu finden, ob er sich gelockert hat, vielleicht durch vorherige Druckbelastung, z.B. darauf liegen, irritiert wurde, oder ob er ggf. auch am Ende seiner Funktionalität angelangt ist.
•   Wenn Sie ein verdächtiges BG/ISIG-Verhältnis bemerken wäre es möglich, dass sich die BG grade begonnen hat schnell zu verändern, als Sie kalibrierten.

Beobachten Sie die CGM-Werte über die nächsten 20 Minuten. Wenn Sie eine schnelle Veränderung bemerken, dann kalibrieren Sie erneut, wenn sich die Glucosewerte stabilisiert haben.

Grundsätzlich sollten Sie, wenn Sie eine Blutzuckerwert erhalten, der erheblich von der aktuellen Anzeige des CGM abweicht, die Kalibrierung nicht abschließen. Es wäre möglich, dass die Blutzuckermessung fehlerhaft war.

Verifizieren Sie immer die Blutzuckermessung und kalibrieren sie das CGM erst, wenn sichergestellt ist, dass der BG-Wert korrekt ist.
Andernfalls können sie eine bislang gute Kalibrierung in eine schlechte verwandelnden.

Es besteht immer die Möglichkeit, dass das CGMS falsche Werte liefert, so dass eine Hypo- oder Hyperglykämie besteht, die Symptome macht, während das CGM keine kritischen Werte zeigt.

Das geschieht aber nicht annähernd so oft, als wenn man sich alleine auf [Anm: wenige] Blutzuckerkontrollen verlässt. Vorausgesetzt man achtet auf ein gutes Kalibrierungsvorgehen und benutzt sein Urteilsvermögen bei der Interpretation der CGM-Werte.

Die Häufigkeit von falschen CGM Lesungen kann mit den oben genannten Methoden erheblich reduziert werden.

Hier ist eine zusätzliche Quelle mit noch vollständigeren Informationen: http://www.myparadigm.eu/

Bearbeitung 8-10-2009 - ein Tipp für gute Erstkalibrierungen mit dem MM CGM:
Setzen Sie den Sensor mindestens 2 Stunden vor dem Anschließen des Transmitters. Wir tun dies indem wir einen neuen Sensors bei Nacht setzen und erst am Morgen den Transmitter umsetzen. Dies hat dazu beigetragen, mehr gute erste Kalibrierungen zu erhalten.

[/Übersetzung]

Gruß
Joa
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Offline jakobus

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Re: Kalibrierungsfaktor eines CGMS, REAL Time Funktion und Tipps
« Antwort #4 am: April 07, 2010, 13:07 »
Wer genau wissen will, wie das Minimed REAL Time mit x22 Pumpe physikalisch und mathematisch funktioniert, z.B. der Kalibrierungsfaktor, und wie man wie man die häufigsten Probleme löst: http://www.myparadigm.eu/

Offline Joa

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Re: Kalibrierungsfaktor eines CGMS, REAL Time Funktion und Tipps
« Antwort #5 am: April 07, 2010, 19:56 »
Hallo Jakobus,

Wer genau wissen will, wie das Minimed REAL Time mit x22 Pumpe physikalisch und mathematisch funktioniert, z.B. der Kalibrierungsfaktor, und wie man wie man die häufigsten Probleme löst: http://www.myparadigm.eu/

Die Site ist ausgesprochen interessant und vermittelt auch zu den Bedingungen der kontinuierlichen Glucosemessung mit enzymatisch arbeitenden Systemen von anderen Anbietern tiefgehende Anregungen und Einblicke.

Doof ist natürlich, dass nur das Medtronic-System den ISIG-Wert ausgibt, der ein zusätzlich hilfreiches Beurteilungskriterium der Sensoraktivität bietet.

Gruß
Joa








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