Hey Mischka,
es haben zwar schon einige Leute beantwortet, aber ich werd es auch noch mal machen, bin ja grad am nächsten dran.
fehlt mir was in meiner diabetischen bildung wenn man da nicht hinzieht?
Hmm, bei mir wars so, dass mir die ersten 9 Jahre meines Diabetes relativ egal waren, hab ihn zwar behandelt, aber mich auch nicht zu sehr drum gekümmert. Dann habe ich die Pumpe bekommen und hab dann neue Motiviation gespürt mich mit dem Thema zu beschäftigen. Dann hab ich über zwei Jahren ganz viel Wissen in mich hinein gesaugt. Bin aber dann immer wieder an Grenzen gestoßen, entweder weil ich gemerkt hab, das es im Alltag doch nicht immer hinkommt, was ich so gelesen habe, oder weil ich dann Theorien gehört habe (eben die vom Teupe), die ich auf den ersten Blick abstrus fand und die zu akzeptieren bedeutet hätten, dass ich 11 Jahre lang viel falsch gemacht hab. Und wer gibt schon gerne Fehler zu?
Und mir fehlte, um die Theorien wirklich zu verstehen, natürlich das Hintergrundwissen. Ich hab mich ca seit einem Jahr mit dem Gedanken beschäftigt hier her zu fahren, denn ich glaube sowas muss langsam reifen, also es dauert bis die Akzeptanz, dass die einfache Theorie "Ist der BZ hoch, dann geb ich Insulin, ist er niedrig, gibts Kohlenhydrate", nicht wirklich immer funktioniert und dass es anders gehen muss, da ist.
is das schlimm wenn ich absolut kein bedürfnis habe mir sowas anzu tun?
Na ja, schlimm weiß ich nicht. Aber ich hab schon so viele gehört, die gesagt haben "Warum hab ich das nicht eher gemacht?". Und ich bin natürlich nach der kurzen Zeit noch nicht zu 100% sicher, dass ich es sagen werde, aber ich bin sehr zuversichtlich.
Weil - wie gesagt - das Standardkonzept irgendwann nicht die gewünschten Erfolge liefert. Ich weiß ja, dass du noch in der Remissionsphase bist, und daher ist es vielleicht leichter gewisse Situationen zu meistern. Kann mir vorstellen, dass da die Fett und Eiweißinsulinierung einfacher ist!? (Das können die vollständig geschulten wahrscheinlich besser beantworten). Aber irgendwann kommt man an den Punkt, an dem man sich Werte nicht erklären kann. Dann sucht man halt so lustige Ausreden wie "Ach ja, die Psyche macht den BZ verrückt"... oder "Vielleicht war die eine Praline doch zu viel und hat mich auf 300 geschossen"... etc. Hier lernt man dann, dass es ganz andere Gründe hat, die nicht so offensichtlich sind, man aber gelehrt wird, zu erkennen. Das ist schon verdammt interessant, wenn man erkennt, dass es doch einen Sinn macht, wenn ich bei ner Hypo einmal 2 BE esse, und mein Wert geht nicht hoch, oder 2 BE esse und mein Wert steigt zu weit nach oben. Das nur als Beispiel. Ich denke jedenfalls, dass es sehr hilfreich ist, sich das hier "anzutun". Und ich muss sagen, ich tu es mir nicht an, sondern ich finds richtig spannend und freue mich irgendwie schon immer auf den nächsten Unterricht.
was bringt mir das? ja bessere wert... sicherlich nicht zwangsläufig.
na ja, zwangsläufig natürlich nicht. Man muss halt die Regeln, die man hier lernt, schon anwenden, sonst passiert nichts, und man muss wahrscheinlich auch etwas mehr Aufwand betreiben, um halt die Situation richtig zu analysieren. Der Teupe selber hat das so verinnerlicht, dass er kurz auf die Protokolle (allerdings spezielle) schaut und weiß was zu tun ist. Das muss man natürlich erst mal lernen, klar. Aber würde man die Regeln alle immer richtig anwenden, würd man wahrscheinlich doch tatsächlich zwangsläufig bessere Werte bekommen. Na ja, da aber das Leben nicht nur aus Diabetes besteht und man dann doch den ein oder anderen Fehler macht, kommt es halt dazu, dass es mal doch aus dem Ruder laufen kann, aber auch dafür gibt es dann Regeln, damit man wieder dahin kommt, wo man sein sollte.
welche neuen sachen?
was wird denn klarer?
welche zumsammenhänge?
Vieles wurde ja auch schon gesagt.
Aber wie ich auch schon meinte, das einfache Konzept: BZ hoch, also Insulin, BZ niedrig, also BE, stimmt so eben nicht. Ich meine es ist ja auch ganz klar, denn der menschliche Körper besteht nicht nur aus Insulin und Kohlenhydraten, die sich einfach gegenrechnen lassen. Man nimmt ja auch Fett und Eiweiße zu sich, man bewegt sich, setzt dadurch bestimmte Stoffwechselvorgänge in Gang, und es gibt im Körper viele viele andere Prozesse, die man als normaler Mensch nicht kennt, die aber Einfluss auf den Stoffwechsel und damit auf den BZ haben. Das zu erklären, würde hier den Rahmen sprengen, aber im Körper gibts ja viele Enzyme, Hormone und andere Stoffe, die natürlich nicht unabhängig voneinander existieren, sondern sich gegenseitig beeinflussen. Und es ist ja klar, dass dann auch das Insulin und seine Wirkung beeinflusst werden. Und diese Zusammenhänge, zum Beispiel, lernt man hier. Aber nicht nur die Theorie, sondern man lernt auch wie man das alles umsetzt. Und das auch praktisch.
wie wohnt man da? wie krankenhaus oder wie jugendherberge?
was macht man da den ganzen tag? von einem arzt zum nächsten oder unterricht wie zu schulzeiten?
wie sieht da ein "alltag" aus? wie lang ist da so ein tag und was macht man da sonst so?
was sind da noch für leute? mehr jung oder eher alt?
sind da nur pumper oder auch penner?
wer bezahlt das? alles privat oder krankenkasse? wie teuer ist das ins gesamt und was sind einzeltfaktoren in den kosten die auf einen zukommen?
kommt da wie bei meiner ersteinstelung nachts um 3 uhr ne art krankenschwester und fordert mich zum aderlass auf?
Man wohnt halt in diesen Häusern, man hat riesige Zimmer (das Bad hier ist größer als meins zu Hause (allerdings ist das auch wirklich klein)). Eigentlich zu zweit, aber viele haben im Moment Einzelzimmer, da einige nicht gekommen sind, so wie bei mir auch. Das ist auch ganz gut so. Dieses Zimmer ist meine Privatsphäre für diese Zeit und da kommt auch niemand rein, der nicht von mir reingelassen wird.
Hab hier einen Fernseher und eben mein Notebook. Da hier aber eben auch niemand reinkommt, also auch kein Personal, muss ich natürlich hier selber für Ordnung und Sauberkeit sorgen. Wenn ich wollte, könnt ich natürlich auch hier alles verdrecken lassen, aber ich feg halt ab und zu mal durch, und dann ists gut.
Also weder Krankenhaus noch Jugendherberge, sondern eher WG, da man ja auch selber kochen muss etc (was aber auch nicht schlimm ist, haben hier im Haus ne Gruppe von 3-5 (2 davon sind Ärztinnen, deswegen sind die nicht immer da (eine davon Susanne
)) Frauen, (gibt aber auch gemischte Häuser) und dann machen wir jeden morgen Frühstück, spülen, Mittags kochen alle zusammen, spülen und abends auch noch mal Tisch decken, essen, spülen. Normalerweise gibt es wohl immer zwei Gruppen, aber bei uns wär das ja doof, da wir so wenige sind. Und das geht alles immer recht fix, weil die Gerichte auch nicht anspruchsvoll zu kochen sind. Man hat ja auch nicht so viel Zeit. Von gestern auf heute hat dann mein Freund und der Mann einer anderen hier aus dem Haus, hier übernachtet und die wurden dann auch in das System mit aufgenommen. Also das ist auch kein Problem. Man kann hier auch so viel trinken wie man will und man kann jederzeit an den Kühlschrank und alles plündern... Joghurt, Obst, Gummibären, Schokolade, Eis...
Ja wie der Alltag abläuft, wurde ja schon gesagt. Ich empfinde es weder als Schule noch als Arztbesuch, sondern eher wie Uni. Man hat halt ein paar Vorlesungen am Tag, zwischen durch frei. Und bei Vorlesungen ist es ja auch so, dass man es spannend findet, wenn man das Thema interessant findet. Und hier ist es extrem spannend und der Teupe hat auch einen sehr interessanten motivierenden Vortragsstil. Habe mich bis jetzt noch nie gelangweilt...
Bei uns sind nur 3 Männer, und ca 14 Frauen, alles Pumpis und eine davon neu eingstellt. Aber ich glaub als Penner kann man sich das auch anhören. Vom Alter gehts von 21 (ich) bis 75. Aber es sind viele von 21-31 dabei.
Und hier ist es so: man gibt dem Teupe ein paar Angaben (Größe, Gewicht, HbA1c, Tagesgesamtmengen etc...) und bekommt einen Zettel zurück, auf dem die Basalrate steht, die BE-Faktoren, der Aufstehbolus, die Korrekturfaktoren etc.. Das ist schon toll... (also keine lästigen Basalratentests, wie ich befürchetet hatte, die eigentlich auch für mich mittlerweile (seit 4 Tagen) keinen Sinn mehr machen). na ja, aber halt ganz oft messen, aber das ist ja klar, und kein Problem! Hier ist ein bisschen mehr Eigenverantwortung gefragt, aber alles im Rahmen des möglichen
.
So, hoffe, ich konnte einen kleinen Eindruck vermitteln und falls noch mehr Fragen da sind, immer her damit
Liebe Grüße,
Corinna