Autor Thema: Alkohol und Insulin  (Gelesen 29754 mal)

dingo1

  • Gast
Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #30 am: August 12, 2007, 17:08 »
Hi;),

da wollen wir mal sehen, ob es nicht irgendwie gelingt, den geribbelten Driss auch mal
anschaulich darzustellen.

Wir haben Bier als BE-haltige Nahrung und DM-Typen 1, 2 und 3.

Zu Beginn der Unterschied der DM-Typen:

-   Null Insulineigensekretion (die meisten 1-er)
-   Resistenz (die meisten 2-er)
-   Fehlende Erstantwort (einige, ich vermute sogar mehr 2-er als viele denken
   und evtl. 3-er….je nachdem, was da nun defekt ist….1-er sowieso irgendwann)

Nun brauchen wir eigentlich nur noch Bildchen, um darzustellen, dass alles eigentlich
ganz ähnlich verläuft (Lediglich der Rahmen ist halt ein anderer).



Hier sieht man modellhaft den Insulinspiegel eines Gesunden bei einer Mahlzeit (Bier
ist auch Mahlzeit und nicht Medizin;)
Die flache Kurve ist die des Basalinsulins. Die sorgt dafür, dass die Leber keinen
Unsinn macht (die produziert in der Regel dauernd Zucker….Bier ist halt hier mal so ne
Ausnahme)
Die schöne Glocke ist das Bolusinsulin. Das wird für die Nahrung benötigt (jaja, Bier
ist noch immer Nahrung und keine Medizin;)

Jetzt muss man vom Gesunden zum Betroffenen (und genau hier liegen dann die Unterschiede…
Bier bleibt hier aber auch Nahrungs-/Genussmittel und wird nicht zur Medizin;)

1.   Bier ist wohl in den allermeisten konsumierten Fällen flüssig.
2.   Bier enthält Kohlenhydrate (ca. 1,2 BE je 0,5 l…der Hersteller weiss es genauer)
3.   Bier enthält Alkohol

So, was passiert nun mit den drei DM-Typen?

Erstmal: oben steht die Insulinkurve, nicht die Blutzuckerkurve…

Beim Gesunden passiert folgendes:
Es kommt rasend schnell zur Insulinfreisetzung, da die im Bier enthaltenen KH im Prinzip
wie Traubenzucker in Wasser gelöst wirken. Nur noch Glucose i.v. dürfte schneller wirken
(deshalb und wegen folgendem Punkt fummelt der Onkel Doktor, der mit den blauen Lampen
zum Patient kommt, auch nicht mit der tollen Glucakonplastikbox in Orange rum).

Weiterhin ist beim Gesunden dann die untere, flache Kurve platt, da die Leber nun so
schnell wie möglich versucht den Alkohol abzubauen. Das dauert ziemlich genausolange wie
der Gerichtsmediziner sagt…oder bis ne Hypo eintritt! Während dieser Zeit interessiert
sich die Leber auch nicht für Glucagon!

Im Prinzip bekommt man also jeden Gesunden unter etwas Hunger, Bewegung und BE-freiem
Alkohol in eine Hypo!

Für den 1-er, der sich ja nun die obigen Insulinkurven selber extern zusammenbasteln
darf ergibt sich folgendes Problem:

   Bier hat BE, die sind aber wohl was anderes als 2 Brötchen (die kommen
   unterschiedlich schnell)
   Bier hat Alkohol, ich muss meine Basalrate beachten
   Bier ist nicht gut, wenn ich zuviel davon konsumiere

Die schöne Insulinkurve zur Mahlzeit (also die Glocke) knallt im Zeitpunkt und Ausmaß
nach vorne (links), wird dafür schlanker. Die BE vom Bier kommen schneller und sind
schneller weg. Die wegfallende, flache Kurve der Basalabdeckung ist das größere Problem,
da ja nun meist per Pumpe oder Langzeitinsulin die Wirkkurve da ist und abgedeckt werden
muss!

Die ist leider auch noch ziemlich individuell, geschlechterunterschiedlich usw…siehe Gerichtsmediziner).

Den ganzen Zirkus sollte ein 1-er wissen. 2-er weniger, die blockieren dann mit den
"neuen" Erkenntnissen das gesamte Rettungswesen (nicht speziell...aber in der hohen
Anzahl)

Nur: Wenn man einem 1-er sagt, dass er 2 BE je Bier berechnen soll, ist der bei einem
HBA1 im Zielbereich im Koma mit dem Ratschlag!

Für die Leute mit Restresektion ergibt sich die Grundproblematik des 1-ers. Die haben
nur nen Joker mehr. Auch hier muss irgendwie früher als bei den 2 Brötchen für Bier-BE
der Insulinspiegel her.

Für das hintendran gilt dasselbe wie für 1-er plus das Neben-/Wechselwirkungsrisiko der
verwendeten Medikamente.

Das war jetzt was über Insulinkurven und Spiegel im Körper, nicht das was da
Tagebuchvollmaler veranstalten (den Blutzucker habe ich mal bewusst außen vor gelassen).

Der Glykämische Index gilt für uns alle, die Leberfunktion und Reaktion auf Bier
meistens auch, lediglich die Medikamente und Zeitachsen sind verschieden, da die
Krankheit unterschiedlich ist.

Da gibt es aber noch was kluges…besonders für Menschen mit dem Gewichtsproblem.
Man kann durchaus zur warmen Hauptmahlzeit die Bier-KH gegen die Reisbeilage tauschen
und stattdessen mehr Gemüse/Salat wählen. Nur…alles zusammen geht leider wohl doch
nicht so gut wie die Überflussgesellschaft ja nun deutlich zeigt.

Mit freundlichen Grüßen
Dingo1

Offline Matthias Widner

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #31 am: August 14, 2007, 21:44 »
Nett zusammengefasst. Wenn ich dich richtig verstehe, empfiehlst du immer die 2 BE für das Bier zu spritzen?
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Offline diotmari

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #32 am: August 15, 2007, 07:52 »
 :kratz:
Also, meine Erfahrung + "Kalorien mundgerecht": Bier (Alt, Pils) hat pro halben Liter 14 gr Kohlenhydrate, also pi*Daumen eine BE/KHE; die kommen relativ schnell an, wenn man vorher Normalinsulin spritzt (hab das mit Analogon noch nicht getestet), sind dann mit 1 i.E. /KHE zu "erledigen", für den Rest sorgt dann der Alkohol. Klappt bei mir prima 2h pp.
Was ich gemein finde, sind die Kalorien......

Viele Grüße
Dietmar
 :prost:
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DF

Offline Matthias Widner

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #33 am: August 15, 2007, 08:39 »
Mit den Kalorien magst du Recht haben. Also meine Erfahrung bezüglich Bier:

Becks: muss sogar was nachessen, da der Alkohol dort härter wirkt. 0 IE Insulin
"normales Pils": pp 2h hab ich Ausgangswerte. 0 IE Insulin
Hefeweizen: 2-3 BE die per Bolusgabe (Analogon) abgedeckt werden müssen.
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dingo1

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #34 am: August 16, 2007, 06:37 »
hi:)

> Wenn ich dich richtig verstehe, empfiehlst du immer die 2 BE für das Bier zu spritzen?

jein...

Ich empfehle nichts. Ich rate aber als Betroffener 1-er bei Konsum von BE-haltigem Alkohol
mindestens den SEA/DEA zu erhöhen, da der BE-Gehalt halt schon in gelöster Form vorliegt
und schneller als Fruchtsaft durchschlägt (wir reden hier von Bier).

Desweiteren rate ich maximal zur Berücksichtigung der ersten 1-3 BE, da danach der Leberzirkus
einsetzt.

Wenn man die zwei großen Bier zum Essen trinkt, reicht aber imho die Vergrößerung der SEA
für alle Typen.

Nur: Bier isoliert unter obigen Regeln, gibt ne Hypo, wenn man den basalen Bedarf an Medikation
nicht abdeckt oder runterfährt.

Das vormals genannte Prinzip stimmt eigentlich. Wenn da nun jemand sagt, dass alles ganz anders
bei ihm sei, liegt dies imho im wesentlichen daran:

- betroffene Person hat Restresektionskapazität
- betroffene Person hat nur Blutglucose als unzureichende, ergebende Zielgröße
- betroffene Person hat nie was über den Zusammenhang Blutglucose/Insulinspiegel erklärt
  bekommen

mfG
dingo1
ps: die meisten messen falsch...oder hat schonmal jemand versucht die Wirkung von 1BE Traubenzucker
in 10 Minuten-Intervallen zu messen?

Offline klausing

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #35 am: August 16, 2007, 07:29 »
Zitat
Desweiteren rate ich maximal zur Berücksichtigung der ersten 1-3 BE, da danach der Leberzirkus
einsetzt.
Das entspricht genau meinen Erfahrungen.

Offline Matthias Widner

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #36 am: August 16, 2007, 08:45 »
Ich kann es mal so versuchen. Mal schauen, wie sich meine Werte entwickeln. Was meinst du damit, dass die meisten falsch messen?
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Offline Llarian

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #37 am: August 16, 2007, 12:31 »

dingo1

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Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #38 am: August 17, 2007, 00:30 »
hi,

> Restresektionskapazität

Das kann man imho nennen wie man will. Ob man es nun Eigenproduktion, Eigensekretion,
Selbstleistung oder sonswie nennt...nur:

im Alter nimmt die Sekretionsleistung ab. Es ist ein Prozess des Alterns. Warum also
nicht Restresektion? Bei theoretisch angenommener unendlicher Lebenserwartung geht
nunmal irgendwas drauf und sollte therapiert werden. Aus diesem Blickwinkel halte
ich das Wort Restresektionskapazität (auch bei 2-ern mit hohen Insulinspiegeln)
für gerechtfertigt.

Man modifiziert ja auch derzeit nicht die körpereigen Kapazität vordringlich, man
versucht eher das drumherum anzupassen. Mit den Pharmas kommt man erst, wenn das
drumherum nicht hilft oder nicht gewollt ist.

> Was meinst du damit, dass die meisten falsch messen?

naja, wenn man nach 2 BE bier erst den nächsten Nüchternwert nimmt, passt der wohl
bei den meisten. Die Spitze zu Beginn hingegen bekommt kaum jemand zu sehen...

mfG
Dingo1
ps: langfristig liegen wir alle in der Holzkiste. der Weg dahin bleibt spannend:)

dingo1

  • Gast
Re: Alkohol und Insulin
« Antwort #39 am: August 17, 2007, 00:45 »
hi:)

latürnich Restsekretionskapazität...

schäm und verschwind;)
dingo1