Wie der Samichlaus zum Schmutzli (Knecht Ruprecht) kamEs war Anfang Dezember, und der Winter hatte bereits eine dicke Schneedecke über das Land gelegt.
Das kleine Haus am Waldrand wirkte jetzt noch verlorener und abgeschiedener als sonst. Seit Jahren wohnte in dieser Hütte ein einsamer Holzfäller.
Er war lange nicht mehr im Dorf gewesen und ging auch nicht gerne hin. Die Leute tuschelten jeweils hinter seinem Rücken über ihn. Und die Kinder machten sich über seinen geflickten Mantel lustig. Doch nun war sein Schlitten wieder voll mit Holz bepackt und der Holzfäller machte sich auf den Weg ins Dorf.
Diesmal fanden die Leute aber gar keine Zeit, sich um ihn zu kümmern. Sie trafen die letzten Vorbereitungen für den Besuch des Sankt Nikolaus. Die Häuser waren festlich herausgeputzt, und die Kinder konnten den Abend kaum erwarten. Das hatte der Holzfäller ganz vergessen: Heute war ja Sankt Nikolaus-Tag! Er verkaufte sein Holz und machte sich ein wenig traurig auf den Heimweg. Bei ihm war der Sankt Nikolaus schon lange nicht mehr vorbeigekommen.
So sass der Holzfäller am Nachmittag wieder in seiner Hütte. Da hörte er plötzlich vom Waldweg her feines Glockengebimmel. Er lief zum Fenster und tatsächlich: Da war Sankt Nikolaus, der mit seinem Eselchen und dem schwer bepackten Schlitten ins Dorf fuhr. Der Holzfäller öffnete die Tür und rief: ,, Sei gegrüsst, Sankt Nikolaus, möchtest du einen heissen Tee bei mir trinken?“ Gerne nahm Sankt Nikolaus das freundliche Angebot an. Gemeinsam tranken sie eine Tasse Tee, und Sankt Nikolaus konnte sich am gemütlichen Ofen aufwärmen. Als es dunkel wurde sagte er: ,, Herzlichen Dank, guter Mann. Jetzt muss ich weiter, damit ich rechtzeitig zu den Kindern komme.“
Bald war Sankt Nikolaus im Schneetreiben verschwunden. Ach der Holzfäller trat vor die Tür in den Schnee; er brauchte noch etwas Holz für seinen Ofen. Und was sah er da? Der ganze Weg war über und über mit kleinen Geschenken bedeckt. Hatte der Sank Nikolaus dies alles für ihn dagelassen?
Unterdessen war Sankt Nikolaus auf seinem Weg ins Dorf. Bergab sass er gemütlich auf seinem Schlitten, bergauf half er seinem Eselchen die schwere Last ziehen. Es war ein weiter, beschwerlicher Weg, aber er freute sich schon auf die strahlenden Kindergesichter. Als er jedoch beim Dorfeingang vom Schlitten stieg, um den Sack abzuladen, erschrak er fürchterlich. Der grosse Sack war leer, ganz leer! Bald hatte Sankt Nikolaus das Loch im Sack entdeckt. Während der holperigen Fahrt war es immer grösser geworden, und so waren alle Nüsse, Äpfel und Lebkuchen in den Schnee gekugelt.
Was soll er jetzt tun? Es war zu spät, um den langen Weg zurückzufahren. Der Schnee, der inzwischen gefallen war, hatte bestimmt alles zugedeckt. ,,Muss ich jetzt mit leeren Händen zu den Kindern kommen?“ dachte er. Verzweifelt setzte sich Sankt Nikolaus auf seinen Schlitten.
Da sah er am Horizont eine Gestalt auftauchen, erst winzig klein, dann immer grösser und deutlicher. Wer mochte um diese Zeit im tiefen Schnee noch unterwegs sein? Es war ein Mann, der auf seinem Rücken einen riesigen Sack mitschleppte. Wer wirkte ganz aufgeregt und Sankt Nikolaus hörte von weither seine Rufe: ,, Sankt Nikolaus, Nikolaus! Warte, warte!“
Als der Mann näher kam, erkannte Sankt Nikolaus den freundlichen Holzfäller, der ihn eingeladen hatte. Er war Sankt Nikolaus gefolgt und hatte alles zusammengesucht und in einen Sack gepackt.
Sankt Nikolaus umarmte ihn und fragte: ,, Wie kann ich dir bloss danken? Wie heisst du eigentlich?“
,, Ich heisse Ruprecht, im Dorf nennt man mich Knecht Ruprecht.“
,, Auf einen Gehilfen wie dich habe ich schon lange gewartet. Ruprecht, möchtest du mich zu den Kindern begleiten?“ Und ob Ruprecht wollte! Seine Augen leuchteten vor Freude. So klopften die beiden gemeinsam bei der ersten Haustüre an.
Wie staunten da die Erwachsenen und die Kinder, dass ausgerechnet Knecht Ruprecht den Sankt Nikolaus begleitete. Als Sankt Nikolaus aber die Geschichte mit den verlorenen Geschenken erzählt hatte, da schämten sich alle, dass sie Ruprecht immer so schlecht behandelt hatten.
Von diesem Tag an war Knecht Ruprecht der treue Gehilfe des Sankt Nikolaus. Bei uns wird Knecht Ruprecht vor allem „Schmutzli“ genannt. Jedes Jahr sieht man die beiden am sechsten Dezember durch den verschneiten Weg ins Dorf fahren, wo sie von den Kindern freudig erwartet werden.