Es könnte sein, dass die Kostenbetrachtung eine Rolle spielt - das scheint aber unwahrscheinlich. Die dort zitierten Partner enthalten gerade keinen Kostenträger (also Versicherung, Bund, etc.) sondern eher potentielle Empfänger von mehr Geld (Sanofi, Diaexpert, etc.).
Da passt die Verschwörungstheorie nicht so recht hin.
Außerdem ist es halt gerade bei Typ 1 Diabetikern schon so, dass größere Schwankungen auch zu einem bessern Hba1c führen können. Das ist für Typ 2 offenbar schwerer nachzuvollziehen - es fehlen bei Typ 1 aber zwei Mechanismen, die den BZ und die Schwankungen beeinflussen. Zum einen die (hohe) Resistenz bei Typ 2, die als Dämpfung wirkt. Blutzuckerschwankungen gehen bei Typ 1 viel, viel schneller (sagt mir zumindest der Vergleich zwischen meinen BZ-Kurven und denen von Gyuri). Und: Typ 2 mit Eigenproduktion hat noch einen blutzuckersenkenden Regelmechanismus. Typ 1 kann nur noch "nach oben bei UZ, dafür aber schnell".
Nun sagte einer meiner früheren Diabetologen: Jeder schwere Unterzucker kostet Gehirnzellen. Ich würde das aus Erfahrung bestätigen, bin aber halt nur eine Anekdote. Es gibt eine Anzahl Paper die dieser Aussage recht gibt:
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https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25282009/-
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29080929/ (Metastudie mit vielen Links)
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https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21790920/ (Metastudie mit vielen Links)
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https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27600741/Damit ist es jetzt (anders als vielleicht vor ~45 Jahren) als wichtiger erkannt worden, schwere Hypos zu vermeiden. Nicht nur, weil es sich dann schlecht Auto fährt, sondern auch weil Diabetiker im Lauf der Zeit dümmer werden (jaja, Hirnschäden bedeuten nicht das selbe - ich übertreibe hier als Erzählmittel).
Auf der anderen Seite sind die Insuline besser geworden, die Messmethodik besser geworden und die Kontrollen der typischen Folgeschäden besser geworden. Früher wurde einmal im Quartal der Blutzucker gemessen, heute werde ich zu jährlichen Augenarztuntersuchungen geschickt, die besonders anfälligen Beinnerven werden kontrolliert (mit einer einfachen Stimmgabel - das hat nur früher niemand gemacht) und der Hba1c gibt eben ein gutes integriertes Abbild des Blutzuckerverlaufes der letzten drei Monate.
Damit ist es durchaus richtig den früher enger gefassten Hba1c-Zielbereich so weit aufzuweiten, dass immer noch keine unentdeckten Spätschäden entstehen _und_ die Compliance der Patienten zu verbessern. Die vermiedenen Unterzucker sind dabei ein echter Gewinn, siehe Paper oben. Jeder Diabetiker der sagt "Okay, 7,5% Hba1c kann ich schaffen" aber bei 6% sagt: "das wird eh nix, dann ist es ja sowieso egal" ist ein Gewinn.
_Mein_ Diabetes ist schon alt, ich habe keine Hypowahrnehmung und mein BZ reagiert sehr empfindlich in beide Richtungen. Mein bester Hba1c jemals war um die 6,3% - ich bin schon froh wenn ich in normalen Arbeitszeiten um die 7% liege.
Bemerkung am Rande:
Ein … 70jähriger wird bei einem Wert von >7% weniger Probleme bekommen als ein Kind mit Typ1.
Das mag für die Dauer möglicher Langzeitfolgen gelten, bei einem Kind ist aber die Selbstheilung deutlich besser. Die meisten Diabetiker in ihren 20ern haben die hohen Blutzucker der Teenagerjahre ohne Schäden überstanden.