Autor Thema: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?  (Gelesen 27876 mal)

Offline Angela

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #20 am: Mai 18, 2005, 13:08 »
Meine Tante Irmi verlor aufgrund ihres Diabetes zuerst den linken Fuss und dann den rechten Unterschenkel, danach erlitt sie zwei Herzinfarkte und schliesslich erblindete sie zu 100%. Am 1.5.2003 hat sie ihrem Leben selbst durch Injektion von 300 IE Insulin (1 komplette Ampulle) ein Ende gesetzt. "Bedingt gesund"?
Is klar das es nicht bei jedem so ist. Das seh ich eh auch so. Und mir ist auch klar das dieser Spruch nicht auf alle zutrifft.
Ich weiss, Angela, es war nicht so gemeint, aber: Wenn wir selbst unsere KRANKHEITEN nicht mehr ernst nehmen, dürfen wir uns nicht wundern, dass die Gesellschaft es auch nicht tut ("Das bisschen Zucker...").
Das hat jetzt aber damit nichts zu tun. Das heißt für mich nicht das ich den Diabetes nicht ernst nehme. So sehe ich das nicht
Ich will NICHT "für meine Krankheit" leben, bitte missversteht das nicht. Aber ich kann auch nicht leben, ohne meine Krankheit als Krankheit zu sehen. Denn wenn ich nicht krank "bin", tu ich auch nichts dagegen, und (ver)ende so, wie meine Verwandten.
Ja ok, ist deine Meinung, und so soll es auch sein. Wie gesagt, mich interessíert eben wie die Menschen darüber denken. Nur verstehe ich nicht ganz. Du kannst also nicht leben wenn du es nicht als Krankheit siehst?  :gruebeln: Is für mich nicht logisch. Und auch nicht das du nur was dagegen tust wenn du es als Krankheit siehst. Ok, ist deine Meinung, akzeptiere ich auch. Aber wie gesagt, verstehen tu ich es nicht.
**************
 :unschuldig: LGAngela :unschuldig:

Offline Jo

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #21 am: Mai 18, 2005, 13:39 »
Hallo, Angela,

Ich weiss, Angela, es war nicht so gemeint, aber: Wenn wir selbst unsere KRANKHEITEN nicht mehr ernst nehmen, dürfen wir uns nicht wundern, dass die Gesellschaft es auch nicht tut ("Das bisschen Zucker...").
Das hat jetzt aber damit nichts zu tun. Das heißt für mich nicht das ich den Diabetes nicht ernst nehme. So sehe ich das nicht

Ich meinte das eher allgemein, und nicht, dass DU das so siehst. Sorry, war etwas flott ausgedrückt.

Zitat
Ja ok, ist deine Meinung, und so soll es auch sein. Wie gesagt, mich interessíert eben wie die Menschen darüber denken. Nur verstehe ich nicht ganz. Du kannst also nicht leben wenn du es nicht als Krankheit siehst?  :gruebeln: Is für mich nicht logisch. Und auch nicht das du nur was dagegen tust wenn du es als Krankheit siehst. Ok, ist deine Meinung, akzeptiere ich auch. Aber wie gesagt, verstehen tu ich es nicht.

Ich meine folgendes: Wenn ich Diabetes habe, und ich das NICHT als Krankheit sehe, nehme ich diese Sache doch nicht so ernst, wie es nötig wäre. Bei mir ist es jedenfalls so: Wenn ich eine "Fehlfunktion" nicht als Krankheit sehe, vernachlässige ich sie. Und wenn ich meinen Diabetes vernachlässigen würde, wäre ich sicher früher/eher tot als wenn ich die Sache als Krankheit sehe und sorgsam behandele. Anders kann ich das leider nicht erklären, aber mir scheint es SEHR logisch, dass man etwas, das man als krank empfindet, sorgsamer beobachtet als etwas, das keine Krankheit ist. Aber vielleicht bin ich da eine Ausnahme, weiss nicht...

Schönen Gruss

Jo

Offline eben

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #22 am: Mai 18, 2005, 14:34 »
Ich fand Jörgs Formulierung zu Beginn des Threads gut: nicht krank fühlen, aber krank sein. Je disziplinierter man damit umgehen kann, oder je leichter einstellbar man ist (sind ja zwei Dinge), desto eher kann man den krank-Aspekt vergessen, weil man dann tatsächlich unbeeinträchtigt leben kann. Wenn man wie Jo soviel schwieriges mitansehen muss, bzw. selber schon an Folgeerkrankungen (das sind dann ja ganz klar Krankheiten, denk ich) leidet, ist dazu ein Stück mehr Verdrängung nötig.
DM hat einen großen Teil an Alltagsritualen im Schlepptau (messen, überlegen, Pumpenkram, Arztbesuche, Essen wiegen, Selbstwahrnehmung, Vorsicht usw usw) die inzwischen so normal wie Schuhe anziehen vorm Rausgehen geworden sind, und trotzdem unterscheiden sie mich von Gesunden. Und meine Leistungsfähigkeit ist direkt abhängig vom Blutzuckerspiegel, aber all das ist integriert ins Selbstbild, es macht mich genauso wenig unglücklich wie die Tatsache, dass ich nicht die Stimme von Frau Joplin oder Houston mein eigen nenne. Subjektive Normalität, objektiv Krank. Beißt sich nicht.

Aber Hut ab, Jo, es ist sicher nicht leicht, die Folgen immer so deutlich vor Augen zu haben. Da hätte ich glaub ich Angst. In meiner Familie bin ich die Einzige.

Jörg, mit den triftigen Gründen: Jupp. Da spricht einer, ders weiß, oder?

Offline Gela

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #23 am: Mai 18, 2005, 15:42 »
Irgendwer hat mal gesagt DM sei heutzutage eine Frage der Intelligenz. Ich würde das ausweiten und sagen "Es ist eine Kopf-Sache". Mit Wissen allein kann man dem nicht beikommen. Man muß auch Disziplin aufbringen und sich diesen Mehraufwand wert sein.
Bei meiner Arbeit zum Thema Diabetes ist davon auch die Rede.

Das Zitat eines großen amerikanischen Diabetespioneers, Dr. Joslin, der schon sehr früh mit seinem Zitat: "Der Diabetes soll nicht dich beherrschen, sondern du den Diabetes" Selbstmanegement, das Eigeninteresse für diese Krankheit propagiert hat, wird angeführt.

Auch wenns nervig wird. Aus der Beschreibung meines Tryptychons -gelöscht- gehen auch die damit verbundenen Assoziationen  wie bemitleiden, behindern, tolerieren, bevormunden als Stichpunkte auf dem "b"   hervor (siehe Beschreibung unter dem Bild).

 Diabetes behindert manchmal (bei schlechten Werten), man bemitleidet sich oder wird bemitleidet, bevormundet mit z. B. gut gemeinten Ratschlägen etc. .

 Diese Stoffwechselerkrankung ist kein "Zuckerschlecken", es bedeutet für uns einen manchmal nicht unerheblichen Aufwand um ein "normales" Leben zu führen.

Krank fühle ich mich, wenn ich schlechte Werte habe und ich mich dadurch körperlich nicht gut fühle und zudem mit viel Testerei und Korrekturen die Werte wieder in den Normbereich bekommen will und muss!
« Letzte Änderung: März 03, 2009, 20:42 von Gela »
Alles Liebe
GelA

Offline LordBritish

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #24 am: Mai 18, 2005, 16:16 »
Wobei das keine Verurteilung derer sein soll, nur finde ich es schade wie leichtfertig manche
ohne Grund ihre Gesundheit auf´s Spiel setzen...

Wieso, das machen doch viele. Nur haben die eben keinen Diabetes, aber sie rauchen, trinken sich einen Vollrausch an, machen Extremsportarten...

 :o es gibt auch noch Menschen ohne Diabetes... die armen Leute.
Ich wüsste gar nicht was ich ohne meinen Diabetes machen würde,  :lachen:
also irgendwie würde mir bestimmt was fehlen. Dann hätte ich ja kein "Externes Organ"  :'(
Der Diabetes ist schon so zu einem Teil von mir geworden das er für mich einfach selbstverständlich ist.
Sicherlich merke ich das ein oder andere mal schon das er da ist, aber deshalb die ganze Zeit in
Selbstmitleid zerfliessen und mich deswegen Krank fühlen  :nein:
Das habe ich vielleicht früher des öfteren gemacht, aber besser gefühlt habe ich mich
deshalb nicht, war eher das Gegenteil es wurde für mich zur Hölle.
Fast jede Sache wurde in die Kiste gepackt, das liegt am Diabetes oder so.
Ich bin zwar nicht gesund aber auch nicht krank, bin halt nur bedingt krank oder
positiver ausgedrückt bedingt gesund.
Wenn die Werte häufiger hoch sind also über 180 mg/dl, dann fühle
ich mich schon irgendwie krank aber ansonsten nicht unbedingt.
Ich finde man sollte den Diabetes akzeptieren und lernen damit umzugehen und
immer ein Auge auf die Spätfolgen haben.
Die Einstellung ich bin gesund scheint mir nicht die gesündeste Art und Weise zu sein,
allerdings dien Art und Weise ich bin Krank auch nicht.
Der Mittelweg sollte die Lösung sein, damit fährt man bestimmt ganz gut.
Die paar Ausnahmen die keinen Diabetes haben und Rauchen oder so,
ich glaube denen ist nicht bewusst was es heißt wenn etwas nicht mehr so
funktioniert wie es sollte.
Ich bin doch seit Jahren gesund was sollte mir schon passieren.
Wir hingegen nehmen die Gesundheit nicht als selbstverständlich hin und
gehen damit entsprechend um.
Möchte fast schon sagen wir leben viel bewusster und intensiver.

Lord


Offline Herbie

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #25 am: Mai 18, 2005, 16:59 »
Eine interessante Diskussion!
Ich bin seit 10 Jahren Diabetiker (2er) und es hat mir eigentlich geholfen, bewusster zu leben. Ich sehe in der Diabetes sicher eine Beeinträchtigung der Lebensqualität (meine Finger sehen aus, wie die eines Flamenco-Gitarrenspielers, ich lauf immer mit einem Werkzeugkoffer rum (2 Pens, Messgerät, Streifen, Lanzette, Ersatznadeln für die Pens und die Lanzette, ein Set Insulinampullen, Notfallkarten, Traubenzucker etc. - Ihr kennt das ja alle). Eine Krankheit wird es normalerweise nur dann, wenn man nicht mit Ihr lebt sondern sie ignoriert - auch in meinem Bekanntenkreis gibt/gab es Leute, die amputiert wurden - von den Zehen beginnend und dann langsam aufwärts, aber zumindest in meinem Fall waren das alles Leute, die gemeint haben, wenn sie ihre Diabetes ignorieren und 'normal' weiterleben geht das auch gut...

Da ich offenbar durch eine Herzmuskelentzündung - keiner weiss es wirklich so genau, aber wenigsten schieben es meine Ärzte nicht gleich auf Diabetes (das ist ja so wunderbar einfach, Dir fehlt irgendwas und dann ist das eiinfach eine Diabetesspätfolge und wird gar nicht mehr weiter untersucht...) - auch eine schwere Herzinsuffizienz seit Herbst letzten Jahres mein Eigen nenne, hat es mich sehr befremdet, dass bei der Invaliditätsfeststellung hier in Österreich die Diabetes mit 50 Prozent bewertet wurde, das Herzleiden - für das es im negativsten Fall nur mehr eine Transplantation als Therapie gibt - mit 60 Prozent  :patsch: und da fragt man sich dann...

Wir haben es sicher nicht leicht, aber alle, die ihre 'schwere Krankheit' beklagen, die sollte so wie ich mal eine gewisse Zeit auf der Intensivstation verbringen. Da wird man dann ein wenig dankbar für die 'Behinderung', mit der wir uns dank der modernen medizinischen Technik immer weniger beeinträchtigt Tag für Tag herumschlagen müssen.

Nichts für Ungut und beste Grüße aus Wien

Herbie

Offline Angela

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #26 am: Mai 18, 2005, 19:26 »
Ich meine folgendes: Wenn ich Diabetes habe, und ich das NICHT als Krankheit sehe, nehme ich diese Sache doch nicht so ernst, wie es nötig wäre. Bei mir ist es jedenfalls so: Wenn ich eine "Fehlfunktion" nicht als Krankheit sehe, vernachlässige ich sie. Und wenn ich meinen Diabetes vernachlässigen würde, wäre ich sicher früher/eher tot als wenn ich die Sache als Krankheit sehe und sorgsam behandele. Anders kann ich das leider nicht erklären, aber mir scheint es SEHR logisch, dass man etwas, das man als krank empfindet, sorgsamer beobachtet als etwas, das keine Krankheit ist. Aber vielleicht bin ich da eine Ausnahme, weiss nicht...
Na gut das gilt aber jetzt rein für dich, oder?  :gruebeln:  Weil sonst würdest du mir vorwerfen das ich mit meinem Diabetes nicht sorgsam umgehe. Und das ist auf keinen Fall so.
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Offline Jo

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #27 am: Mai 18, 2005, 19:41 »
Ich meine folgendes: Wenn ich Diabetes habe, und ich das NICHT als Krankheit sehe, nehme ich diese Sache doch nicht so ernst, wie es nötig wäre. Bei mir ist es jedenfalls so: Wenn ich eine "Fehlfunktion" nicht als Krankheit sehe, vernachlässige ich sie. Und wenn ich meinen Diabetes vernachlässigen würde, wäre ich sicher früher/eher tot als wenn ich die Sache als Krankheit sehe und sorgsam behandele. Anders kann ich das leider nicht erklären, aber mir scheint es SEHR logisch, dass man etwas, das man als krank empfindet, sorgsamer beobachtet als etwas, das keine Krankheit ist. Aber vielleicht bin ich da eine Ausnahme, weiss nicht...
Na gut das gilt aber jetzt rein für dich, oder?  :gruebeln:  Weil sonst würdest du mir vorwerfen das ich mit meinem Diabetes nicht sorgsam umgehe. Und das ist auf keinen Fall so.

Hallo, Angela,

natürlich gilt das nur für mich. NIEMAND kann hier Aussagen treffen (ausser rein wissenschaftliche, medizinische), die für alle gelten.

Und bei mir ist es nun einmal so, dass ich bei Prozessen an/in MIR (!), die ich als nicht-krank ansehe, weniger sorgsam bin, als bei solchen, von denen ich weiss, dass sie krankhaft/gefährlich sind oder werden können.

Muss ich Zukunft stets dazu schreiben "Achtung, Privatmeinung!"? ;-)

Im Übrigen werfe ich NIEMANDEM etwas vor. Ich bin es nur schrecklich leid, dass Nichtdiabetiker stets den Diabetes verharmlosen ("Das bißchen Zucker", das hört man sogar von ÄRZTEN!) und wenn ich befürchte, dass nun auch Diabetiker das Krankhafte des Diabetes infrage stellen, wird mir mulmig zumute.

Schönen Gruss und schönen Abend

Jo

Offline Angela

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #28 am: Mai 18, 2005, 23:46 »
ne is schon ok. Versteh dich schon. Nur ich denk mir oft, als ich selber noch nicht Diabetiker war, hab ich das auch alles ganz anderes gesehen. Das ist nun mal so. Ich glaub man kann sich schwer in was reindenken was man nicht kennt und nicht hat.  :nixweiss: Versuch es mal so zu sehen.
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Offline Joerg Moeller

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Re: Diabetes - Krankheit, ja oder nein?
« Antwort #29 am: Mai 19, 2005, 12:58 »
ich hätte es lieber sie denken darüber nach, was genau da bei ihnen schiefläuft, als darüber, wie sie sich verteidigen können.

Das hab ich eigentlich eh so gemeint

Ja, ich weiß das eh. Ich kenne dich aber auch schon länger. Ich wollte nur nochmal unseren obersten Grundsatz herausstellen: Wichtig ist der Mensch, nicht seine Blutwerte.
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