Autor Thema: Unterzuckerung  (Gelesen 6133 mal)

Offline Joker

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Unterzuckerung
« am: Januar 09, 2009, 23:51 »
Hallo!

Folgende Situation. Meine Mutter (41) wurde vor zwei Wochen mit einem BZ-Wert von 700 mg / dl in die Klinik eingeliefert. Wir (inkl. sie selbst) dachten erst an eine Grippe, Infektion oder sonstwas "Gewöhnliches". Nun heißt es aber: "Diabetes" (sehr wahrscheinlich Typ 1, sagt man uns; Laborergebnisse stehen aber noch aus). Seitdem liegt meine Mutter im Krankenhaus und bekommt Insulin gespritzt. Sie ist sozusagen unter Aufsicht. Ihr BZ-Wert wurde zunächst langsam gesenkt (200 mg / dl am Tag). Vor etwa fünf Tagen war er auch wieder komplett normalisiert (ca. um die 100 mg / dl).

Jetzt ist letzte Nacht aber Folgendes passiert. Meine Mutter hat um 3 Uhr nachts die Schwestern rufen müssen, weil es ihr plötzlich richtig schlecht ging. Der Grund war auch schnell gefunden: BZ-Wert: 30 mg / dl. Sie war UNTERzuckert! Kann sich das jemand erklären? Wie kann sie UNTERzuckert sein, wenn sie alles UNTER AUFSICHT DES KRANKENHAUSES so macht, wie sie es die Tage davor auch gemacht hat? Die letzte Mahlzeit, die sie zu sich nahm, war um 17:30 Uhr. Das Insulin spritzte sie auch, wie "immer" (im Krankenhaus), 10 - 15 Minuten davor. Die Menge des Insulins: auch wie "immer", also die Tage davor (bestimmt nicht überdosiert, da eben im Krankenhaus unter Aufsicht – sowohl sie selber schaut auf die Liste als auch die Schwester). Die Menge des Insulins sei ohnehin recht gering, so dass als Nebenwirkung nicht einmal Gewichtszunahme bei ihr auftreten würde (ich habe was von Altinsulin und Basalinsulin und 5 - 7 Einheiten auf ihrer Liste gelesen).

ICH persönlich frage mich ja, ob nicht die klitzekleine Möglichkeit besteht, dass sie GAR KEIN Diabetes hat, sondern die plötzliche Überzuckerung aufgrund eines Infektes oder so zustande kam. Dass die Bauchspeicheldrüse evtl. TEMPORÄR angegriffen wurde, sie aber wieder Insulin produzieren kann. Gibt es denn so etwas? Kann es denn nicht passieren, dass man nur EINMALIG eine Hyperglykämie erlebt?

Das Ganze erscheint mir etwas merkwürdig. Erst überzuckert sie extrem und dann passiert keine 2 Wochen später das genaue Gegenteil. Bitte um Ratschläge.

Offline Joa

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Re: Unterzuckerung
« Antwort #1 am: Januar 10, 2009, 00:33 »
BZ-Wert: 30 mg / dl. Sie war UNTERzuckert! Kann sich das jemand erklären? Wie kann sie UNTERzuckert sein, wenn sie alles UNTER AUFSICHT DES KRANKENHAUSES so macht, wie sie es die Tage davor auch gemacht hat?
Ich denke, dass Deine Frage eigentlich schon im anderen Forum von Petra recht treffend beantwortet wurde.

Neben verschiedenen Gründen, die zu Hypos führen können, ist hier der wahrscheinlichste, dass sich die Beta-Zellen der BSD durch die Entlastungstherapie wieder ein Stück weit erholen konnten, so dass die eigene Insulinproduktion wieder mehr oder weniger deutlich angestiegen ist.
Und nun war dann wohl die Menge vorhandenen Basalinsulins aus der Spritze zur Zeit der höchsten Insulinempfindlichkeit in der Nacht etwas zu hoch ausgefallen.

Aber so weiß Deine Mutter nun schon mal, was eine Hypoglykämie ist, und wie die sich anfühlt.  :zwinker:
Das wird sicherlich nicht die letzte in ihrem neuen Diabetikerleben gewesen sein.  :gruebeln:

Zitat
ICH persönlich frage mich ja, ob nicht die klitzekleine Möglichkeit besteht, dass sie GAR KEIN Diabetes hat, sondern die plötzliche Überzuckerung aufgrund eines Infektes oder so zustande kam.

Die Frage kannst Du getrost in die Tonne drücken. :knuddel:

Der Blutzuckerwert bleibt unauffällig, solange noch etwa 20% der Beta-Zellen in der BSD arbeitsfähig sind. Und ein Infekt, der schlagartig 80% der Betazellen ausser Gefecht setzt, müsste vermutlich schon lange vor der Diabetesdiagnose tödlich geendet haben.  :kratz:

Tut mir leid, nicht mal eine klitzekleine Möglichkeit zu bejahen.  :nein:

Gruß
Joa

Edit:
Der Hinweis auf die Antwort von Petra (Taube) im IC war nicht als Kritik an der Nachfrage hier gemeint.
Ich habe ihre Erwähnung der "Remission", das ist die Erholung der eigenen Beta-Zellen durch die Entlastung der Insulintherapie, nur hier mal etwas eingehender erklärt. Die Remission wird auch "Honeymoon - Phase" genannt. Und je später im Leben jemand den Diab bekommt umso größer ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass die eigene Restproduktion der Beta-Zellen, auch Residualfunktion genannt, noch ziemlich lange anhält. Das erleichtert dann dem Anfänger in Sachen Diab manches.
« Letzte Änderung: Januar 10, 2009, 14:03 von Joa »
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Offline Hydra

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Re: Unterzuckerung
« Antwort #2 am: Januar 10, 2009, 12:29 »
Hallo Joker,

auch unter der größtmöglichen Aufsicht kann es zu Unter- oder Überzuckerungen kommen. Eine mögliche und für mich hier auch wahrscheinliche Ursache ist die von Joa beschriebene.

Leider kann man oftmals nur im Nachhinein reagieren. Keiner kann mir sagen, wann meine Basalrate reduziert werden muss. Ich achte im Moment etwas genauer auf Anzeichen, da ich zur Zeit an einer Gewichtsabnahme arbeite. Irgendwann sollte sich damit die Insulinresistenz bessern, also werden die Basalrate, wie auch die BE-Faktoren/Korrekturfaktoren, irgendwann zu hoch sein. Das werde ich an zu tiefen BZ-Werten bzw. häufigen Hypos merken. Jetzt schon die Basalrate zu senken, weil dies kommen wird, würde derzeit hohe BZ-Werte bedeuten. Also bleibt mir nur im Nachhinein zu reagieren und anzupassen. Dies ist aber für einen gut geschulten Diabetiker auch kein Problem.

LG
Hydra
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Offline Sunshineyday

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Re: Unterzuckerung
« Antwort #3 am: Januar 10, 2009, 12:54 »
Zitat
Wie kann sie UNTERzuckert sein, wenn sie alles UNTER AUFSICHT DES KRANKENHAUSES so macht, wie sie es die Tage davor auch gemacht hat?

Hallo Joker,

Du darfst Dir einen Diabetes nicht so vorstellen, dass immer alles glatt läuft, wenn man sich an die "Therapievorschriften" hält. Es gibt soviele Faktoren die mitreinfliessen (die wichtigsten oder bei Deiner Mutter jetzt treffendsten Gründe wurden Dir ja schon genannt), die kann man nicht alle so einfach in den Griff bekommen und schon gar nicht von heute auf morgen.

Klar, die ersten Unterzuckerungen sind doof, man macht sich grosse Sorgen. Aber mit der Zeit wird Deine Mutter damit umgehen können. Z.B. sollte sie zu Hause auf dem Nachttisch immer schnelle BEs stehen haben, z.B. Traubenzucker oder noch besser was Flüssiges: Cola oder Traubensaft. Dann kann sie eine nächtliche Hypo ganz schnell alleine beheben.

Sunshine

Offline Joerg Moeller

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Re: Unterzuckerung
« Antwort #4 am: Januar 10, 2009, 14:18 »
Das Ganze erscheint mir etwas merkwürdig. Erst überzuckert sie extrem und dann passiert keine 2 Wochen später das genaue Gegenteil. Bitte um Ratschläge.

Das ist völlig normal. Lies mal den Beipackzettel von Insulin, da ist Unterzuckerung als mögliche Nebenwirkung aufgeführt. Nebenwirkungen können entstehen, müssen aber nicht unbedingt. Deswegen lernt auch jeder (insulinspritzende) Diabetiker, wie man eine Unterzuckerung (Hypoglykämie, oder auch kurz "Hypo" genannt) erkennt und was dann zu tun ist: http://www.diabetesinfo.de/komplikationen/hypo.php

Bei deiner Mutter gibt es jetzt einen Sonderfall: bei ihr wurde ein Typ 1 Diabetes festgestellt und mit Insulin behandelt. (http://www.einsteiger.diabetesinfo.de/grundlagen/typ1.php)

Stell dir mal eine Fabrik mit 100 Arbeitern vor. Die müssen täglich soviel arbeiten, wie auch 20 Arbeiter allein noch so gerade eben schaffen würden. Deren Berufsalltag läuft also ganz easy ab.
Jetzt sterben im Lauf der Zeit immer mehr Arbeiter und die Geschäftsleitung kann keine neuen einstellen. Klar: für den Rest wird der Alltag nicht mehr ganz so easy, ist aber noch zu schaffen, solange mehr als 20 da sind.
Dieser Zeitpunkt wird aber auch überschritten, es sind jetzt nur noch 18 übrig geblieben. Das heißt die müssen völlig über ihre Kräfte arbeiten, um noch alles zu schaffen. Darunter lässt aber die Qualität zu wünschen übrig, und wenn die Geschäftsleitung das merkt kann sie zusätzlich Aushilfen einsetzen. (wie das Insulin, daß sich deine Mutter jetzt spritzt).
D.h. die restlichen Festangestellten müssen nicht mehr ganz so hart ran; sie erholen sich langsam wieder. Dadurch verbessert sich die Qualität ihrer Arbeit und die Aushilfen sind jetzt eigentlich zuviel. Die sind aber nicht gerade clever, also merken sie das nicht und arbeiten trotzdem. Dadurch schafft die Firma mehr als sie eigentlich müßte.
Und wenn das, was sie schaffen soll jetzt "Glucose wegräumen" ist, dann ist irgendwann zuviel Glucose weggeräumt und der "Firma" geht es mies, weil sie zuwenig Zucker im Blut hat: Unterzuckerung

Es kann niemand etwas dafür, das passiert ganz einfach wenn man einen Typ 1 Diabetiker neu auf Insulin einstellt und das einzige was man tun kann ist zu reagieren. In dem Fall indem man Traubenzucker nimmt (um das aktuelle Problem zu lösen) und die Insulindosis reduziert, damit es nicht mehr auftritt.
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