Autor Thema: Typ II operativ heilbar?  (Gelesen 3611 mal)

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Typ II operativ heilbar?
« am: Februar 11, 2006, 01:35 »
Hallo allerseits,

ich hab hier ein Merkblatt von einem chirurgischen Chefarzt des Krankenhauses, in dem ich arbeite, in dem er behauptet, man könne Typ 2 mit einer Erfolgsquote von über 80% durch eine Operation heilen.
Dabei wird durch einen Bypass der Zwölffingerdarm und der oberste Teil des Dünndarmes ausgeschaltet, so dass dort Hormone gebildet werden können, die dann die Heilung nach wenigen Tagen oder Wochen bewirken  :kratz:

Das klingt für mich irgendwie vollkommen utopisch, besonders weil man über diese Therapie so gut wie nichts findet. Hat einer von euch schonmal von so etwas gehört? Ist da was dran? Und wenn ja, wieso ist das dann nicht wesentlich bekannter und alle machen das so?  :gruebeln:

Und was ist eurer Meinung nach von so etwas zu halten? Der Vorteil wäre natürlich, man wäre die Stoffwechselstörung und alle Folgeerkrankungen los, aber eben operativ...d.h. man tut ja nicht etwas gegen die Ursachen einer Insulinresistenz sondern doktort nur an den Symptomen herum. Die Frage wäre dann, welche Nebenwirkungen bei einem solchen ja nicht gerade kleinen Eingriff in den Stoffwechsel auftreten könnten und was schwerer wiegt - der Diabetes oder diese Nebenwirkungen.

Eine Freundin von mir ist Schwester in einem Diabeteszentrum, die an diesen Chefarzt wohl auch öfters mal Patienten überweisen, die berichtete nur von guten Erfahrungen.

Würde sowas wohl die Kasse zahlen?

Irgendwie leicht verwirrt,  :staun:

Frank
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Offline Joerg Moeller

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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #1 am: Februar 11, 2006, 09:42 »
Schau doch mal auf das Datum dieses Merkblattes. Ich könnte wetten, es stammt vom ersten April.

Es ist nicht nur physiologisch vollkommen unmöglich einen DM2 operativ zu heilen; die beschriebene Operation würde zudem auch noch zu schlimmen Verdauungsstörungen führen, weil Gallen- und Pankreassaft nicht mehr in den Speisebrei gelangen können.
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #2 am: Februar 11, 2006, 11:18 »
Hallo Jörg,

nee, das meint der wirklich ernst...und der macht diese OPs schon seit 2004! Ich zitier am besten mal:

"Wie wir heute wissen, führen bestimmte Operationsverfahren, die mit der Ausschaltung des Zwölffingerdarmes und des obersten Anteils des Dünndarmes einhergehen (zum Beispiel der sogenannte Magenbypass) zu einer erheblichen Besserung der diabetischen Stoffwechsellage und in über 80% zu einer langjährigen Heilung dieser Erkrankung. Das Prinzip der Operation besteht darin, die Verdauungssäfte aus der Bauchspeicheldrüse und der Galle, welche zur Fettverbrennung notwendig sind, so umzuleiten, dass sie verspätet in den Darm gelangen. Durch diese Umleitung kommen die Nahrungsbestandteile nicht mehr in Kontakt mit dem Zwölffingerdarm und dem obersten Bereich des Dünndarmes. In diesen Darmabschnitten werden offensichtlich - wie wir heute wissen - Hormone gebildet, die für die Entwicklung und auch für die Heilung des Diabetes mellitus Typ II verantwortlich sind."

Ich kenne den Chefarzt auch, eigentlich ist der normalerweise seriös...aber diese Geschichte kann ich auch nicht so recht glauben.  :kratz:
:biker: Viele Grüße...Frank :biker:

Offline Joerg Moeller

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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #3 am: Februar 12, 2006, 00:16 »
Ich will dir meine Meinung nicht aufdrängen, daher liefer ich dir mal ein paar Fakten und du kannst dann selbst entscheiden:

Aufgabe des Duodenums (Zwölffingerdarm):
In das Duodenum mündet der gemeinsame Ausführungsgang von Galle und Pankreas. Gallensäuren emulgieren Fette (setzen die Oberflächenspannung herab, damit die fettspaltende Lipase besser angreifen kann) und vom Pankreas kommen so wichtige Enzyme wie Trypsin (Eiweißspaltung), Lipase (Fettspaltung) und Amylase (KH-Spaltung). Der Nahrungsbrei verlässt den Magen mit weitgehend zerkleinerten Nährstoffen, aber die müssen erst noch durch die Pankreasenzyme vollständig aufgespalten werden, damit sie resorbiert (ins Blut aufgenommen) werden können.
Diese Resorption erfolgt über die Darmzotten. Durch sie hat der Dünndarm (bestehend aus Duodenum, Jejunum (Leerdarm) und Ileum (Krummdarm) eine Gesamtoberfläche von ca. 200 Quadratmetern(!). Am Anfang - im Duodenum - sind die Zotten noch ziemlich dicht beeinander und nehmen nach unten hin langsam ab. Ergo: je tiefer die Resorption ansetzt, desto unvollständiger werden die Nährstoffe resorbiert. Unresorbierte Fett können zu öligen Durchfällen führen, unvollständig resorbierte KH zu Blähungen und wässrigen Durchfällen.

Thema "Heilung":
In der Medizin gibt es im wesentlichen zwei Therapieansätze:
a.) Kurativ (=Heilung im Sinne von Beseitigung der Ursachen)
b.) Palliativ (=Linderung im Sinne von Abschwächen der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität)

Ursachen für DM2 im weiteren Sinne sind:
a.) genetische Prädisposition
b.) suboptimale Ernährungsweise (bis hin zu Übergewicht)
c.) Bewegungsmangel

Ursachen im näheren Sinne sind:
a.) Sekretionsstarre der Betazellen (Es fehlt die bei Gesunden vorhandene "Initialsekretion", was sich dann in einem erhöhten PP-BZ äußert)
b.) Primärresistenz der Insulinrezeptoren (zu wenig Rezeptoren, daher kann der BZ nicht schnell genug sinken)

Und jetzt sag du mir, ob du diese OP eher als kurativ oder als palliativ einstufen würdest?

Was die Sache mit den Verdauungsenzymen angeht: es gibt auch Medikamente, die ähnliches bewirken wie die OP: durch Acarbose (und auch Metformin, aber nicht so ausgeprägt) wird die Aufnahme der KH ausgebremst, durch Orlistat/Sibutramin die Aufnahme von Fetten. Und jetzt google mal nach deren Nebenwirkungen, dann hast du auch die Möglichen Auswirkungen dieser OP vor dir.
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #4 am: Februar 12, 2006, 16:16 »
Hallo Jörg,

ungefähr, wie du das schilderst, hatte ich mir die Nebenwirkungen dieser OP auch vorgestellt. Das ist ja nun schon ein relativ heftiger Eingriff in den Stoffwechsel, und ich denke, man kann heute eigentlich überhaupt nicht abschätzen, welche Langzeitprobleme bei sowas auftreten können.

Aber schön, daß du das auch so siehst, dann denke ich wenigstens nicht, ich hätte mit einer solchen OP was verpaßt  ;)

Was mich bloß noch wundert ist, warum sowas überhaupt in der Form angeboten wird  ???

Viele Grüße,

Frank
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #5 am: Februar 12, 2006, 17:15 »
Naja, mich wundert es auch, warum Menschen sich tagelang auf einen Pfahl setzen oder hunderte von Stunden Achterbahn fahren... :zwinker:
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #6 am: Februar 13, 2006, 07:43 »
Zitat
...warum Menschen...hunderte von Stunden Achterbahn fahren...

HEY! Nichts gegen Richard, ich habe im Holiday Park mehrere Runden mit ihm auf Expedition GeForce gedreht und hatte ein sehr nettes Pläuschen mit ihm. Glaub mir, er machte es aus karikativen Gründen, Spass machte es ihm nach dem 2ten Tag schon nichtmehr. Und sein Sonnenbrand war echt pervers...

Schwerelose Grüße,
Peter
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #7 am: Februar 13, 2006, 10:46 »
Mich wundert es sogar, warum Menschen drei Minuten Achterbahn fahren!  :o ;D
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Offline Joerg Moeller

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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #8 am: Februar 14, 2006, 10:39 »
 :lachen: :lachen: :lachen:

Ich würde mir dann vermutlich auch mein Frühstück nochmal durch den Kopf gehen lassen... :zwinker:
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Re: Typ II operativ heilbar?
« Antwort #9 am: Februar 15, 2006, 14:55 »
Sind das dann Minus-BEs?  :lachen: :lachen: :lachen:
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