Der Heimkehrer - Weihnachten vor 57 JahrenEin Soldat kam zu Weihnachten 1955 nach Hause, nachdem er fast 13 Jahre in Gefangenschaft verbracht hatte.
Vom Bahnhof in Herleshausen aus rief er seine Eltern an:
"Mutter, Vater, ich komme nach Hause, doch ich muss euch um einen Gefallen bitten.
Ich habe einen Freund bei mir, den ich gerne mitbringen würde."
"Natürlich", erwiderten seine Eltern, "Wir freuen uns, ihn kennen zu lernen."
"Da gibt es aber noch etwas, das ihr wissen solltet", fuhr der Sohn fort, "er ist schwer verletzt worden.
Er ist an Heilig Abend 1942 neben mir von einer Granate getroffen worden und hat einen Arm
und ein Bein verloren. Er weiß nicht, wohin er gehen soll und hat sonst niemanden, und
ich möchte, dass er bei uns lebt."
"Das tut uns aber leid, mein Junge. Wir können ihm helfen, anderswo einen Ort
zu finden, wo er leben kann, vielleicht in einem Heim."
"Nein, Mutter und Vater. Ich möchte, dass er bei uns lebt."
"Mein Junge", sagte der Vater, "du weißt nicht, um was du uns da bittest. Jemand mit
einer solchen Behinderung wäre eine schreckliche Last für uns. Wir sind alt, haben unser
eigenes Leben und wir haben harte Zeiten nach dem Krieg.
Ich denke, du solltest einfach nach Hause kommen und diesen Menschen vergessen.
Er wird schon irgendwie zurechtkommen."
An diesem Punkt legte der Sohn den Hörer auf und die Eltern hörten nichts mehr von ihm.
Ein paar Tage später erhielten sie einen Anruf von der Lagerleitung. Ihr Sohn
sei gestorben nachdem er von der Ruine der zerstörten Werrabrücke gefallen war, wurde ihnen gesagt.
Die Lagerleitung meinte, es sei ein Unfall gewesen. Die gramgebeugten Eltern fuhren nach
Herleshausen und wurden auf den städtischen Friedhof gebracht, um in der Leichenhalle
ihren Sohn zu identifizieren. Sie erkannten ihn, doch zu ihrem Entsetzen entdeckten sie
auch etwas, das sie nicht gewusst hatten:
Ihr Sohn hatte nur einen Arm und ein Bein…