Huhu Peter,
erstmal herzlichen Glühstrumpf zu fast 5 Jahren durchgestandenem Kampf gegen dich selbst. Immerhin 5 Jahre! Im neuen Insuliner habe ich gerade von jemandem gelesen, der 50! Jahre hinter sich hat. Bei mir sinds nur 36 bisher, aber die packst du auch noch
Jetzt meine Ansichten zum Thema, warum es nicht immer reibungslos klappt.
Ganz einfach. Wir sind Menschen, keine Maschinen. Und sehr viel auch im Stoffwechsel hängt von unterschiedlichen Stellschrauben im großen Getriebe "Mensch und Umwelt" ab. Oder anders ausgedrückt, der Tages/Monats/Jahresform. Wenn ich da von deiner Scheidung lese, kann ich sehr gut nachvollziehen, warum der Hba1C abgerutscht ist, ging mir ja damals auch nicht anders. Lobenswert ist, daß du es nicht ganz hast schleifen lassen, denn unter den Umständen ist eine 7 noch sehr gut. Sie beruht nicht unbedingt auf Schlamperei sondern sicher zum großen Teil auf Streß. (da kenne ich mich aus, hab ich auch hinter mir
)
Laß dich von den ganzen Experten hier im Forum mit den detailierten biochemischen Kenntnissen nicht verwirren. Ganz soviel Präzision bringts auch nicht immer, denn wenn man es übertreibt, kommt die Psyche zum Zug und man setzt sich selbst unter Streß. Und wie wir wissen, sind die Streßhormone Adrenalin und Kortisol Gegenspieler vom Insulin mit den bekannten, in dem Fall leider unberechenbaren Folgen auf die BZ-Kurve.
Jeder Raucher weiß zum Beispiel auch, daß das, was er tut, ungesund ist. Warum tut ers trotzdem und gewöhnt sich die Glimmstengel nicht ab? Siehe oben
Außerdem sind die beschriebenen biochemischen Vorgänge auch eine Theorie, die jeder am eigenen Leib überprüfen sollte. Wenn ich die letzten 36 Jahre rückwärts denke, hat sich die Betrachtung des DM und die entsprechende Therapie mehr als einmal um 180 Grad gedreht. Der Stoffwechsel ist ein sehr komplexes System und hat wie gesagt, unendlich viele Stellschrauben und -schräubchen, die noch längst nicht alle bekannt sind und deren Auswirkungen auch von Mensch zu Mensch differieren können. Da helfen nur Selbstversuche
Ich halte es da lieber mit dem Grundsatz Leben und leben lassen. Soviel Disziplin wie nötig, aber auch mal locker lassen.
Das mit den nächtlichen Hypos ist natürlich ein Problem. Das kenne ich auch. Genug Insulin für das Nachtmahl sollte aber sein. Zur Not stellst du dir halt mal einige Zeit für Nachts einen Wecker zum Messen, bis du wieder sicher bist. Das hilft.
Jaaaaa, nun kommen wir mal zum Wesentlichen. Nur Schätzen?
Also zumindest in der Anfangszeit der Therapie sollte man unbedingt eine Küchenwaage benutzen. Und zwar solange, bis man tatsächlich weiß, wieviel von was eine BE ist! Die hier schätzen, haben das in der Regel alle mal gemacht. Klar, nach 2 Jahren weiß man dann spätestens, wieviel Brot/Kartoffel/Nudeln/Reis usw eine BE ist, aber vorher steht die Schulung des eigenen Augenmaßes, und das geht nicht ohne Waage.
Als ich vor 4 Jahren mit der Pumpe angefangen habe, habe ich in der Anfangszeit auch mal wieder die Waage benutzt... Erstaunlich, was sich bei mir im Laufe der vorherigen 20 Jahre doch so für Schätzfehler eingeschlichen hatten
Ich kann dir also nur den Tipp geben, kauf Dir eine Waage (guck mal nach dem Thread von der Diätwaage oder nimm ne ganz normale Küchenwaage + KH-Tabelle + Tabelle über glykämischen Index) und trainiere deine Schätzleistung. Das ist das Einzige, was sicher macht. Ist sicher erstmal ein Aufwand, aber nur zeitweise. Da mußten wir alle mal durch. Einfach einen Teller voll Essen nehmen und auf Verdacht Insulin draufknallen... naja.... Übrigens gibts auch irgendwo BE-Tabellen mit Faustformeln, in dem Stil: eine BE Kartoffel ist eine ungefähr so groß wie ein Hühnerei usw.
Übrigens ist ein durch häufig niedrigen BZ erkaufter 5er HBa1C (dem ja dann auch eine Menge Ausschläge nach oben gegenüberstehen), gelinde gesagt, eine Art Selbstbetrug.
Ein Hba1C von 6 mit durchschnittlich ebenen Werten und nur ganz seltenen Ausrutschern ist sehr viel gesünder für die Gefäße!
Ich betreibe sicherlich nicht soviel Aufwand für meinen DM wie manch einer hier und meine Berechnungen sind auch nicht so kompliziert, aber eins ist sehr wichtig: Wenns mal nicht klappt (weil man sich mit dem Essen verschätzt hat oder was anderes schiefgelaufen ist), nicht aufgeben. Der nächste Tag ist ein neuer Tag, an dem man seinem inneren Schweinehund erneut den Kampf ansagen muß.
In diesem Sinne, laß dich nicht unterkriegen. Der DM ist ein Teil von uns und macht uns unverwechselbar und einmalig
liebe Grüße
Ulrike