Diabetesfragen > Theorie

Anakinra - Kennt das jemand ?

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Joa:

--- Zitat von: Jörg Möller am September 23, 2009, 13:00 ---Und ob die jetzt wirklich sagen "du darfst ruhig alles angreifen aber lass mir die Betas in Ruhe" finde ich fraglich...

--- Ende Zitat ---

Du meinst, dass [ein Signal zur Erhöhung von] IL-1  von verschiedenen, vielleicht allen Zellen abgegeben wird, wenn diese "entarten" oder z.B. bei entzündlichen Prozessen oder kapazitativer Überforderung auffällig werden, wie die Betas beim Diabetiker Typ 1 wie 2? Somit würde dann ggf. eine Unterdrückung der IL-1 Wirkung zu einer Gefahr führen können, dass irgendwelche auffälligen Zellen nicht beseitigt werden [weil ja der Rezeptor auch anderer Zellen ausser Aktivität gesetzt worden ist], so dass z.B. die Gefahr von Tumorentwicklungen steigen könnte?

Das ist sicher ein nachvollziehbarer Gedanke.  :ja:
Zu dem ich allerdings nichts direkt dazureimen kann, weil mir die Wirkweise von IL-1 völlig unklar ist.

Allerdings ist die IL-1 Hemmung in der Rheumatherapie wohl bereits langjährig im Einsatz und, soweit ich gelesen habe, ohne erkennbare Nebenwirkungen.
Das könnte vielleicht die Sorge bezüglich unerwünschter Seiteneffekte etwas lindern?   :kratz:

Gruß
Joa

Nachtrag: siehe Text in Klammern [...]

Joa:
Ups, kau, schluck...

Hab mich grad mal bei Wikipedia versucht etwas in die Interleukin-Chose reinzudenken.
Das führt aber eher zu Verdauungsbeschwerden.  :-\

Interleukine spielen offenbar eine wichtige Rollen im Immungeschehen des Körpers.

Grundsätzlich geht es hier um das  > Interleukin-1 beta (IL1B) < und dessen Zusammenspiel mit dem Interleukin-1 Rezeptor der Zellen.

Vermutlich wird durch leistungsüberforderte Betas eine Steigerung des IL1B-Spiegels bewirkt (?), so das IL1R verstärkt aktiviert wird. Das scheint dann eine Entzündung und das Absterben der ß-Zellen zu inspirieren.

IL1R bindet mit IL1 alpha, beta und dem > IL1 Rezeptor Antagonisten (IL1RA) <.
Die Aktivität des Rezeptors wird insbesondere über das Mengenverhältnis zwischen den vorstehenden Liganden reguliert.

Erhöht sich die IL1B Menge kommt es entsprechend zu vermehrter Aktivierung.

Der Ansatz ist es nun, durch die medikamentöse Gabe von IL1Ra den IL1R zu blockieren. Also die Bindungskapazitäten der IL-Rezeptoren für IL1(B) zu senken.

Hierzu wird ANAKINRA genommen, welches in der Wirkung IL1Ra entspricht und diesem molekular fast gleich aufgebaut ist.

Somit bleibt natürlich die Frage welche Auswirkungen sich daraus auf andere Zellen ergeben, deren IL1-Rezeptoren denn ja auch blockiert werden.
Gut, man könnte denken, dass die Steigerung von IL1B wohl auch an diesen eine Überaktivierung bewirkt, die durch ANAKINRA eben mitblockiert wird.

Normalerweise ist ein "gesundes" IL1A/B zu IL1Ra Verhältnis bei etwa 1:1,2-3,6 gegeben.
Zur Blockierung des IL1R ist dagegen eine Erhöhung von IL1Ra um den Faktor 10 bis 100 erforderlich.

Allerdings ist die Dosierung von ANAKINRA offensichtlich "flächendeckend" so dass man vielleicht/vermutlich auch eine komplette Blockade der IL1 Wirkung annehmen kann. Und was das so auf Dauer bedeuten könnte... ?

Aber wie findet sich im 2. Link in Saschas erstem Post so schön:  "was generell bei längerer Einnahme von Anakinra für Auswirkungen zu erwarten sind, muss nun erforscht werden"

> Mehr zu Anakinra hier <

Gruß
Joa

Update: Link "Mehr zu Anakinra hier" zur veränderten Website aktualisiert.

Joerg Moeller:

--- Zitat von: Joa am September 23, 2009, 20:07 ---Du meinst, dass IL-1 von verschiedenen, vielleicht allen Zellen abgegeben wird, wenn diese "entarten" oder z.B. bei entzündlichen Prozessen oder kapazitativer Überforderung auffällig werden, wie die Betas beim Diabetiker Typ 1 wie 2? Somit würde dann ggf. eine Unterdrückung der IL-1 Wirkung zu einer Gefahr führen können, dass irgendwelche auffälligen Zellen nicht beseitigt werden, so dass z.B. die Gefahr von Tumorentwicklungen steigen könnte?

--- Ende Zitat ---

Yep. Es kommt bei solchen Antagonisten eben darauf an, ob und wenn ja wie selektiv die sind.


--- Zitat ---Den Thread nach Theorie verschieben?
--- Ende Zitat ---

Ja, denke ich auch.

Joerg Moeller:

--- Zitat von: Joa am September 24, 2009, 09:23 ---Ups, kau, schluck...

--- Ende Zitat ---

Ja, das hab ich mir auch gerade so gedacht ;D


--- Zitat ---Interleukine spielen offenbar eine wichtige Rollen im Immungeschehen des Körpers.
--- Ende Zitat ---

Ja, ich kenne sie noch aus meiner Onkologie-Zeit, als sie gezielt zur Therapie appliziert wurden. Und die jetzt zu blocken verusacht mir so ein bißchen Bauchgrummeln. Aber wie Paracelsus schon sagte "Ein jedes Ding ist Gift..."


--- Zitat ---Allerdings ist die Dosierung von ANAKINRA offensichtlich "flächendeckend" so dass man vielleicht/vermutlich auch eine komplette Blockade der IL1 Wirkung annehmen kann. Und was das so auf Dauer bedeuten könnte... ?
--- Ende Zitat ---

Deswegen bin ich bei solchen Sachen auch immer eher skeptisch. Das war ich auch bei Rimonabant schon, noch bevor die FDA dem einen Riegel vorgeschoben hat.

Joa:

--- Zitat von: Jörg Möller am September 24, 2009, 09:50 ---Yep. Es kommt bei solchen Antagonisten eben darauf an, ob und wenn ja wie selektiv die sind.

--- Ende Zitat ---
Anakinra ist wohl gar nicht selektiv, so dass alle IL1-Rezeptoren an allen Zellen geblockt werden müssten.
Und dann nicht nur gegen IL1B sondern auch gegen IL1A.

Wie schon zitiert, wird es wohl auf die Langzeiterfahrungen ankommen, die in der Anwendung von Anakinra seit der Zulassung als Rheumamedikament Anfang 2002 (für Europa) bestehen. Und bisher sollen diese unauffällig sein.

Ok, hätte ich akutes Rheuma, würde auch ich sicher auch noch eine andere Nutzen/Risikobewertung zur Anwendung bringen als als Diabetiker.


--- Zitat ---
--- Zitat ---Interleukine spielen offenbar eine wichtige Rollen im Immungeschehen des Körpers.
--- Ende Zitat ---
Ja, ich kenne sie noch aus meiner Onkologie-Zeit, als sie gezielt zur Therapie appliziert wurden. Und die jetzt zu blocken verusacht mir so ein bißchen Bauchgrummeln.
--- Ende Zitat ---

Ok, hier haben wir es ja "nur" mit einem Block von IL1A/B zu tun. Welche Interleukine aus der Familie wurden therapeutisch in der Onkologie verwandt?

Aber unabhängig von der Risikofrage wird man wird man hinsichtlich der diabetologischen Erfolges von Anakinra für den Typ 2  mehr erwarten können, als beim Typ 1.

Wenn der Stoff als Antidiabetikum zugelassen würde, könnte er beim Typ 2 im frühen Stadium der Beta-Zellüberforderung wohl zur Symptomfreiheit beitragen, und bei gleichzeitiger Reduktion der diabetesrelevanten Resistenzkomponenten dann möglicherweise sogar wieder abgesetzt werden.
Bei weiter niedrig gehaltener Resistenz könnte das dann schon eine Quasi-Heilung bedeuten. Zumindest eine deuliche Verzögerung.

Beim Typ 1 sind die Erwartungen niedriger zu hängen, da bei diesem die Nekrose der ß-Zellen nicht nur mit dem IL1 korrespondiert, sondern mit den weiteren, autoimmunen Reaktionen im Organismus.

Lt. Auskunft aus dem Studienumfeld zu Anakinra sei die Regenerationsfähigkeit der Betas 

sicher so, dass die Betazellen ein Regenerationspotenzial hätten, welches unter normalen Umständen gering ist, jedoch in Sonderfällen bis zu 5% betragen könne. Z.B. Schwangerschaft, Adipositas.

Gelänge es beim Typ1 Diabetes, die Autoimmunität zu stoppen, wären bestimmte Erholungen sicher möglich, wobei die Kapazität der Regeneration wahrscheinlich nicht ausreichen würde, um auf Insulin verzichten zu können.


Somit könnte in der Anfangsphase, vor allem bei früher Diagnose, wahrscheinlich durch Anakinra auch bei Aktivität der Autoimmunität und vor allem bei langsamen Prozess, eine gewisse Verlängerung der Remissionsdauer erzielt werden, weil halt die IL1B gemittelte zusätzliche immunulogischen Terminierung von Betazellen unterdrückt würde.

Dass das den Kohl fett machen täte glaub ich eher nicht. Und auch beim langsamen Autoimmungverlauf, wie z.B. beim LADA, ergibt sich wohl allenfalls eine verlängerte "Galgenfrist der Betas" mit ggf. weniger Insulinbedarf des Diabetikers.

Gruß
Joa

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