Diabetesfragen > ICT - Basis/Bolus
Apridra und Apoptose
Joerg Moeller:
--- Zitat von: Angela am März 08, 2005, 17:35 ---Deswegen nehme ich dort sehr wenig ernst. Klar einfach ignorieren sollte man es nicht, aber dort wird sehr viel übertrieben.
--- Ende Zitat ---
Ich finde es schon ganz okay, wenn du da vieles nicht so ernst nimmst. Mnachmal wird eben nur über bestimmte Aspekte gesprochen. (Apoptosehemmung bei Apidra oder höhere IGF-1 Affinität bei den meisten Analoga)
Wenn man sich sonst nur wenig mit diesen Hintergründen beschäftigt klingt das sicher manchmal ganz schön grauslich, ist es aber selten. Man könnte ebenso auch darüber sprechen, daß man auf einer Insulin-Pfütze ausrutschen und sich die Hüfte brechen könnte. Zumindest kommt das der Wahrscheinlichkeit nach den anderen beiden Dingen ziemlich nahe.
Nicht selten sind diese Wahrscheinlichkeiten eher mathematischer Natur. Nehmen wir mal diese IGF-1 Geschichte: IGF-1 (=Insulin-like Growth-Faktor 1 = Insulinähnlicher Wachstumsfaktor 1) ist ein Stoff, der das Wachstum von Zellen beschleunigt. Damit der wirken kann muß er erst an Zellen andocken, an den 'Rezeptoren'. Und weil er eben Insulinähnlich ist kann auch normales Insulin an diesen Rezeptoren andocken. Aber nicht jedes Insulinmolekül tut das auch.
Jetzt hat man festgestellt, daß bestimmte Analoga eine höhere Affinität zu diesem Rezeptor haben. Das bedeutet, daß sie besser darauf passen und daß z.B. von 1000 Analogamolekülen mehr an diesem IGF-1 Rezeptor andocken als von 1000 Normalinsulinmolekülen.
Aber nochmals: Dieser Rezeptor ist ja nicht für Insulin/Analoga gedacht, sondern für IGF-1 selber in seiner reinen Form.
Und deshalb ist es auch nicht verwunderlich wenn man weiß, daß die Affinität (="Neigung zu") von reinem IGF-1 800-1000 mal höher ist als von Insulin. Und somit auch wesentlich höher als von Analoga.
Als man seinerzeit Lantus untersucht hat konnte man im Reagenzglas (=in vitro) feststellen, daß Lantus das Zellwachstum bestimmter Tumorzellen beschleunigt hat.
Aber: Man hat dabei eine ganz bestimmte Gruppe von Zellen untersucht, bei denen auch normales, vom Körper eines Menschen produziertes Insulin eine Wachstumsbeschleunigung bewirkt.
Wenn jetzt jemand ohne dieses Hintergrundwissen die Schlagzeile "Lantus beschleunigt Tumorwachstum" liest, dann kann das schon erschrecken.
Für mich ist das nichts weiter als die Schlagzeile "Leitungswasser führt zum Tode". (Immerhin haben nahezu 100% aller Verstorbenen in ihrem Leben Leitungswasser konsumiert)
Was aber leider gelegentlich in der NG vorkommt: Es werden Teil-Aussagen aus wissenschaftlichen Studien zitiert, ohne die Umstände dieser Studie (=das Studiendesign) vorzustellen.
Ich kann ohne weiteres eine Studie machen die belegt, daß 99,9% als Schüler Nichtraucher sind. (Das ich diese Studie in einer Vorschule mit 5-6 jährigen mache kann ich dann j für mich behalten).
Dann gab es vor einiger Zeit mal die Meldung, daß es bei Umstellung auf Lantus vermehrt zu Problemen mit der Netzhaut kam. Ich habe damals schon vermutet, daß es weniger am Lantus lag als vielmehr an den Ärzten, die die Umstellung vornahmen. Wenn man eine desolate BZ-Einstellung verbessern will, dann sollte man erstens vorher mal die Netzhaut untersuchen und zweitens sollte die Absenkung des BZs langsam erfolgen.
Neulich war ich auf einem Symposium, bei der ein renomierter Berliner Diabetologe die gleiche Ansicht vertrat!
Also: lasst euch von Meldungen in der NG oder in irgendeinem Forum (auch diesem hier!) nicht verunsichern. Nehmt die Begriffe und googelt danach und/oder fragt einen Arzt eures Vertrauens.
reschmieba:
Hi Jörg,
der Name des rennomierten Diabetologen würde mich interessieren....
Dank & Gruß,
reschmieba
Joerg Moeller:
--- Zitat von: reschmieba am März 10, 2005, 15:51 ---der Name des rennomierten Diabetologen würde mich interessieren....
--- Ende Zitat ---
Das war Dr. Klaus-Jürgen Ruhnau. Seine Praxis: Treskowallee 128, 10318 Berlin, 030-5090090
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