Autor Thema: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe  (Gelesen 15508 mal)

Offline SabineS

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Hallo,

ich hab leider vergessen, warum man nach einer i.v.-Korrektur nicht in den Hypobereich abrutscht... Ich weiss es zwar aus eigener Erfahrung, dass es so ist, aber die zuständigen Gehirnzellen für das WARUM sind bei mir nicht mehr verfügbar. Kann mir jemand von Euch auf die Sprünge helfen?

Viele Grüße
Sabine

Offline Joa

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #1 am: Juni 25, 2009, 23:32 »
ich hab leider vergessen, warum man nach einer i.v.-Korrektur nicht in den Hypobereich abrutscht...

Die Lösung ist das System der > Insulinclearance des Stoffwechsels <

Die Leber leistet den größten Anteil an der Degradation (Abbau) des Insulins (50%), an zweiter Stelle folgen die Nieren (25%). Der Rest erfolgt in den Geweben verteilt.

I.v. gegebenes Insulin geht erst mal über Leber und Niere, bevor es arteriell auf die Gewebe weiterverteilt wird.
Die Degradation in den Organen wird initial wohl über Insulinrezeptoren (ich vermute mal auch im Verhältnis zur aktuellen Menge an Glucose) gesteuert. Ist also dann wohl auch mengenabhängig.

Genauso läuft das bei Nutzung eines ip-Katheters, der das Insulin direkt in den Bauchraum, auf Leber und/oder in das Bauchwasser tröpfelt.

Bei einer zu großen Insulindosis kann man aber auch eine Hypo herbeiführen. Das ist praktisch aber eher irrelevant. Ich hab da mal eine alte Studie gefunden, dass bei Nichtdiabetikern Insulin bei iv-Applikation von 1 IE je kg Körpergewicht zwar einen Wert im Hypobereich, vermutlich sowas um 60 mg/dl, aber keinerlei Symtome produzierte.

Gruß
Joa
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Offline Adrian

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #2 am: Juni 26, 2009, 02:11 »
Ist GLUT nicht in beide Richtungen durchlässig für Glukose?
Cozmo mit Humalog 

Offline Joerg Moeller

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #3 am: Juni 26, 2009, 07:49 »
Ist GLUT nicht in beide Richtungen durchlässig für Glukose?

Ja. Und der Transport ist auch nicht aktiv sondern von der Glucosekonzentration auf beiden Seiten der Membran abhängig.
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Offline Joa

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #4 am: Juni 26, 2009, 09:25 »
Ist GLUT nicht in beide Richtungen durchlässig für Glukose?

Ja. Und der Transport ist auch nicht aktiv sondern von der Glucosekonzentration auf beiden Seiten der Membran abhängig.

Womit er genauso auf einen Gleichstand der Glucose zwischen Zwischenzellwasser (interstitielle Flüssigkeit) und Zellwasser abzielt, wie die Passage der Glucose durch die Wände der Kapillargefäße den Gleichstand der Glucose zwischen Interstitium (der Raum zwischen den Zellen im Gewebe) und Blut anstrebt.

@ Adrian: Welcher Zusammenhang könnte dabei zur Hypotoleranz bei der iv-Gabe von Insulin bestehen?

Gruß
Joa



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Offline Adrian

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #5 am: Juni 26, 2009, 12:36 »
Ist GLUT nicht in beide Richtungen durchlässig für Glukose?

Ja. Und der Transport ist auch nicht aktiv sondern von der Glucosekonzentration auf beiden Seiten der Membran abhängig.

... Gleichstand der Glucose zwischen Zwischenzellwasser (interstitielle Flüssigkeit) und Zellwasser abzielt...

@ Adrian: Welcher Zusammenhang könnte dabei zur Hypotoleranz bei der iv-Gabe von Insulin bestehen?

So hätte ich das verstanden:

Normalerweise (bei normaler Energiegabe) gibt es diesen "Gleichstand" nicht, da in der Zelle Energie verbraucht wird (ATP-Herstellung, ...) - oder, wenn viel Glucose da ist eingelagert. Also: langsamer Konzentrationsausgleich mit Lieferant auf der Außenseite und Verbraucher auf der Innenseite -> im Mittel wandert Glucose nach innen -> der Ausgleich der Konzentrationen stellt sich nie ein.

Wenn jetzt plötzlich i.v.-Insulin wirkt, findet der Konzentrationsausgleich furchtbar schnell statt und ist eben so schnell wieder vorbei. In der Zeit kann noch gar nicht viel verbraucht werden. Es ist also ein echter Konzentrationsausgleich.
Jetzt muss nur noch genug Glukose außerhalb der Zellen Sein, dass man insgesamt nicht auf zu niedrig rutscht.

Glucose*Volumen_außerhalb/(Volumen_außerhalb+Volumen_innerhalb) >= 60


Zwei Fragen-Blöcke werfen sich da auf:

1. Wie sind dann gaaanz hohe Werte korrigierbar, wenn das Maxium der Konzentrationsausgleich ist? Liegt das daran, dass doch nicht alles modellhaft "plötzlich" geschieht, und das obige Modell nur regelnd wirkt? Oder ist es durchaus üblich mehrfach zu schießen? Gibt es hier Krankenpfleger oder Ärzte mit Erfahrung am Perfusor die Licht ins Dunkle bringen könnten? ;)

2. Wieso soll diese Methode die down -Regulation nicht so stark anwerfen als das Spritzen ins Unterhautfettgewebe? Theoretisch müsste ja mehr Insulin durch das i.v.-Spritzen wirken, da ja auch wieder Glukose zurückfließt.

Gruß, verwirrt,
Adrian
Cozmo mit Humalog 

Offline Trüffel

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #6 am: Juni 26, 2009, 19:05 »
2. Wieso soll diese Methode die down -Regulation nicht so stark anwerfen als das Spritzen ins Unterhautfettgewebe? Theoretisch müsste ja mehr Insulin durch das i.v.-Spritzen wirken, da ja auch wieder Glukose zurückfließt.

Nun, ich habe soeben den Telefonjoker in Althausen befragt und er erklärte mir das wie folgt.

Die Rezeptoren sind zwar anfangs genauso mit Insulin versorgt wie bei einer üblichen Korrektur, aber sie können sich besser regenerieren (die Dauer der Regeneration bleibt immer gleich).

Bei einer normalen Korrektur ist die Erholungsphase durchbrochen, weil ja ständig etwas Insulin dahertröpfelt

Kurz gesagt, der Grund ist, daß sich die Rezeptoren ungestört erholen können.

Mehr dürft ihr mich dazu aber nicht fragen, ich darf mich jetzt erstmal Schema B zuwenden.   :schwirr:
Wenn Fleisch und Wurstwaren bei uns mittlerweile billiger angeboten werden als Hundefutter,
muss man sich schon fast nicht mehr wundern, dass man für den Preis auch Hundefutter bekommt.  Adi Sprinkart

Offline SabineS

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #7 am: Juni 26, 2009, 20:01 »
Hallo,

wow, tolle Antworten !  Lieben Dank an Euch !

Viele Grüße
Sabine

Offline Joerg Moeller

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #8 am: Juni 27, 2009, 14:52 »
1. Wie sind dann gaaanz hohe Werte korrigierbar, wenn das Maxium der Konzentrationsausgleich ist? Liegt das daran, dass doch nicht alles modellhaft "plötzlich" geschieht, und das obige Modell nur regelnd wirkt? Oder ist es durchaus üblich mehrfach zu schießen? Gibt es hier Krankenpfleger oder Ärzte mit Erfahrung am Perfusor die Licht ins Dunkle bringen könnten? ;)

"Perfusorr" (=Spritzenpumpe) ist das Zauberwort. Mit einer Einmal-Gabe kannst du da ncht viel reißen. Per Infusion ging es auch, aber das wäre eher die Holzhammer-Methode. Mit Perfusor und regelmässiger BZ-Kontrolle hab ich bei meinen Pat. auf der Intensiv immer traumhafte Werte hingekriegt. Man muß dann nur den Kalium-Spiegel im Auge behalten, daher ist i.v. immer mit Vorsicht zu genießen. (Wenn man eh schon einen niedrigen Kalumspeigel hat könnte das zu Herzrhythmus-Störungen führen)

Zitat
2. Wieso soll diese Methode die down -Regulation nicht so stark anwerfen als das Spritzen ins Unterhautfettgewebe? Theoretisch müsste ja mehr Insulin durch das i.v.-Spritzen wirken, da ja auch wieder Glukose zurückfließt.

HWZ von Insulin in der Blutbahn liegt bei 6-8 Minuten :zwinker:
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Offline Joa

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Re: verminderte Hypogefahr bei intravenöser Insulingabe
« Antwort #9 am: Juni 28, 2009, 12:40 »
Zitat von: Adrian
So hätte ich das verstanden...

Soweit ich zu verstehen meine, was Du verstanden hättest, würde ich noch mal kurz die Verhältnisse brauchen.

Also, wieviel Liter Blut/ZZW/Zellwasser jeweils im Spiel sind.

Da ich grade im Rheinland weile, komm ich derzeit an die Aufzeichnungen nicht ran.

Mit den konkreten Mengenverhältnissen sollte sich o.a. stehende Formel transparenter machen lassen?

Gruß
Joa
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