Autor Thema: Nierenschutz - neue Möglichkeiten!?  (Gelesen 3307 mal)

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Nierenschutz - neue Möglichkeiten!?
« am: November 06, 2007, 13:58 »
Warum bei Diabetikern die Nieren versagen
Dr. Annette Tuffs, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Heidelberg
05.11.2007
   
Wissenschaftler der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg entdeckten molekulare Ursachen und neue Therapieansätze / Veröffentlichung in "Nature Medicine"

Wissenschaftler der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg haben einen entscheidenden Mechanismus entdeckt, der bei Diabetikern zum Nierenversagen führen kann: Durch die Überzuckerung bei einem Diabetes mellitus wird ein wichtiger Signalweg unterdrückt, der für die Funktion bestimmter Nierenzellen notwendig ist. Die Folge: Die Zellen werden in den Selbstmord (Apoptose) getrieben, die Nieren können den Harn nicht mehr filtern.

Außerdem konnten die Forscher im Tiermodell zeigen, dass zwei verschiedene Stoffe in der Lage sind, vor dem Zelltod und damit vor dem schleichenden Nierenversagen zu schützen. Es handelt sich dabei um das Antibiotikum Minocyclin sowie das Signalprotein "Aktiviertes Protein C" (APC).

Die Arbeiten unter Federführung von Dr. Berend Isermann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Endokrinologie und Stoffwechsel der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Peter Nawroth) sind, online, in der renommierten Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlicht.

"Diese Entdeckungen zeigen möglicherweise eine neue Möglichkeit auf, wie Diabetiker vor Nierenversagen geschützt werden könnten", verdeutlicht Professor Nawroth. "Bisher sind diese Patienten lebenslang von der Dialyse abhängig oder auf eine Nierentransplantation angewiesen."

"Selbstmord" in den winzigen Filtern der Nieren

Giftstoffe im Harn werden in den Nieren von unzähligen winzigen Gefäßknäuel, den Glomeruli, herausgefiltert. Warum die Filter bei Diabetikern im Laufe der Jahre Schaden nehmen, war bislang unklar. "Wir konnten zeigen, dass die Unterdrückung des so genannten Protein-C-Signalweges in den Nierenzellen dazu führt, dass diese sozusagen Selbstmord begehen", erklärt Dr. Isermann. Dieser Signalweg ist seit langem als wichtiger Feedback-Mechanismus bekannt, der die Blutgerinnung hemmt und Thrombosen verhindert. In den letzten Jahren wurden zudem zellschützende Effekte dieses Signalweges beschrieben. Es gelang nun erstmals zu zeigen, dass der Verlust dieser zellschützenden Effekte Folgekrankheiten des Diabetes mellitus verursacht.

Mit Hilfe gentechnisch veränderter Mäuse fanden die Heidelberger Wissenschaftler heraus, dass bei Diabetes ein Schlüsselprotein innerhalb des Signalwegs nicht gebildet wird, das so genannte Aktivierte Protein C (APC). Dadurch nimmt eine an sich positive Reaktionskette in der Zelle eine bösartige Wendung: Die Energiekraftwerke (Mitochondrien) in den Glomerulus-Zellen funktionieren nicht mehr. "Diese Störung der Energieversorger der Zelle führt schließlich zum Zelltod", so Dr. Berend Isermann. Warum Überzuckerung diese Signalskaskade so empfindlich stört, ist noch unklar. "Vermutlich führen bei Diabetes freigesetzte Entzündungsbotenstoffe sowie freie Sauerstoffradikale zu dieser Störung."

Antibiotika gegen das Nierenversagen?

Ein weiterer Befund: Diabetische Mäuse, die das APC infolge eines gentechnischen Tricks ausreichend selbst herstellen, sind vor dem Zelltod und damit vor dem schleichenden Nierenversagen geschützt. Doch diese Therapie funktioniert bisher nur im Labor und wurde an Patienten bislang nicht erprobt. Da APC auch die Blutgerinnung beeinflusst, müssen zunächst Varianten dieser Substanz gefunden werden, die ein anderes Wirkprofil haben.

Eine weitere Therapiemöglichkeit gibt dennoch Anlass zu Hoffnung: Interessanterweise zeigten Versuche an Mäusen, dass die Behandlung mit dem Antibiotikum Minocyclin vor den diabetesbedingten Veränderungen in den Nieren schützt. "Dieser Wirkstoff verhindert den Zelltod und kann offensichtlich den Verlust des Systems kompensieren", so Dr. Berend Isermann. Therapeutisch wird Minocyclin zur Zeit insbesondere zur Therapie der Akne und von Zahnfleischentzündungen eingesetzt.
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