Autor Thema: Benedikt  (Gelesen 10422 mal)

Offline Llarian

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Benedikt
« am: Oktober 30, 2007, 13:16 »
Hallo,

es ist nicht direkt diabetesbezogen, aber ein wenig doch... gerade habe ich folgenden Artikel entdeckt:
http://www.faz.net/s/RubC4DEC11C008142959199A04A6FD8EC44/Doc~E9672A2626F68446F96D223FAB50DBC57~ATpl~Ecommon~Scontent.html
und als eine derjenigen, die die Pille aus medizinischer Indikation nimmt, drängen sich mir da verschiedene Fragen auf...
Gibt es hier Mitleserinnen katholischen Glaubens, für die der Glaube mehr ist als ein Eintrag auf einem Formular? Wie ist Eure Einstellung dazu?
Wie mag die Einstellung des Papstes zu diesen spezielelren Fällen sein, wo eine medizinische Indikation vorliegt? (okay, hier ist alles Spekulation, ich weiß)

Grüße
Anja

Offline maulwurfinchen

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Re: Benedikt
« Antwort #1 am: Oktober 30, 2007, 20:03 »
Ich persönlich bin nicht katholisch, habe aber eine Vorliebe für solche Diskussionen...
Meine ehemaliger Lateinlehrer, seines Zeichens auch Lehrer für katholische Religion, vertrat vehement den Standpunkt, die Pille sei mit Abtreibung gleich zu setzen, weil sie eben das Einnisten des Fötus verhindere. Die katholische Einstellung dazu ist ja eindeutig. Die Lösung liegt deren Ansicht nach bei Enthaltsamkeit.
Eine amerikanische Kommilitonin (die inzwischen Nonne ist) vertrat dazu den Standpunkt, dass Abtreibung IMMER Mord sei, es gäbe keine medizinische oder psychologische Indikation dafür. Dieselbe Meinung hörte ich auch von einem katholischen Arzt.
Ich denke und hoffe aber, dass die meisten Katholiken das anders sehen, wobei es sicher nicht angenehm ist, etwas zu tun, was die eigene Kirche als Mord bezeichnet. Meiner Ansicht nach ist diese Aussage skandalös und menschenfeindlich. Grade bei Krankheiten ist eine ungewollte oder ungeplante Schwangerschaft nicht nur für die potentielle Mutter schlimm, sondern eben auch für das Kind, das eventuell schlimmste Schäden davonträgt, ob nun psychischer oder physischer Natur.
pumpi seit 11 jahren - paradigm 722 - typ 1 seit 1999 - humalog + 2x850mg metformin


Offline Llarian

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Re: Benedikt
« Antwort #2 am: Oktober 30, 2007, 22:59 »
Das ist eben auch mein standpunkt. Man kann die Diskussion noch weiter treiben: Dürfen Menschen, die keine Kinder zeugen sollten/können, heiraten?
Ich war vor kurzem auf der Hochzeit eines katholischen Paares und war von der Betonung der Fruchtbarkeit im Gottesdienst doch etwas unangenehm berührt... der hoffentlich zahlreiche Kindersegen wurde mehrfach erwähnt. Was, wenn sich nach einiger Zeit herausstellt, daß das Paar keine Kinder haben kann? Muß sich der "Schuldige" vom Partner trennen, damit sich der jemand fruchtbares suchen kann? Sind Menschen, die keine Kinder zeugen werden, weniger wert?

Grüße
Anja

Offline Joa

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Re: Benedikt
« Antwort #3 am: Oktober 30, 2007, 23:25 »


[...]



Eher sowas wie "Kaffeeklatsch" :kratz:
(Kaffeeklatsch = Diskussionen über Dieses und Jenes)

Besser zu verschieben?

Gruß
Joa
« Letzte Änderung: Oktober 30, 2007, 23:47 von Joa »
Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra

Offline Llarian

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Re: Benedikt
« Antwort #4 am: Oktober 30, 2007, 23:49 »

Eher sowas wie "Kaffeeklatsch" :kratz:
(Kaffeeklatsch = Diskussionen über Dieses und Jenes)

Besser zu verschieben?

Jein. Mal konkret: was macht eine katholische Diabetikerin, die nicht ungeplant schwanger werden darf? Sündigen und die Pille nehmen? Wenn der Apotheker auf das Rezept die Pille verweigert, einen Platz auf dem Friedhof reservieren und schon mal das TEstament machen? Welche Konsequenzen ergeben sich für die praktische Diabetestherapie in überwiegend katholischen Bundesländern, wenn der Apotheker wie vom Pabst gefordert, in medizinische Entscheidungen eingreift? Darf der Apotheker das nach dem Arzneimittelgesetz überhaupt? Der Pabst ruft zu "Dienstverweigerung" auf. Kann das einen Apotheker die Zulassung vor der Apothekerkammer kosten?

Grüße
Anja

Offline Angela

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Re: Benedikt
« Antwort #5 am: Oktober 31, 2007, 08:19 »



[...]



Eher sowas wie "Kaffeeklatsch" :kratz:
(Kaffeeklatsch = Diskussionen über Dieses und Jenes)

Besser zu verschieben?

Gruß
Joa


würde ich auch sagen, weil mit Diabetes hats ja im Grunde nix zu tun.... aber wenn alle dagegen sind, lasse ich es hier.

ansonsten ist es glaub ich besser ich äußer mich nicht zu diesem Thema, weil die in der Kirche nicht unbedingt meine Freunde sind. :nein: naja........
Und wenn ein Apotheker das Rezept verweigern würde, das würde ich ja noch schlimmer finden.  :patsch:
**************
 :unschuldig: LGAngela :unschuldig:

Offline Llarian

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Re: Benedikt
« Antwort #6 am: Oktober 31, 2007, 09:16 »
weil mit Diabetes hats ja im Grunde nix zu tun....

Das hatte ich ja oben geschrieben, wo ich den Zusammenhang mit Diabetes sehe. Diabetes ist mit einer DER klassischen medizinischen Indikationen für die Pille. Und wenn jetzt auf einmal diverse Diabetikerinnen ungeplant schwanger werden, werden danach die Dialysepraxen regen Zulauf haben. Ist das vielleicht das Ziel der Aktion?

Grüße
Anja

Offline vreni

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Re: Benedikt
« Antwort #7 am: Oktober 31, 2007, 09:28 »
Wir haben doch Gewaltentrennung zwischen Kirche und Staat.  
Also gäbe es wohl erst Gesetzesänderungen und das wird nicht passieren.

Wer freiwillig Papstgläubig ist, der solls ausleben, ist doch sein eigener Entscheid ob Lebensgefahr oder nicht.
Bei Zeugen Jehovas sind es die Bluttransfusionen die verboten sind.

Vielleicht sind ja Märtyrer heute wie der gefragt  :kratz: in Hinblick auf ein eventuelles Weiterleben nach dem Tod.

Offline Llarian

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Re: Benedikt
« Antwort #8 am: Oktober 31, 2007, 09:48 »

Wer freiwillig Papstgläubig ist, der solls ausleben, ist doch sein eigener Entscheid

Und wenn mich der Apotheker dran hindern will? Renn ich dann durch die ganze Stadt, bis ich einen ungläubigen Apotheker gefunden habe?

Grüße
Anja

Offline klausing

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Re: Benedikt
« Antwort #9 am: Oktober 31, 2007, 09:56 »
Ich bin zwar nicht kirchlich, aber ne Meinung hab ich dazu auch.
Zitat
die Pille sei mit Abtreibung gleich zu setzen
Ging es dem Grundkonzept der Kirchen nicht immer um das Wohl der Menschen, seiner Seele und allem was man der göttlichen Schöpfung zuordnen kann? Dabei hat Gott ganz bewußt den Wesen ein eigenes Bewußtsein, Verstand und die Fähigkeit sich die Welt "hinzubiegen" gegeben.
Der verantwortungsvolle Umgang damit wurde dem Menschen vereinfacht, in dem man die Dinge in Gut und Böse einteilte. Die Diskussion darüber was gut und was böse ist wird dabei aber sehr kontrovers geführt und ist selbst in vielen Stellen der Bibel reine Interpretationssache. Da erinner ich nur mal an Luther der heute "vor ein paar Tagen" seine Thesen in Wittenberg ans Kirchentor nagelte.

Es kann daher nicht sein, dass es "Böse" sein soll wenn man die Entstehung von Leben durch die Pille verhindert. Biologisch gesehen macht der Mann dies jeden Tag wenn er auf Toilette geht und alle ungenutzten Spermien mit dem Wasserlassen "entsorgt" werden. Hat er hier nicht auch die Entstehung von Leben verhindert?
Wie kann es sein, dass der eine Eingriff in die Schöpfung Böse sein soll, wenn wir das aber tausendfach jeden Tag tun um unseren Teller mit Fleisch zu füllen, dann ist es das nicht?

Auch unter einem anderen Gesichtspunkt würde ich die Pille auch für Gläubige Menschen als unproblematisch einstufen. Wenn man nämlich sagt man verhindert Leben, dann sollte man erst mal klären was Leben ist. Chemiker sprechen schon ab ein paar Molekülverbindungen von Leben. Biologen betrachten alles was sich selbst reproduziert als Leben. (Ist dann ein Computervirus auch Leben und Virenscanner antichristlich?). Philosophen betrachten Leben da als Leben wo etwas sich selbst bewußt ist.
Daher muss jeder für sich selbst entscheiden wo er diese Grenze zieht. Für mich persönlich ist es dort wo eine befruchtete Eizelle vorhanden ist. Alles was vorher ist, sind für mich die Bausteine zum Leben aber nicht Leben im eigentlichen Sinn.