Autor Thema: Schema B bei geplantem Sport  (Gelesen 16863 mal)

Offline Ina

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #40 am: Mai 09, 2011, 08:05 »
So kommste wohl nie zu Potte.
- ich fürchte Du hast recht!
Jedenfalls fände ich es intelligenter die Schwankungen durch multiple Faktoren (Hypos & Resistenzen) möglichst zu minimieren und eine planbare Größe, nämlich die temporäre BR-Senkung/Erhöhung zu nehmen. Ernsthafte Resistenzen aus kurzfristigen Basalunterschreitungen sind nicht zu erwarten.
- Und was sind "kurzfristige Basalunterschreitungen"? - Ich meine wenn ich länger unterwegs bin (wofür ich das angedacht habe) handelt es sich schnell mal um 5-8 Stunden. Das ist dann ja nicht mehr "kurzfristig", oder? - Ich hatte vor ein paar Wochen mal Luft im Schlauch und anscheinend die für's Frühstück - sagenhafte 1,7 BE - gespritzt. Der Morgenwert war normal (80-110). 3h später BZ jenseitig, Übelkeit, Azeton +... Irgendwie hab' ich da einfach Schiss.  Ich werd's wohl mal stundenweise probieren - so mit 2h anfangen, dann kann ich ja sehen was passiert. Einmalige Schema B-Gaben kennt frau ja aus monatlicher Anwendung  ;D
Wenn Du parametrisieren willst, ist natürlich ein CGMS das Mittel der Wahl. Oder halt alle 20 oder 30 Minuten messen.
Damit bekommst Du erst mal Basisdatenmaterial. Da Du eh zumeist aerob bleibst, ist Puls & CO absoluter overload und meiner Meinung nach erst mal ziemlich unnütz.
Hm. Vielleicht kann man so ein CGMS mal für eine begrenzte Zeit bekommen? Um besser Erfahrungen zu sammeln? Oder muss ich dafür in der KK randalieren?

Der Herzfrequenzmesser wäre wl. nützlich um mich vor Überlastungen zu warnen. Kann ich bei Zeitmangel (wenn ich hetze) oder den Berg 'rauf oft nicht ausschließen.

Naja, die Baustelle ist eröffnet, schau'n ma mal wies werd!

Ade, Ina

Offline Joerg Moeller

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #41 am: Mai 09, 2011, 10:55 »
Ich glaube im Insuliner Artikel zur Anpassung an Bewegung stand, dass durch die mögliche Unterschreitung des basalen Bedarfes einerseits Resistenzen, andererseits aber auch eine erhöhte Glucosefreisetzung der Leber provoziert werden kann/wird.

Aber eben deswegen senkt man ja auch die BR temporär ab. Die BR ist ausschließlich für den basalen Bedarf gedacht und der sinkt nunmal beim Sport.

Würde man diese (Un)Logik generell zurgundelegen brauchen wir nur eine BR pro Tag und gleichen die Abweichungen mit BE und Boli aus :balla:

Ein (kurviges) Basalprofil entsteht, weil man die tagszeitabhängigen Schwankungen im Basalbedarf des Körpers berücksichtigt.
Andreas - und mit ihm viele andere diabetische Sportler - machen nichts anderes, wenn sie eine temp. BR eingeben.

Und ebenso wie der Büromensch sein für ihn optimales Basalprofil finden muß gilt das auch für den Sportler.

Und daß bei sinkendem Insulinspiegel sowohl die hepatische Glucosefreisetzung als auch die Lipolyse gesteigert wird ist im Sport ein gewünschter Effekt, wie er auch bei einem völlig Gesunden auftritt.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline diotmari

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #42 am: Mai 09, 2011, 11:13 »
Aber eben deswegen senkt man ja auch die BR temporär ab. Die BR ist ausschließlich für den basalen Bedarf gedacht und der sinkt nunmal beim Sport.
Seit ich meine Pumpe habe, nutze ich diese Möglichkeit immer, wenn ich mich "gleich" einer ungeplanten körperlichen Aktivität stellen darf. Dazu braucht's keinen Sport. Mir reicht schon ein größerer Einkauf. 30% runter mit einem zeitlichen Überhang von einer halben Stunde nach Beendigung der Aktivität ersparen mir seit dem das lästige Colasüppeln an der Kasse! :ja:
Ich kann nicht bestätigen, daß der "Effekt" erst nach "Stunden" einsetzt - und anhalten soll.
Bin mit knapp 70iE/d sicherlich nicht der insulinempfindlichen Fraktion zuzuordnen...

Viele Grüße
Dietmar
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DF

Offline Joa

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #43 am: Mai 09, 2011, 19:42 »
Zitat von: Ina link=topic=10546.msg277975#msg277975
- Und was sind "kurzfristige Basalunterschreitungen"

Wenn Du Teupe fragst, steht da irgenwo die Angabe, dass eine Lipolyse (relevante Fettsäurenresistenz) ab etwa 4 Stunden zu erwarten sei.

Zitat
- Ih meine wenn ich länger unterwegs bin (wofür ich das angedacht habe) handelt es sich schnell mal um 5-8 Stunden. Das ist dann ja nicht mehr "kurzfristig", oder?


Nö. Das ist schon etwas länger als kurzfristig. Aber wohl der/dem, die/der ein BZ-Messgerät besitzt und ausreichend Teststreifen mitführt, um z.B. all 2h zu messen. Und schon kann eine Unterschreitung nur noch kurzfristig aufreten.

Zitat
Ich hatte vor ein paar Wochen mal Luft im Schlauch und anscheinend die für's Frühstück - sagenhafte 1,7 BE - gespritzt.

Erstaunlich, wie hast Du den Anschein von 1,7 IE berechnet, wenn da unbemerkte Luft im Schlauch war?  :kratz:

Zitat
Der Morgenwert war normal (80-110). 3h später BZ jenseitig, Übelkeit, Azeton +... Irgendwie hab' ich da einfach Schiss.

Und wieviel Stunden Basalversorung haben da insgesamt und total gefehlt? Solche Erfahrungswerte sind eine völlig andere Baustelle, zumal Du eine TBR ja nun nicht auf Null-setzt, jedenfalls nicht für längerfristig.

Zitat
Hm. Vielleicht kann man so ein CGMS mal für eine begrenzte Zeit bekommen? Um besser Erfahrungen zu sammeln? Oder muss ich dafür in der KK randalieren?

Das kommt sicherlich einerseits auf Deine KK und andererseits auf Deine und die ärztliche Begründung an. Die Spanne reicht wohl von: "nur über unsere Leichen", bis hin zu relativ kulanter Handhabung mit Sinn und Verstand.

Zitat
Der Herzfrequenzmesser wäre wl. nützlich um mich vor Überlastungen zu warnen. Kann ich bei Zeitmangel (wenn ich hetze) oder den Berg 'rauf oft nicht ausschließen.

Nu, wenn Du mal Deine ANS (anaerobe Schwelle) definiert hast, kannst Du am Pulsmeter hinterher abschätzen, warum der BZ ggf. gestiegen ist.

Oder halt einfach daran, wie deutlich Dir bei der Aktion die Aer (=Luft) knapp wurde.

Denn aber: fröhliches Basteln auf regelwerkigen Abwegen!

Gruß
Joa
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Offline Ina

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #44 am: Mai 10, 2011, 15:52 »
So, weil Ihr alle so unermüdlich auf mich eingeredet habt will ich Euch das Ergebnis meiner ersten BR-Senkung zwecks "Sport" nicht vorenthalten:

Gestern radelte ich los, setzte unseren blinden Freund auf's Tandem und dann fuhr mein Mann auch noch mit - ein bisschen über Land, nix Weltbewegendes, mit dem Tandem aber doch "Sport". 1h vor der geplanten Abfahrt habe ich die BR um ca. 10% gesenkt (war aber eh' schon in einer leichten Up-Tendenz, da fiel mir das leichter  ;D) und 30 Min. vor dem Heimkommen wieder erhöht (auf -0,6iE/24h vor der Ausgangs-BR wg. der Up-Tendenz).

BZ: 58 (war zu Anfang der Aktion 'runtergerutscht wl. wg. "Up"), 3 BE. dann 161, 105, 114, am Abend dann 87... :zwinker: mal sehen ob das beim nächsten Mal auch so klappt. Wir sind sogar noch in ein Weinfest mit Wein und Rippchen geraten und auch das hat geklappt - heute früh waren's 120. :banane:

Ade, Ina

Offline Andreas

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #45 am: Mai 11, 2011, 15:52 »
Hier mal mein Blutzuckerverlauf samt Therapieanpassung vom 25 km Lauf in Berlin, den ich an der anaeroben Schwelle absolviert habe. Mit der Zeit von 1:53:31 bin ich sehr zufrieden, da ich - nach einem Zehenbruch - erst seit sechs Wochen wieder laufen kann.



Zum ersten Mal habe ich extra für den Lauf eine eigene Basalrate programmiert, die - wie ich finde - perfekt funktioniert hat. Ziel ist die Nachahmung des Insulinspiegels eines Stoffwechselgesunden, vor allem eine starke Absenkung am Beginn des Laufs (3, 4). Diese Absenkung führt dazu, dass die Gegenspieler des Insulins ausgeschüttet werden, Glucagon und Adrenalin regen die Leber an, Glucose freizugeben, außerdem springt der Fettstoffwechsel an. Beide Energiequellen brauche ich für den knapp zweistündigen Lauf an der anaeroben Schwelle.
Eine halbe Stunde vor dem Lauf nehme ich 4 leichtverdauliche BE zu mir (Toastbrot mit Honig, 4), was ebenfalls den einschlägigen Ernährungsratschlägen entspricht. Das Vitargo-Gel (2 BE, 6) ist das Einzige, was ich während des Laufs zu mir nehme. Den Zeitpunkt bei etwa 15 km finde ich ideal, liefert dieses Gel doch noch einmal zusätzliche Energie für die letzten 5 km.
Eventuelle Mini-Resistenzen sind gewollt (ich vermute eher ein Basalloch bei unverminderter Glucose-Bereitstellung durch den Fettstoffwechsel) und im Ziel mit entsprechenden Boli schnell durchbrochen (8, 9). Dabei hilft auch die Basalrate, die ich schon während des Laufs in zwei Schritten erhöhe (5, 7).
Nahrungsaufnahme und Bolus (10) begleiten mein Brunchen im Anschluss an den Lauf, auch die weiteren Boli decken Mahlzeiten ab (LowCarb, 11, 12).

Ich kann mir nicht vorstellen, dass _ich_ einen vergleichbaren Stoffwechselverlauf à la Teupe ohne BR-Änderungen hinbekommen könnte! Zugegeben, nicht immer funktioniert das so perfekt, insbesondere nicht im Wettkampf - im Training ist das aber die Regel.

Joa schreibt:
Zitat
Wenn Du Teupe fragst, steht da irgenwo die Angabe, dass eine Lipolyse (relevante Fettsäurenresistenz) ab etwa 4 Stunden zu erwarten sei.

Auch das ist - in _meinen_ Augen - ausgemachter Unsinn. Wer das Gegenteil sehen möchte, besuche meinen Blog und betrachte die Profile meines 100 km Laufs (14 Stunden) oder meines (Ironman-)Triathlons (10:30 Stunden):

- http://www.laufen-mit-diabetes.de/2009/08/13/100-km-trail-mongolia-sunrise-to-sunset/
- http://www.laufen-mit-diabetes.de/2010/07/25/challenge-roth-bericht/

Beide Wettkämpfe habe ich mit Basalraten-Unterschreitungen bestritten und rasselte nirgendwo in eine problematische Resistenz, auch wenn ich mit beiden Blutzuckerkurven nicht zufrieden bin, das geht besser. Aber man muss auch bedenken, dass solche Belastungen in Wettkampfsituationen einmalige Ereignisse sind, für die ich keinerlei Erfahrungen besessen habe. Mein zweiter Hunderter bzw. mein zweiter Langdistanz-Triathlon würde definitiv anders sein.

Viele Grüße,
Andreas
Eine gute Diabetes-Therapie muss einfach sein.


Offline Joa

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Re: Schema B bei geplantem Sport
« Antwort #46 am: Mai 12, 2011, 00:46 »
Hallo Andreas,

Congratulations zur Lauf BR!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass _ich_ einen vergleichbaren Stoffwechselverlauf à la Teupe ohne BR-Änderungen hinbekommen könnte! Zugegeben, nicht immer funktioniert das so perfekt, insbesondere nicht im Wettkampf - im Training ist das aber die Regel.
Ich weise mal wieder darauf hin, dass Teupe selber sagt, seine Anpassung an Bewegung schließt nicht  Leistungssport ein.

Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Teupe Dir eine alleinige Bolusanpassung vorschlagen würde.  :kratz:  :nein:

Zitat von: Anreas
Zitat von: Joa
Zitat von: Andreas
Joa schreibt:
Wenn Du Teupe fragst, steht da irgenwo die Angabe, dass eine Lipolyse (relevante Fettsäurenresistenz) ab etwa 4 Stunden zu erwarten sei.
Auch das ist - in _meinen_ Augen - ausgemachter Unsinn. Wer das Gegenteil sehen möchte, besuche meinen Blog und betrachte die Profile meines 100 km Laufs (14 Stunden) oder meines (Ironman-)Triathlons (10:30 Stunden):

Beide Wettkämpfe habe ich mit Basalraten-Unterschreitungen bestritten und rasselte nirgendwo in eine problematische Resistenz...

Das sind andere Verhältnisse. Bitte nicht Äpfel mit Plaumen vergleichen.  :nein:

Unter massiver körperlicher Leistung läuft nicht nur die Glucoseverbrennung auf einem deutlich anderen Level, sondern sicherlich auch die Fettsäurenoxidation. Ich gehe mal davon aus, dass es daher auch nicht zu einer ausgeprägteren Fettsäurenresistenz in den Mitochondrien der Zellen kommen tut. Kann ich aber nicht als biochemische Beweiskette ausführen.   :staun:

Jedoch auch für den Normalo-freizeitsportiven-Diabetiker will ich ja Teupes Modellansatz nicht als Seelenheil preisen.
Eher im Gegentum. Der Vorteil ist, wenn er anwendbar klappt, dass er Fehlerquellen deutlich reduziert, bzw. sogar ausschließt.
Es ist sozusagen und insbesonder "AD-fähig".

Mit dem aus Deiner Brunching-Darstellung ableitbaren Methode: Normalisierte Insulinspiegel, KH-Angebot zum Nachfüllen der Glycogenspeicher und Bolusinsulinanflutung werden ggf. doch vorhandene FFS-Rückstände nach Insulinreduktion m.M.n. auch schon ausreichend sicher aus den Zellen ausgespült.

Gruß
Joa
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