Autor Thema: Eine kleine Geschichte  (Gelesen 5951 mal)

Offline Rene

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Eine kleine Geschichte
« am: Oktober 12, 2004, 19:26 »
Ich möchte euch heute eine kleine Geschichte erzählen. Wie Ihr vielleicht schon mitbekommen habt, bin ich ein Thailandfan. In THL selbst war ich bis jetzt leider nur 3x.
Das Land hat mich faziniert, neugierig gemacht. Ich habe viel Schönes, Interessantes, Exotisches da gesehen, was in meinen Augen den Reiz diese Landes ausmacht. Habe aber auch die Schattenseiten gesehen und mir so meine Gedanken dabei gemacht.
Beieindruckt hat mich am meisten die ehrliche Freundlichkeit der Menchen mir gegenüber. Von Leuten die mich nicht kannten und sehr viel ärmer waren.
Tief beeindruckt hat mit das Schicksal, Leben eines 12-jährigen Mädchens in Rayong.
Meine Frau und ich waren auf dem Weg von Bangkok nach Ko Samet. In Rayong haben wir in einem kleinen Strandrestaurant Rast gemacht. Bedient wurden wir von einem 12-jährigen Mädchen. Meine Frau frage sie, ob sie noch zur Schule gehe. Das Mädchen erzählte ihr dann, das im vorigen Jahr ihr Vater gestorben sei und sie jetzt mit ihrer Mutter alleine lebt. Das kleine Restaurant aber nicht soviel einbringt, das ihre Mutter jemanden einstellen könnte und das Geld für die Schule nicht reichen würde.
Sie aber würde gerne noch weiter zur Schule gehen. Ihre Schulkameradinnen haben aber beschlossen ihr zu helfen. So kommen sie am Nachmittag nach der Schule zu ihr. Eine macht dann ihre Arbeit im Restaurant und die anderen versuchen ihr soviel wie möglich vom Unterrichtsstoff zu vermitteln. Manchmal darf auch eine ihrer Freundinnen, die sehr gut in der Schule ist, sie vertreten und dann kann sie mal wieder einen Tag am Unterricht teilnehmen.
Ihre Schule fand diese Idee ihrer Freundinnen sehr gut und unterstützt sie soweit es geht. Sie bekommt die Bücher von der Schule, die anderen bekommen keine Probleme, wenn sie sie "vertreten" und die Lehrer kommen auch in regelmäßigen zu ihr um mit ihr zu lernen.
Alle wollen ihr es irgendwie ermöglichen, doch noch einen Abschluß zu machen.

Ihre Geschichte ist mir ganze Zeit auf Ko Samet nicht aus dem Sinn gegangen. Ich habe ich meine Frau gefragt, wie können wir Ihr am besten helfen.  Einfach nur Geld geben wollten wir nicht. Die Mutter hätte sich verletzt gefühlt. Nach einer Woche,  auf dem Rückweg haben wir wieder dort Rast gemacht. Sie hat sich sehr gefreut uns wieder zu sehen. Zwie Freundinnen waren da. Sie war gerade am Lernen. Meine Frau hat dann mit Ihrer Mutter gesprochen und ihr erzählt was wir uns ausgedacht hatten. Die Mutter war einverstanden.
So fuhren wir also mit dem Mädchen in die Stadt und haben ihr eine neue Schuluniform geholt, eine neue Schultasche und Bücher, Hefte für die Schule. Sie hat sich riesig grefreut, da ihre Schuluniform ihr zu klein war und sie sich immer eine leihen musste.
Wie wir wieder im Restaurant waren, war mittlerweile fast ihre gesamte Klasse da. Auch zwei oder drei Lehrer. Und wie das nun mal so ist wenn eine Schulkasse zusammen ist, es hörte sich an wie in einem Gänsestall. Die Mutter hat uns eingeladen doch über Nacht zu bleiben. Das taten wir auch.
Auf einmal war meine Frau weg. Ich saß da, in mitten von ca. 20 Kindern und den Lehrern. Mit ein wenig englisch und mit Händen und Füßen haben wir uns unterhalten. Auf meine Fragen, ob jemand wüsste wo meine Frau ist bekam ich keine Antwort. Ich machte mir schon langsam Sorgen, aber dann kam etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.
Irgend jemand schleppte einen Fernseher herbei. Eine Karaokeanlage und riesige Lautsprecher.
Meine Frau kam mit der Mutter und einem riesigen Berg an Essen. Es war ein ein wunderschöner Abend inmitten einer kleinen thailändischen Gesellschaft. Nun ist es so, das Thailänder Karaoke über alles lieben. Es kamen Leute aus der Nachbarschaft, Durchreisende hielten an. Die Karaokevorstellungen der Jungs und Mädchen aus Ihrer Klasse waren einfach köstlich. Das einzige was mir wenig zu schaffen machte, waren die Angriffe in der Nacht seitens der thailändischen"luftwaffe". Ich sah am nächsten morgen ziemlich zerstochen aus.
Wie sich die Gesellschaft dann so langsam lichtete, sah ich das viele dem Mädchen oder der Mutter mit einem Wai (gefaltete Hände) ein Briefumschlag gaben.
Später hat mir meine Frau das erklärt. Die Mutter hatte uns und die Freundinnen eingeladen. Und als eingeladener Gast braucht man nichts zu bezahlen. Als Gastgeschenk oder als Dankeschön ist es aber üblich einen Geldbetrag in einem Umschlag zu überreichen. Dabei kommt es nicht auf die Summe an. Egal ab es nur 10 oder 100 Bath sind.
Am nächsten Morgen kam dann die Mutter einer Freundin in Restaurant und sagte ihr das einige Frauen im Restaurant helfen wollen damit die Tochter wieder zur Schule gehen kann. Sie wollten diese kleine Familie unterstützen und helfen das kleine Restaurant ein bißchen schöner und attraktiver zu machen.
Meine Frau hat mir später erzählt, das die Familie früher ziemlich geschnitten wurde. da sie aus dem Issaan zugewandert war. Der Issaan gilt als das Ostfriesland Thalandsun ist eine der ärmsten Regionen.
Um sieben Uhr morgen hielt dann der Schulbus am Restaurant und ein 12-jähriges Mädchen stieg mit einer neuen Schuluniform und Tränen in den Augen ein. Diesen Anblick werde ich mein ganzes Leben nicht mehr vergessen. Leider weiß ich nicht wie es der Familie heute geht. Eine Adresse oder Telefonnummer hab ich nicht. In Thailand war ich vor 3 Jahren das letzte mal. Wenn ich wieder nach Thailand fliege, werde ich versuchen dieses kleine Strandrestaurant in Rayong zu finden. Ich hab dort meinen schönsten Urlaubstag in Thailand verlebt.

René

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Offline Gela

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #1 am: Oktober 12, 2004, 21:15 »

Schluck... . Ich hoffe für dich, dass du dort noch einmal Urlaub machst!
Gela
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Offline Angela

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #2 am: Oktober 12, 2004, 22:02 »
Das ist aber wirklich eine nette Geschichte. Ich denke sowas vergißt man nicht. Vielleicht solltet ihr doch wieder mal hinfahren? Immerhin beschäftigt es euch ja noch.  :ja:
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Offline Rob Fleming

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #3 am: Oktober 12, 2004, 22:57 »
Hi Rene,

war sicher ein Erlebnis, das einen prägt und von dem man auch noch seinen (Ur)Enkeln erzählt. Die meisten Menschen erzählen nach einem Urlaub vom schönen Strand, vom tollen Service im Hotel, klimatisierten Mietauto, auch die Getränke an der Bar waren im All-Inclusive-Paket dabei etc. - hat auch alles seinen Reiz und seine Berechtigung - man muss ja schließlich auch mal relaxen. Aber das ist nunmal der Unterschied zwischen "nur Urlaub machen" und "einer Entdeckungsreise/Expedition, um eine fremde/andere Kultur und die Menschen kennenzulernen".

Zitat
Das Land hat mich faziniert, neugierig gemacht. Ich habe viel Schönes, Interessantes, Exotisches da gesehen, was in meinen Augen den Reiz diese Landes ausmacht. Habe aber auch die Schattenseiten gesehen und mir so meine Gedanken dabei gemacht.
Beieindruckt hat mich am meisten die ehrliche Freundlichkeit der Menchen mir gegenüber. Von Leuten die mich nicht kannten und sehr viel ärmer waren.

Deine wirklich berührende Geschichte erinnert an klassische Reiseberichte von früher (ein bisschen Heinrich Harrer in 7 Jahre in Tibet)  :ja:

Ich wünsche dir und deiner Frau jedenfalls noch viele tolle Reisen mit noch viel mehr tollen Erlebnissen! :super:

P.S.: Übrigens - auch ich lerne gerne fremde Kulturen und Menschen kennen - allerdings bevorzugt in div. Pubs in Irland (Dublin, Kilkenny, Athlon ...)  :zwinker:
Liebe Grüße
Rob

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Offline Joerg Moeller

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #4 am: Oktober 13, 2004, 18:28 »
P.S.: Übrigens - auch ich lerne gerne fremde Kulturen und Menschen kennen - allerdings bevorzugt in div. Pubs in Irland (Dublin, Kilkenny, Athlon ...)  :zwinker:

Du wirst mir immer sympathischer :zwinker:

Dann hast du bestimmt auch das "irische Tagebuch" von Heinrich Böll gelesen...
Ich war da leider noch nie, aber irgendwann werd ich auch mal hinfahren :ja:
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Offline Rob Fleming

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #5 am: Oktober 13, 2004, 19:31 »
Du wirst mir immer sympathischer :zwinker:

Merci vielmals und  :prost: !

Für deinen nächsten Wien-Trip: es gibt auch in Wien ein tolles Irish-Pub - 1. Bezirk Johannesgasse - heißt Flanagan - gleich in der Nähe vom Hooters (das ich natürlich nur vom "Hörensagen" kenne)  :rotwerd:

Zitat
Dann hast du bestimmt auch das "irische Tagebuch" von Heinrich Böll gelesen...

Nein, leider nicht - muss ich gleich mal bei Amazon vorbeischauen - Danke für den Tipp  :super:

Zitat
Ich war da leider noch nie, aber irgendwann werd ich auch mal hinfahren


War Ende Mai/Anfang Juni mit einem Kumpel dort und es war einfach sensationell (nicht nur die Pubs) - bin grad dabei, eine eigene Homepage zu basteln (1. Versuch - mal schauen, was da rauskommt) und dort werd ich die Fotos einstellen - poste den Link dann hier im Forum.

Tja, und im Juni 2005 gehts wieder los - gebucht wird nur der Flug, alles andere ist dort total easy! :tanz:

Und bis dahin gibts zur Überbrückung bei uns im Gwölb - www.gwoelb.com - noch die eine oder andere Irische Veranstaltung  :klatsch:
Liebe Grüße
Rob

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Offline Rene

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #6 am: Oktober 13, 2004, 21:31 »
Ein paar Antworten,

Heinrich Harrer un Heinrich Böll habe ich nicht gelesen. Hab im Augenblick nicht die Ruhe um gute Bücher zu lesen.

Geschrieben habe ich die Geschichte einfach aus dem Bauch heraus, aber mit der Intension hier um Forum mal auch über
etwas Anderes zu schreiben und zu diskutieren.  :ja:

In Wien war ich vor Jahren ein paar mal. Hab da mal Cats gesehen.

Ich weiss nicht wann ich das nächste mal Urlaub machen kann geschweige nach Thailand fliegen kann :ciao:

Liegt einfach daran, das ich seit einem Jahr keine Arbeit habe.  :nein:

Und dann werde ich aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit meiner Frau zusammen fliegen :tss:

Ich Idiot :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: habe einen großen Fehler gemacht :traurig:

Und das mit den Enkelkindern werd ich wohl nicht erleben.


René
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Offline Angela

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #7 am: Oktober 13, 2004, 23:08 »

Und dann werde ich aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit meiner Frau zusammen fliegen :tss:

Ich Idiot :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: :mauer: habe einen großen Fehler gemacht :traurig:

Und das mit den Enkelkindern werd ich wohl nicht erleben.

hm, was ist passiert? Willst du darüber reden?
**************
 :unschuldig: LGAngela :unschuldig:

Offline Rene

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #8 am: Oktober 13, 2004, 23:28 »
hm, was ist passiert? Willst du darüber reden?

Später, ist eine andere aber lange Geschichte.

René
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Offline Joerg Moeller

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Re: Eine kleine Geschichte
« Antwort #9 am: Oktober 14, 2004, 11:27 »
Für deinen nächsten Wien-Trip: es gibt auch in Wien ein tolles Irish-Pub - 1. Bezirk Johannesgasse - heißt Flanagan

Spielen die da auch irish folk? Ich mag keine "irischen Pub", wo dann die Hitparade rauf und runter gedudelt wird.

Zitat
Zitat
Dann hast du bestimmt auch das "irische Tagebuch" von Heinrich Böll gelesen...

Nein, leider nicht - muss ich gleich mal bei Amazon vorbeischauen - Danke für den Tipp  :super:

Oh mach das, du wirst es lieben!!!

Böll kann so wahnsinning gefühlvoll mit Worten umgehen und an diesem Buch merkt man gleich, daß es nur eine geschrieben haben kann der Irland wirklich liebt.

Zitat
Fotos einstellen - poste den Link dann hier im Forum.

Ja bitte!

Ihr seht ja jetzt im Moment die Helloween-Smileys (passend zur Jahrezeit eben).
Ich hab aber auch St.Patricksday-Smileys  :zwinker:
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