Vor Tagen fuhr durch unsere Stadt,
ein Wagen, der nur Trödel hat.
Er war bei uns so gegen viere,
da schellte es an unsrer Wohnungstüre.
Ein Trödler ging von Haus zu Haus,
und schellte alle aus der Wohnung raus.
Meine Frau frag'e ihn nach dem Grund -
er tat Bedarf nach Gerümpel kund.
Sie überlegte lange hin und her,
was herzugeben fiel ihr schwer,
sie bat ihn etwas zu benennen,
wovon sie sich könnt leichten Herzens trennen.
Er sagte: „...ausrangierte, überflüssige Sachen“,
es käme ihm auf Unbrauchbares an.
Sie lacht und sagt, da liesse sich was machen:
„Einen Moment, ich gebe ihnen meinen Mann.“
________________________________________________________
Über die Neugierde
von Hannes F. Hofer
Es gibt auf dieser, Gottes eigenen und von ihm durchaus gut gemeinten Welt viele
Geschöpfe. Darunter gibt es neugierige Tiere, sehr neugierige Tiere und es gibt die
deutsche Frau. Letztere zeigt diese durchaus nicht immer negative Eigenschaft in
vielen Lebenssituationen, besonders aber, wenn es um die mangelnde Geduld ob der
Kenntnis des Inhalts von mehr oder weniger hübsch verpackten Überraschungen geht.
Zu Weihnachten ist es Tradition und daraus erwachsene Pflicht, sich zu beschenken.
Gemeint als kleine Geste des Dankes an geliebte oder zumindest gemochte
Menschen. Die Welt ist vermeintlich schneller geworden. Doch eigentlich ist nur die
Gier nach Erlebnissen größer geworden. Sei's wie es sei, die Zeit ist knapp,
weswegen man die Menschen der Gruppe geliebt oder gemocht - wie gegenseitig
vereinbart - vom Kreis der Beschenkten wie jedes, so auch dieses Jahr
ausnahmsweise ausklammert. Bleiben die weniger oder gar nicht Gemochten.
Das bestmögliche Geschenk ist, da der Empfänger alles hat und gar nichts braucht,
etwas, das sich mit seinen Interessen deckt und ihn demnach zumindest interessiert.
Nun haben Schenker und ungemochter Beschenkter meist keine gemeinsamen
Interessen oder zumindest keine Kenntnis von selbigen. Damit bleibt nur, eigennützig
oder blindlings zu schenken. An Ersteres denken wir besser gar nicht. Ein blindlings
ungemochter Beschenkter hat leider keine guten Chancen auf ein schönes
Geschenk. Was also bleibt?
Inhaltsunabhängig übt ein verpackter Gegenstand eine Faszination aus, die letztlich
nichts anderes ist, als positive Auswirkung der Neugierde. Genauer gesagt, das
Glücksgefühl über die eigene Stärke zur Überwindung der selbigen. Der Stolz
darüber, die Verpackung nicht schon vor Termin geöffnet oder mit sonstigen
unlauteren Mitteln sich Kenntnis von deren Inhalt erworben zu haben. Dieses
glückliche Gefühl, gemeinhin undifferenziert Vorfreude genannt, ist also alles was
bleibt und das unabhängig vom Inhalt. Konsequent zu Ende gedacht, sollten wir
schon im Januar leere Pakete zu Weihnachten verschenken und damit maximale
Vorfreude bei minimalen Kosten erzeugen.
Die deutsche Frau ist nach alledem zu Weihnachten das glücklichste Wesen. Als
neugierigstes Geschöpf auf Gottes Erden benötigt sie die meiste Überwindung dazu,
ihr Geschenk nicht schon vorzeitig auszupacken oder zumindest die meist beiläufig
angefügten Karten zu lesen. Gelingt ihr das dennoch, hat sie, unter allem was in der
Welt ist, die größte Freude an Weihnachten.