[Matthias Widner]

Tja, du,

wenn du jetzt in Rostock wohnen würdest, würde ich dir einen Cafe ausgeben, da die Polenstory wirklich ein wenig lang ist. Aber nur soviel: Polen ist wirklich ein Land der Gegensätze: Genauso wie du topmodern neben wirklich alt siehst (was Technik angeht: Ich bin seit 14 Jahren das erste Mal wieder mit einen Ikarus Bus gefahren), genauso siehst du den extremen Stadt-Land Unterschied, den Arm-Reich Unterschied u.s.w.

Was mich fasziniert hat, war die Geschwindigkeit, mit der das Land den Rückstand zu Westeuropa aufholt. Es war wirklich krass mit anzuschauen, wie schnell beispielsweise Warschau sich entwickelt (in allem, in der Infrastruktur, dem Clubleben...) Wenn man bedenkt, dass die Stadt genauso groß wie Hamburg ist, wirkt diese jedoch gegenüber Warschau eher tot und leblos. (SUBJEKTIVE MEINUNG!)

Soll ich fortfahren....?

[Angela]

Ich hab das mal getrennt. Klar erzähl ruhig.
Ich weiß nur von meinem Exfreund - er ist in Polen geboren - das die teilweise in der Technik sehr gut sind. Er meinte sie fangen erst an mit allem, aber sie haben sich auch viel vom Westen geholt und können eigentlich da weiterarbeiten. Meine Aerobictrainerin hat erzählt: der 4-jährige Sohn ihres Cousin - ihre Eltern stammen auch aus Polen - hat Leukämie. Und bei ihm war das Problem das es kein kompadibles Knochenmark gab. Das Kind wäre gestorben. Jetzt haben die die Knochenmarks von 2 Menschen genommen und das herausgefiltert was sie brauchen. Und das wurde in Polen gemacht. Ich muß mal wieder fragen wie es ihm geht, aber als ich das letzte Mal fragte ging es ihm gut. Also dürften die Polen am aufsteigenden Ast sein.

[Matthias Widner]

Naja, so einen Fall hab ich nicht mitbekommen.

Auch spricht einiges, was Diabetes angeht, leider gegen eine längerfristige Arbeit in Polen. Ich war bei einer lokalen SHG gewesen und dort war eine Insulinpumpe noch ein Wunderwerk der Technik. Bevor man eine polnische Krankenkasse dazu überredet bekommt, die Finanzierung zu übernehmen, hätte man sie in D schon längst.

Naja, und durch die vielen Reisen hat man die unterschiedlichsten Flecken kennengelernt. Vor allem Warschau, Danzig und Poznan haben mich total fasziniert. Szczecin ist eher eine langweilige Stadt für Kurzbesuche, da viel zerstört wurde und nicht wie in den benannten Städten wieder aufgebaut wurde. Auch die Lage ist eher unvorteilhaft, da z.B. Poznan auf der Berlin - Warszawa Axe liegt und somit allein was den Durchreiseverkehr angeht viel mehr verdient, ist der Hafen von Szczecin seit der Wende auf einen ewigen Abwärtskurs. Wie wenigen touristischen Highlights, die die Stadt hat, können dies vom BSP auch nicht ausgleichen.

Weiterhin hat die Stadt leider ein Einkaufstourismusproblem, was den Stand der deutschen Sprache in dieser Stadt nur noch schlimmer macht. Die Schüler haben streckenweise mit mir so argumentiert, dass sie nicht einsehen, warum sie Deutsch als Fremdsprache lernen sollen, wenn die deutschen Einkaufstouristen nicht mal Bitte und Danke auf Polnisch lernen wollen.

Seit ihr - Dein Ex und Du - viel durch Polen gereist?

[Angela]

Nein ich war nur einmal mit ihm mit. Aber für mich wars auch schlimm in Bezug auf Diabetes, weil man das alles schwer einschätzen hat können. Damals hab ich auch noch CT gemacht und alles was mir geschmeckt hat, hat den Zucker in die Höhe getrieben. Und es war auch schlimm mit der Sprache. Mein Ex hat damals wieder Leute getroffen die er schon 10 Jahre nicht mehr gesehen hat und wenn du kein Wort polnisch sprichst ist es da schwer. Aber seine Eltern waren auch mit und die haben sich immer um mich gekümmert.
Jetzt hat er eine Frau die auch aus Polen ist und da ist es natütrlich einfacher. 
Ich kann auch nur das sagen was er mir über Polen erzählt. Ob es stimmt oder nicht weiß ich nicht. Er hat mir auch mal erzählt, das die viel bessere Raketen zum abschießen zu Silvester haben.   

[Matthias Widner]

Naja, ob die nur bessere Pyrotechnik haben, wag ich ja ein wenig zu bezweifeln, da dies immer im Auge des Betrachters und der Geldrelation liegt.

Was ich immer ein wenig faszinierend fand, war der Gegensatz zwischen Feiern und Arbeiten. Polen sind in der Regel schon fleißiger und haben auch mehr Eigeninitiative als Deutsche, als Gegensatz dazu feiern sie immer sehr sehr feuchtfröhlich, was dann aber auch bedeutet, dass am nächsten Tag niemand auf Arbeit erscheint. Was wiederum interessanterweise lässig hingenommen wird. Es ist im warsten Sinne des Wortes, eine Mischung vom östlichen und westlichen Nachbar.

[Angela]

Sprichst du eigentlich polnisch? Oder bist du ohne Sprachwissen hin gefahren?

[Matthias Widner]

Ich wusste ehrlich gesagt nur Guten Tag, Bitte, Danke, und 1-3 vorher.

Hatte mir 2 Bücher gekauft, die nur geringfügig vorher gelernt (wie es halt immer so ist, man nimmt sich was vor und schiebt es konsequent nach hinten). Aber dadurch dass kaum jemand deutsch konnte und ich auch kein Dolmetscher in meiner Nähe hatte, musste ich halt polnisch lernen.

Am Ende, als Weihnachten konnte ich mich schon fließend, mit spontanen Wechsel ins Englische, unterhalten.