Autor Thema: Actos (Pioglitazon)  (Gelesen 15169 mal)

Offline maria

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 195
  • Carpe diem
Actos (Pioglitazon)
« am: Oktober 15, 2005, 13:03 »
@ all

hat jemand Erfahrungen mit diesen Tabletten, bzw. mit dem Wirkstoff Pioglitazon.

Maria

wir erleben täglich die süßen Momente des Lebens

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16968
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #1 am: Oktober 15, 2005, 18:47 »
Mit eigenen Erfahrungen kann ich zwar nicht dienen, aber ich kenne die Substanz ziemlich gut und kann dir möglicherweise Fragen dazu beantworten.
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/

Offline maria

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 195
  • Carpe diem
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #2 am: Oktober 16, 2005, 09:42 »
was ist das für ein Wirkstoff. Wie greift er in den Stoffwechsel ein. Kann man den Wirkstof mit Metformin oder ähnlichen vergleichen. Wann wird er eingesetzt. Weche Nebenwirkungen sind in Bezug auf das Gewicht vorhanden. Greift der Wirkstoff Organe an. Sind Hypos möglich. ??? ??? ???
Maria

wir erleben täglich die süßen Momente des Lebens

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16968
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #3 am: Oktober 16, 2005, 11:58 »
was ist das für ein Wirkstoff.

Der Wirkstoff heißt Pioglitazon und gehört zur Gruppe der Insulinsensitizer, macht also die Zellen empfänglicher für Insulin. Damit kann man sagen, daß er die dem DM2 häufig zugrundeliegende Insulinresistenz direkt angeht.

Zitat
Wie greift er in den Stoffwechsel ein.

Pioglitazon wirkt direkt in den Zellen. Insulin bindet ja an den Insulinrezeptor der Zelle und verschwindet dann mit dem Rezpetor in der Zelle. Dort wird ein biochemischer Prozeß ausgelöst, der Glucosetransporter in die Zellwand einfügt. Diese holen dann jeder ein Glucose-Molekül in die Zelle und verschwinden dann wieder.

Pioglitazon verstärkt diesen Prozeß und somit werden dann noch mehr Glucosetransporter gebildet und in die Zellwand eingefügt. Man kann also sagen, daß ein Molekül Insulin durch Actos mehr Glucose als ohne Actos in die Zelle holen kann. Dadurch sinkt der BZ deutlicher.

Zitat
Kann man den Wirkstof mit Metformin oder ähnlichen vergleichen.

In der Gesamtwirkung (senkt den BZ) schon, aber nicht der tasächlichen biologischen Wirksamkeit. Man konnte bei den Glitazonen auch beobachten, daß die Insulinproduzierenden Betazellen sich darunter wieder erholt haben und deren Gesamtzahl sogar zunahm. Das hat es bisher bei anderen Tabletten noch nicht gegeben. (Jedenfalls nicht in diesem Ausmaß)

Zitat
Wann wird er eingesetzt.

Das kommt immer auf den Arzt an, der es verschreibt. Manche setzen es ganz zu Anfang der Therapie ein, viele probieren es aber erstmal mit Metformin allein. Einige setzen es auch gar nicht ein. Ich würde es direkt zu Beginn in Kombination mit Metformin einsetzen.

Zitat
Weche Nebenwirkungen sind in Bezug auf das Gewicht vorhanden.

Unter Pioglitazon kommt es häufiger zu einer Gewichtszunahme. Wie gesagt: es bringt mehr Glucose in die Zellen. Aber eben nicht nur in die Muskelzellen, sondern auch in die Fettzellen. Und dort wird Glucose zu Speicherfett umgewandelt.

Zitat
Greift der Wirkstoff Organe an.

Ja, aber nicht direkt. Pioglitazon kann mehr Wasser im Körper zurückhalten. Dadurch kann eine bestehende Herzinsuffizienz (ungenügendes Pump-Vermögen des Herzens) verschlechtert werden. Es wird über die Leber abgebaut und überdie Nieren ausgeschieden, die dadurch natürlich auch mehr belastet werden.

Solche und ähnliche Nebenwirkungen findet man aber bei allen Tabletten, die auch eine positive Wirkung haben. Kürzlich wurden die Ergebnisse der PROActive-Studie vorgelegt, bei der es ausschlißelich um Pioglitazon ging. Teilgenommen haben über 5.000 Pat. aus 19 Ländern. Diese Studie konnte belegen, daß es unter Pioglitazon wesentlich weniger Todesfälle durch Herzinfarkt oder Schlaganfall gab als ohne Pioglitazon.

Pioglitazon wirkt nämlich auch positiv auf den Fettstoffwechsel ein. Es senkt die Triglyceride und erhöht das (gute) HDL-Cholesterin.
Zudem reduziert es die Dicke der Intima Media. Das ist eine Wand-Schicht in den Blutgefässen. Die werden also durch Pioglitazon weniger eng.

Zitat
Sind Hypos möglich. ??? ??? ???

Ja, allerding nicht im selben Ausmaß wie unter Sulfonylharnstoffen oder Insulintherapie.
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/

Offline Joa

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 3602
  • Country: aq
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #4 am: Oktober 16, 2005, 12:28 »
Hallo Jörg,


Pioglitazon wirkt nämlich auch positiv auf den Fettstoffwechsel ein. Es senkt die Triglyceride und erhöht das
(gute) HDL-Cholesterin.

Man hört derzeit, dass das mit gutem, schlechten und Cholesterin überhaupt eine absolute Ente war.
Der einzig positive Effekt einer Senkung des Cholesterinspiegels läge darin, dass das Märchen Milliarden in
die Kassen von Ärzten, Laboren und Pharmahaien gespült hat.

Überhöhte Cholesterinspiegel seien "nur" als Marker für andere Stoffwechselabläufe zu verstehen, bei denen
es dann allerdings durchaus problematisch sein kann.

Cholesterin selber sei aber harmlos. Den Cholesterinspiegel senken zu wollen wäre demnach etwa so sinnvoll,
wie das Schweinzüchten um Frühstückseier zu erhalten.

Ach ja, dann mal her mit den Eiern, der Butter ... etc..

Gruß
Joa
Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra

Offline maria

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 195
  • Carpe diem
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #5 am: Oktober 16, 2005, 13:56 »
Zitat
In der Gesamtwirkung (senkt den BZ) schon, aber nicht der tasächlichen biologischen Wirksamkeit. Man konnte bei den Glitazonen auch beobachten, daß die Insulinproduzierenden Betazellen sich darunter wieder erholt haben und deren Gesamtzahl sogar zunahm. Das hat es bisher bei anderen Tabletten noch nicht gegeben. (Jedenfalls nicht in diesem Ausmaß)

dann ist das ja bei DM2 ein richtiger Wunderwirkstoff. Wird er häufig eingesetzt?
Maria

wir erleben täglich die süßen Momente des Lebens

Offline Llarian

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 2353
  • Country: 00
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #6 am: Oktober 16, 2005, 19:02 »
Überhöhte Cholesterinspiegel seien "nur" als Marker für andere Stoffwechselabläufe zu verstehen, bei denen
es dann allerdings durchaus problematisch sein kann.

Cholesterin selber sei aber harmlos. Den Cholesterinspiegel senken zu wollen wäre demnach etwa so sinnvoll,
wie das Schweinzüchten um Frühstückseier zu erhalten.
Diese Aussagen nach Teupe beziehen sich auf ansonsten Gesunde. Liegt z.B. eine  diab. Nephropathie vor, machen die Statine wieder Sinn, weil allein das Vorhandensein erhöhter Blutfette ein Fortschreiten der Nephropathie zur Folge hat.
Also Vorsicht mit Verallgemeinerungen.

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16968
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #7 am: Oktober 16, 2005, 21:11 »
Der einzig positive Effekt einer Senkung des Cholesterinspiegels läge darin, dass das Märchen Milliarden in
die Kassen von Ärzten, Laboren und Pharmahaien gespült hat.

Komisch nur, daß atherosklerotische Plaque zu einem nicht unerheblichen Anteil aus Cholesterinen besteht.

Stell dir mal vor, du hast einen weißen Anzug an. Wann wirst du schmutziger: wenn du in einen frisch gefüllten Swimmingpool springst oder in einen sumpfigen Schlammtümpel?
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/

Offline Joerg Moeller

  • Administrator
  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 16968
  • Country: de
  • Ohana heißt "Familie"...
    • Diabetesinfo
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #8 am: Oktober 16, 2005, 21:14 »

dann ist das ja bei DM2 ein richtiger Wunderwirkstoff. Wird er häufig eingesetzt?


Das ist noch ein recht neuer Wirkstoff (gerade mal ein paar Jahre alt), der allerdings zunehmend häufiger eingesetzt wird. Ist halt wie mit vielem neuen: es muß sich erst gegen "altbewährtes" durchsetzen.

Ich denke aber gerade nach der PROActive-Studie (die ist ja auch erst vor ein paar Wochen veröffentlicht worden) wird die Bereitschaft es einzusetzen steigen.
Meine Seite über Diabetes: http://www.diabetesinfo.de/
Meine Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Diabetesinfo.de/

Offline Joa

  • Special Member
  • *****
  • Beiträge: 3602
  • Country: aq
  • Diabetestyp: DM 1
  • Therapie: Insulin-Pumpe
Re: Actos (Pioglitazon)
« Antwort #9 am: Oktober 16, 2005, 21:34 »
Hallo,
Überhöhte Cholesterinspiegel seien "nur" als Marker für andere Stoffwechselabläufe zu verstehen, bei denen
es dann allerdings durchaus problematisch sein kann.

Cholesterin selber sei aber harmlos. Den Cholesterinspiegel senken zu wollen wäre demnach etwa so sinnvoll,
wie das Schweinzüchten um Frühstückseier zu erhalten.
Diese Aussagen nach Teupe beziehen sich auf ansonsten Gesunde. Liegt z.B. eine  diab. Nephropathie vor, machen
die Statine wieder Sinn, weil allein das Vorhandensein erhöhter Blutfette ein Fortschreiten der Nephropathie zur Folge hat.
Also Vorsicht mit Verallgemeinerungen.

Ich seh schon, ich muss da etwas umsichtiger formulieren. Fällt mir an meinem Beispiel mit Schweinezucht und Eierlegen auf.
Dat war natürlich von mir erfunden und hätte auch grundsätzlich abgesetzter und mit Fragezeichen versehen sein sollen.

Ansonsten war hier aber nicht mal auf Teupe bezogen, da war vor kurzem 'ne Sendung im WDR mit dem Thema.

Gruß
Joa




Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra