Autor Thema: Energiemengen beim Ausdauersport  (Gelesen 6798 mal)

DaD67

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Energiemengen beim Ausdauersport
« am: September 08, 2005, 11:17 »
Hallo,

ich bin 38 Jahre und betreibe Radsport, habe seit 2 Monaten eine Insulinpumpe und möchte Euch hier meine Erfahrungen in Bezug auf das Training und die Insulintherapie mitteilen und jeden herzlich einladen, seine eigenen Erfahrungen zu schildern.
Ich halte meine Berichte in Form eines öffentlichen Tagebuchs und fange einfach mal mit gestern an:

Puh, das war heftig gestern. Habe mich gegen 17:00 mit einem Vereinskollegen für eine MTB-Runde verabredet und um 15:00h die Basalrate meiner Pumpe auf 20% für 4 Stunden eingestellt. Ein guter Teller Nudeln mit Pesto wurde mit 1:1, also 6 IE abgedeckt.

Wenn man mit diesem Kollegen fährt, dann kann man sich gewöhnlich auf etwas gefasst machen, denn er ist früher in der obersten Amateurklasse erfolgreich Rennrad gefahren.
Als Verpflegung hatte ich 8 Powergels mit 26,3g KH, 2 Flaschen á 0,75l Getränk jeweils 50g KH und ein paar Powerbars mit je 42g KH dabei.
Vor der Abfahrt lag mein BZ bei 125, etwas niedrig da postprandial, also erstmal 2 Gels und einen guten Schluck aus der Pulle. Los ging´s in rasantem Tempo aus der Stadt heraus. Wir müssen, eh´ wir schöneres Gebiet erreichen leider erstmal quer durch Düsseldorf. Es ging also 60min mit einem Puls von 140-170, dickem Gang und viel Kraft. Mir war bewusst, dass der Bolus vom Mittagessen noch wirkt, deswegen dann wieder gemessen --> 66mg. Alles klar: 1 Gel und einen Powerbar, dazu die erste Flasche leergetrunken und weiter geht´s durch Waldgebiet auf Forstrassen mit einigen knackigen, steilen Anstiegen und ebenso rasanten Abfahrten. Auf den Flachstücken moderat, Puls 120, an den Anstiegen bis in den Spitzenbereich, Puls bis zu ~190. Weitere 45min später wieder BZ gemessen (die 2te Flasche war leer): 125, gut. Erstmal kurze Pause, ein Malzbier, 1 Gel und ein Powerbar und 1 Flasche mit Apfelschorle aufgetankt.
Das war der Wendepunkt unserer Tour, insgesamt so etwa 90km. Zurück wurde es dann wieder ganz schön knackig, flottes Tempo (wir wollten nicht im Dunklen nach Hause kommen) über Stock und Stein. Belastung lag ständig im kohlenhydratzehrenden Bereich von Puls 150. Zwischendurch noch 1 Gel und einen Riegel und gegen 21:00h endlich zuhause mit einem resultierenden BZ von 94 - Super gelaufen.
Dann unter die Dusche und ein Weizen und eine Pizza, die ich wegen des Nachbrenneffekts nur mit 1:0,66 abgedeckt habe. Heute morgen um 5Uhr war der Zucker bei 76 und jetzt kann ich mich der Superkompensation widmen, d.h. schön KH-reich futtern (Nudeln mit Pesto, Nudeln mit Ketchup, Nudeln mit ....) und nur leichte Belasung im Fettverbrennungsbereich (Puls <130).


Fazit der Runde gestern:

5 Gels á 26,3g = ~130g KH
3 Powerbars á 42,6g = ~126g KH
2 Flaschen Ekelsüssdrink á 50g = 100g KH
1 Flasche Malzbier mit geschätzten 30g KH
0,75l Artus-Apfelschorle 47,5g KH
------------------------------------------------------------
Summe 430g KH freie Kohlenhydrate in 4h
ca. 2000kcal

Alles ohne zusätzlichen Bolus mit 20% der normalen Basalrate.

Dazu muss ich noch sagen, dass ich noch nicht weiss, wie hoch der Fructoseanteil des Süsskrams ist, habe schonmal an den Hersteller geschrieben aber bisher noch keine Antwort erhalten. Wie wir wissen sollten spielt die Fructose für uns Süssen eine untergeordnete Rolle.

So, das wars fürs erste, mich würde interessieren, wie das bei Euch aussieht mit den freien BEs beim Sport und vielleicht helfen meine Angaben ja auch jemandem.

Gruss

Stephan

Offline Der Süsse

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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #1 am: September 08, 2005, 15:07 »
Hi Stephan

habe mir extra für Arbeit ein neues Fahrrad zugelegt. Mit Fully war mir das zu lange und zu anstrengend.
Entfernung ca. 18km Durchschnitsgeschwindigkeit etwas über 25 km/h (=40min)

Früh sind 2 KHE gratis (bei normalen BZ) der Rest wird normal gespritzt, da ich erst zum Starten meine Basalrate reduzier.
Beim wegfahren Basalrate auf 60% für 5 h --> habe dann gut 4h zum glukoseauffüllen drin. BZ Korrekturen werden mit max 50% angesetzt.

evtl. das ich nochmal eine KHE dazupacken muss

macht für 45min 20-30 gKH

gruss Olaf
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Offline Andreas

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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #2 am: September 08, 2005, 16:17 »
Hallo Stephan!

Ich bereite mich gerade auf den Berlin-Marathon vor und laufe deshalb zur Zeit drei bis vier Mal die Woche, davon ist eine Trainingseinheit (meist Samstags) mit 25-32 km richtig lang (Puls: 140-150), zwei Trainingseinheiten sind deutlich kürzer (z.B. Montags 10 km Intervalltraining, teilweise im anaeroben Bereich/Puls: ~ 170); Donnerstags 15 km an der anaeroben Schwelle/Puls: ~160).

Und so sehen meine Einstellungen, KH-Verbrennungen aus:

langes Interval (30 km, Laufzeit: 2:45 h):
- Basalreduktion am Abend vorher von 22 auf 12 (dann lasse ich 2 BE Spätmahlzeit weg und stelle den Wecker, um eventuell gegen 4 Uhr zu korrigieren - meist messe ich ~160 und spritze 2 IE Humalog)
- Frühstück (normale Abdeckung mit Humalog)
- vier Stunden später: laufen, dabei esse ich vorher 5 BE Haferflocken (keine Insulinabdeckung) und zwischendurch entweder Energiegels oder Energieriegel, ich benötige stets 1BE pro Kilometer, also 15 BE für 30 km, und ende mit einem Wert um 80 oder niedriger.
- danach esse ich noch 2 BE frei, alle weiteren Mahlzeiten werden mit Insulin abgedeckt, allerdings reduziere ich das Insulin bei der nächsten Mahlzeit (Mittagessen) um ca. 20%, das Abendbrot decke ich wie gewohnt ab. <-- meine Basalreduktion ist im Tagesverlauf unproblematisch

kürzere Intervalle (z.B. 15 km, Laufzeit 1:10)
- keine Basalreduktion
- 4 BE vorher, 4 BE unterwegs (Energieriegel) --> also auch ca. 1 BE / 2 km
- Zielwert auch 80 oder niedriger
- bei anschließender Mahlzeit Insulin-Reduktion um 30%

Insbesondere bei der langen Distanz würde ich gerne weniger essen (und mitschleppen...), habe aber die Befürchtung, dass bei einer weiteren Basalreduktion mein Nachtwert entgleist (er ist ja jetzt schon um 4 Uhr an der Obergrenze).
Jedenfalls finde ich die Verbrennungsleistung beim Sport enorm. Steigende Zuckerwerte habe ich noch NIE beobachtet, auch beim Skifahren, Radfahren (bei 90 km Rennrad, Zeit: 3 h, Puls ~ 140 verbrauche ich ca. 16 BE) usw. esse ich permanent - auch bei entsprechender Basalreduktion - immer gegen meine Hypotendenz an (diese Tendenz habe ich sonst eigentlich nicht).

Interessanter Nebeneffekt meines jetzt seit drei Monaten intensivierten Lauftrainings: 7 kg Gewichtsverlust (von 82 kg auf 75 kg), trotz Essen bis ich satt bin (am Tag ca. 20 BE, auch ohne Sport).

Also, wie Du siehst, ist unser BE-Verbrauch schon ähnlich. --- Große Frage: Kann man mit einer Pumpe vernünftig joggen, ohne dass die groß herumschlackert (so etwas hasse ich nämlich).

Viele Grüße,
Andreas
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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #3 am: September 08, 2005, 16:23 »
Große Frage: Kann man mit einer Pumpe vernünftig joggen, ohne dass die groß herumschlackert (so etwas hasse ich nämlich).

Sicher. Kommt halt drauf an we man sie trägt. An einer Kordel um den Hals wird sie schoch schlackern :zwinker:

Ansonsten stell dir das einfach wie einen Pager vor, den man mit einem Clip am Gürtel oder Hosenbund befestigt. Nur daß da noch ein Schlauch dran ist.
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Offline Der Süsse

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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #4 am: September 08, 2005, 17:07 »
Hallo Andreas

wie Jörg schon sagte es kommt darauf an, wo du sie trägst. so gibt es neben dem Clip auch noch Taschen (z.B auch einige HandyTaschen passen), welche du am Gurtel oder Brustgurt oder ähnlichen tragen kannst, so das da nichts mehr rumschlappert.

gruss Olaf
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Offline Andreas

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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #5 am: September 09, 2005, 09:14 »
Danke für Eure Rumschlapper-Hinweise. Dann werde ich also das nächste Mal mein Handy zum Laufen mitnehmen, um das mal auszuprobieren - aber ich bin da sehr empfindlich ... schon der Flaschen-Lauf-Gürtel für die langen Intervalle (über 1:30 h) nervt mich ungemein - allerdings, wenn der Gürtel sowieso nervt und man da dann nur noch das "Handy" dran packt?

Naja, ich denke immer mal wieder über eine Pumpe nach und lese interessiert die vielen begeisterten Berichte hier im Forum. Und die Einfachheit, mit der Stephan mal so eben das Basalinsulin reduziert (so wie es auch natürlich ist: nur während des Sports) ist schon neidenswert. --- Aber die Blockaden im Kopf sind halt enorm groß.
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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #6 am: September 09, 2005, 11:26 »
Naja, ich denke immer mal wieder über eine Pumpe nach und lese interessiert die vielen begeisterten Berichte hier im Forum. Und die Einfachheit, mit der Stephan mal so eben das Basalinsulin reduziert (so wie es auch natürlich ist: nur während des Sports) ist schon neidenswert. --- Aber die Blockaden im Kopf sind halt enorm groß.

Das ist völlig normal. Ich seh das wie ein Waagschale: auf der einen Seite Vorurteile, auf der anderen Seite Fragezeichen (und die sind nunmal leichter als Vorurteile).

Mit der Zeit füllen sich aber die Fragezeichen mit Antworten und die Waage gerät ins Wanken. Unterstützt wird das dadurch, daß die Vorurteile immer schwächer werden.
Und irgendwann beschließt man es einfach mal auszuprobieren und nach den ersten Erfolgen stellt sich die Frage "Welcher Depp hat denn die Waage hierher gestellt?"

 :zwinker:
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Offline Angela

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Re: Energiemengen beim Ausdauersport
« Antwort #7 am: September 09, 2005, 11:48 »
Naja, ich denke immer mal wieder über eine Pumpe nach und lese interessiert die vielen begeisterten Berichte hier im Forum. Und die Einfachheit, mit der Stephan mal so eben das Basalinsulin reduziert (so wie es auch natürlich ist: nur während des Sports) ist schon neidenswert. --- Aber die Blockaden im Kopf sind halt enorm groß.
:ja: genau, geht mir auch so
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