Autor Thema: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.  (Gelesen 2760 mal)

guest3170

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Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« am: März 30, 2023, 15:01 »
Hallo an das Forum.
Bei einer Bekannten von mir, weiblich 92 Jahre alt, soll nun der Diabetes Typ 2 anstatt wie bisher mit Metformin auf Insulinbehandlung mit Langzeit und Kurzzeitinsulin umgestellt werden. Der Grund wäre laut Allgemeinarzt schlechte Nierenwerte. Die kommen aber meines wissens daher das sie nicht genug Flüssigkeit den Tag über trinkt, was sie auch angibt.  Mit der Metforminbehandlung waren ihre Werte immer im guten Rahmen, aber seit der Insulinbehandlung schwankt alles um die 300mg/dl.
Zu erwähnen wäre auch das die Dame nur noch 25% ihrer Sehkraft hat und man ihr trotzdem zumutet die Behandlung selber durch zu führen.
Der Arzt sagt ihr, er habe keine Zeit auch noch Hausbesuche durchzuführen. Sie solle sich selber kümmern.
Ich habe ja seit 30 Jahren Typ 1 und weiß eigentlich wie man sich verhalten soll wen  was nicht richtig läuft. Aber hier möchte ich nicht Hand anlegen
. Sollte man nun einen Diabetologen zur Rate ziehen was auch mein Tip ist, oder einfach selbstständig wieder zum Metformin zurückkehren ( sofern es der Gott in Weiß verschreibt ) oder einfach diesen Arzt nicht mehr besuchen?

Offline Gyuri

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #1 am: März 30, 2023, 22:54 »
"Ganz einfach": Ich weiß nicht, was da besser ist.  :gruebeln:
[…]  Mit der Metforminbehandlung waren ihre Werte immer im guten Rahmen, aber seit der Insulinbehandlung schwankt alles um die 300mg/dl.
[…]
Man kann nicht alle Hausärzte anhand einzelner Unstimmigkeiten schlecht bewerten. Ich hatte einen Hausarzt mit meinem Jahrgang, der nun leider auch schon im Ruhestand ist. Ihm habe ich aber oft viel mehr zugetraut, als so manch einem Facharzt.
Ob die Metformin-Strategie wirklich besser ist als eine "ICT"(?) vor allem wenn man noch gar nicht richtig eingestellt ist, wage ich zu bezweifeln.
Ich hatte Metformin schon abgesetzt, weil wirklich keine Wirkung zu erkennen war.
Nun nehme ich es wieder, weil die kranke Kasse darauf besteht, dass man Trulicity nur in Verbindung mit Metformin verschrieben bekommt.  :balla:

Beängstigend ist in diesem Fall, dass es erst zu Nebenwirkungen mit Nieren und Augen kommen muss, um mit Insulin zu beginnen, scheinbar aber nur halbherzig, weil man sich über die Einstellung so gar keine Gedanken macht.

Bei meiner Schwiegermutter war es ähnlich. Sie bekam sehr spät erst Insuline verschrieben, aber es wurde nur eine "einfache" Strategie mit Schema "F" verordnet … UND NIE EIN ERFOLG ÜBERPRÜFT.
Nach mehreren Schlaganfällen wurde sie bettlegrig und von uns rundum gepflegt. Unser Hausarzt, der dann auch ihrer war, gab mir freie Hand mit ihrer Insulinversorgung nachdem ich ihm glaubhaft versichern konnte, es schon richtig zu machen.
Bis zu ihrem Tode hatte sie dann Zuckerwerte wie eine Gesunde.  :super:



Gruß vom Gyuri
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Archimedes

guest3170

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #2 am: März 31, 2023, 09:22 »
Danke für deine Antwort.
Ich bin nur über den Arzt sehr erstaunt der einer 92jährigen Frau, die alleine in einem Haushalt lebt und zudem noch Sehbehindert ist, verschiedenen Pens überlässt um sich die gewünschte Dosis zu verabreichen. Ich weiß nicht ob das mittlerweile Standart ist, aber wenn die Frau hier mal die Pens verwechselt ,  .......daran darf man gearnicht denken. Ich werde nun mal versuchen für sie einen Diabetologen zu finden der sich dieser Sache einmal annimmt. Ich gehe davon aus dass der sich die Hände vors Gesicht schlägt. ;)

Offline Joerg Moeller

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #3 am: März 31, 2023, 10:33 »
Ich werde nun mal versuchen für sie einen Diabetologen zu finden der sich dieser Sache einmal annimmt. Ich gehe davon aus dass der sich die Hände vors Gesicht schlägt. ;)

Ja, sehe ich auch so. Wie liegt sie denn sonst so mit ihren BZ-Werten? Wenn es im Bereich 70-180 ist, muss man da nicht unbedingt eskalieren.

Viele Grüße
Jörg
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guest3170

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #4 am: März 31, 2023, 10:46 »
Die vorherigen Werte waren eigentlich alle im grünen Bereich und sie war echt stolz darauf.
Aber seit der Umstellung auf Insulin gehen die Werte durch die Decke.
Das Langzeitinsulin, 10 IE, spritzt sie laut Arzt immer morgens und das Basal immer 5 IE nach oder vor jedem Esssen außer beim Frühstück.
Da für soll sie nichts spritzen , die BZ-Werte steigen dann auf bis zu 350mg/dl.
Dann die Arztangabe: spritzen sie zu den Mahlzeiten einfach 2 IE mehr.
Sorry, aber in meinen Augen ist das kein Arzt der Diabetiker behandeln soll. ;)

Offline Gyuri

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #5 am: März 31, 2023, 13:23 »
[…]
Das Langzeitinsulin, 10 IE, spritzt sie laut Arzt immer morgens und das Basal immer 5 IE nach oder vor jedem Esssen außer beim Frühstück.
[…]

Hast du da einen Tippfehler?
Sollte es statt Basal nicht Bolus heißen?

Aber wie auch immer: Das sind Empfehlungen, bei denen man nur den Kopf schütteln kann.  :balla:

Hier werden die Diabetes-Patienten (wie leider sehr oft) als unfähig betrachtet, eine vernünftige Strategie einzuhalten.
Auch wenn ein starres Spritzmuster oft … genügt ( :pfeif: wenn nur nicht zu viel gemessen wird! *), erfolgsversprechender ist es aber auf jeden Fall, seine BE, KE oder Gramm Kohlenhydrate richtig abschätzen zu lernen und dafür die richtige Anzahl von Insulineinheiten zu spritzen. Ob dabei ein Schema besser verstanden wird als als das Rechnen mit Faktoren zu bestimmten Tageszeiten … ?
Ich meine, wenn letzteres "ein Mal" vernünftig erklärt wird, ist das kein Zauberwerk.
Und wer das altersbedingt nicht selbst auf die Reihe bringen kann, braucht sowieso auch für alle Bereiche eine Betreuung. Und da wird es schon wieder kompliziert. Professionelle Betreuer haben meist nicht viel Ahnung von einem Diabetes-Management und führen nur aus, was der behandelnde Arzt (möglichst einfach erklärt) verschreibt. Womit wir wieder bei diesem Hausarzt wären.


zu *)
Hier sieht es schon so aus, als sei (aus Kostengründen?) über viele Jahre viel zu wenig gemessen worden. Und erst jetzt, seit "das Kind im Brunnen liegt",sprich: die Folgeerkrankungen voll zuschlagen, wird stümperhaft mit Insulin experimentiert.
Na ja, wird der Arzt vielleicht denken, bei einer 92-jährigen können wir das Steuer nichts mehr heilen.
 :mauer:

Nachtrag zu der Insulin-Dosis:
Wenn es bis 300mg/dL und höher geht, wird das Langzeitinsulin 10IE vielleicht noch reichen (das kann man nur mit vielen Messungen kontrollieren).
Aber lächerliche 5 IE pro Essen sind dann sicherlich viel zu wenig, besonders wenn man die BE/KE nicht im Griff hat und "einfach" isst, was schmeckt.  :mahl:

Ich brauche 24 IE Lantus in der Früh und spritze bei je 5 KE früh 20IE und sonst 15IE.
Also rechne ich mit Faktor 4 - 3 - 3.
Bei einem üppigen Frühstück (7 KE) brauche z.B. 28 IE. Wenn ich nichts esse, spritze ich auch nichts.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

guest3170

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #6 am: März 31, 2023, 13:36 »
[…]
Das Langzeitinsulin, 10 IE, spritzt sie laut Arzt immer morgens und das Basal immer 5 IE nach oder vor jedem Esssen außer beim Frühstück.
[…]

Hast du da einen Tippfehler?
Sollte es statt Basal nicht Bolus heißen?





Sorry das sollte natürlich Bolus heißen.

Deshalb wird nun ein Diabetologe gesucht der sich mit der Geschichte befasst.
Ich kann ihr zwar Hilfestellung geben aber bei der Bewältigung bedarf es mehr .  ;)

Offline Joerg Moeller

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #7 am: April 05, 2023, 10:24 »
Das Langzeitinsulin, 10 IE, spritzt sie laut Arzt immer morgens und das Basal immer 5 IE nach oder vor jedem Esssen außer beim Frühstück.
Da für soll sie nichts spritzen , die BZ-Werte steigen dann auf bis zu 350mg/dl.
Dann die Arztangabe: spritzen sie zu den Mahlzeiten einfach 2 IE mehr.
Sorry, aber in meinen Augen ist das kein Arzt der Diabetiker behandeln soll. ;)

Das ist bei Patienten in ihrem Alter oft so, dass man da eher Insulin so dosiert, dass sie nach Möglichkeit keine Probleme haben, anstatt auf eine normnahe Einstellung hinzuwirken. Mit 92 muss man nicht mehr knackig eingestellt sein, aber über 200 muss auch nicht sein.
Wenn die Nieren nicht mehr gut arbeiten, ist Metformin wirklich keine Option mehr.

Aber wenn sie durch das Frühstück so hoch ansteigt, braucht sie eben auch zum Frühstück Insulin.

Da wird ein Diabetologe wohl doch die bessere Wahl sein (oder ein erfahrener Hausarzt).

Viele Grüße
Jörg
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Offline Kladie

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #8 am: April 06, 2023, 17:30 »
Hallo Reiner,

als langjähriger Type2 Diabetiker pflichte ich dir bei. Der aktuelle Arzt gibt sich keine Mühe den Diabetes optimal zu behandeln. Er ist aber sicherlich nicht der einzige und von daher wäre ein Diabetologe sicher die bessere Wahl.

Bei mir sieht es z. B. so aus, daß ich morgens die größten Probleme habe und am meisten spritzen muß. Zusätzlich habe ich einen Spritz-Eß-Abstand von bis zu einer Stunde, Das heisst: Ich spritze und warte 30 - 60 Minuten bis ich mein Frühstück beginne. Das ist zugegebenerweise schon recht extrem und mache ich nur weil ich meinen Diabetes sehr gut einschätzen kann. Mein Diabetologe rät mir davon ab aber das Ergebnis gibt mir recht.

Wenn Deine Bekannte ein CMS (Libre von Abbott oder G7 von Dexcom) benutzen würde, könntet ihr euch zusammen langsam an die richtigen Dosierungen herantasten. Wie dein Arzt vorgeschlagen hat: immer mal 2 IE mehr spritzen wenn der BZ zu hoch geht. Aber besprich das lieber mit einem Diabetologen.

Übrigens: Mit 92 Jahren braucht niemand mehr Angst vor Komplikationen durch zu hohen BZ zu befürchten. Die stellen sich bei zu hohen Werten erst Jahre später ein.

Viel Erfolg bei deiner Suche nach einem kompetenten Arzt


Offline Gyuri

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Re: Mit 92 Jahren auf Insulin einstellen.
« Antwort #9 am: April 07, 2023, 16:12 »
[…]

Übrigens: Mit 92 Jahren braucht niemand mehr Angst vor Komplikationen durch zu hohen BZ zu befürchten. Die stellen sich bei zu hohen Werten erst Jahre später ein.

Viel Erfolg bei deiner Suche nach einem kompetenten Arzt
Wenn ich das eingangs Geschriebene richtig interpretiere, sind die Komplikationen jetzt bemerkbar und der Arzt versucht nach jahrelangem Rumpfuschen, begangene Fehler halbherzig wieder gut zu machen.

Sicher Jahrzehnte lang Metformin verschrieben … weil das halt die kostengünstigste "Therapie" ist …  :patsch:
und der Patient so nicht mit Injektionen verunsichert werden könnte.

(ich kenne da ein Beispiel …)
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