Darf ich noch mal was zum Libre schreiben?
Ich will auch ganz bestimmt nichts schreiben, was nicht zum Thema gehört.
Nur glaube ich halt, dass die Allermeisten gar nicht wissen, was man mit den Libre-Daten so anstellen kann und was für Strategien man damit entwickeln kann. So könnte ich mir durchaus auch eine Strategie vorstellen, wie man mit Metformin, gezielter Kohlenhydratzufuhr und körperlicher Betätigung zu Werten in einem günstigen ZIELBEREICH gelangt. Ich schreibe mit Absicht nicht "Zielwert" weil das immer ein fester Wert ist, den man fast nie genau erreicht. Mein Zielbereich liegt zwischen 70 und 130 mg/dl. Einzelne Abweichungen von 50 bis 180mg/dl gönne ich mir auch noch, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Diesen Zielbereich muss man aber für sich selbst bestimmen … und das geht nur, wenn man mehr als nur vielleicht vier BZ-Werte pro Tag kennt.
Ich kann mich an Zeiten vor dem Libre & Co erinnern. Da gab es Fachärzte die für einen begrenzten Zeitraum Dauermessungen durchführten um einen sicheren Eindruck zu bekommen, was denn so alles zwischendurch passieren kann. Das wäre für insulinpflichtige Diabetiker sicherlich wichtiger, kann aber auch Aufschluss geben, was nach einem Waldlauf oder nach einer Pizza passiert.
Ich meine, die meisten Kritiker des Libres machen den "Fehler" einen Scan direkt mit einer BZ-Messung gleichsetzen zu wollen. Langer Rede - kurzer Sinn: das geht nicht oder nur selten.
Beim Libre kommt es mehr darauf an, dass kontinuierlich gemessen wird und alle 15 Minuten ein Wert aufgezeichnet wird. (bitte nicht über Kleinigkeiten diskutieren!)
Obwohl ich weniger auf einzelne Tagesprofile achte, will ich mal ein Beispiel vom 2.12. zeigen.
Bei einem Diabetiker mit nur Metformin wird es kaum eine Unterzuckerung außerhalb der Messungen geben. Bei mir (insulinpflichtig) wäre eine "verpasste" Unterzuckerung selten, aber nicht unmöglich.
Beim letzten Scan um 23:30 war ich bei 247mg/dl
Ich trug dann noch 70g KH und 15 IE nach … und ging ins Bett.
Der morgendliche Scan lag bei 85 / 89mg/dl und weil ich den roten Verlauf im Libre sah, wollte ich noch eine blutige Messung sehen. Die lag bei 90 mg/dl … was durchaus plausibel erscheint. Somit war ich gegen 4 Uhr wahrscheinlich wirklich bei ca. 50 mg/dl. Da sich das aber wieder einriegelte (kann bei Metformin auch sein) musste ich nichts weiter unternehmen. Jetzt könnte an sagen, ich müsse abends weniger spritzen und/oder mehr essen.
Wäre es immer so, dass ich um 4 Uhr einer Hypo nahe bin, wäre das genau richtig. Wenn ich dir aber die Libre-Tagesprotokolle der letzten Zeit zeige, wirst auch du sagen, dass es keinen Grund für einen Eingriff in meinen Ess- und Spritzplan gibt. So etwas könnte dir (auch ohne Insulinzufuhr) in ähnlicher Form passieren und du würdest das mit deinen "Zufallsmessungen" nie erfahren.
Kommen dann irgendwann rätselhafte Anstiege vor dem Frühstück vor ("Ich habe doch noch gar nichts gegessen!") kämen Vermutungen, wie es so etwas geben könnte ins Spiel. Ich habe da nichts zu vermuten; ich weiß ohne Glaskugel was Sache ist
und was ich dagegen tun könnte.
Ich hatte es leichter, ein FSL verschrieben zu bekommen als ein nicht insulinpflichtiger Diabetiker.
Ich weiß aber von mindestens einem Diabetiker, der nicht erst auf ein Rezept wartete, sonder mit Eigeninitiative eine einmalige Ausgabe getätigt hat. Später gab es dann sogar Sensoren auf Rezept.