Autor Thema: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?  (Gelesen 22631 mal)

Offline Joerg Moeller

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #30 am: Juli 11, 2017, 10:35 »
Ich stimme Gyuri zu: das ist etwas anderes und da macht es auch mehr Sinn die Ergebnisse anders zu interpretieren.

Für den Zeitversatz nutzt das Libre ja einen Algorithmus, um den wieder rauszurechnen. Daher würde es nicht mal Sinn machen, den Messwert des Libre mit einemm BZ-Wert von vor 10 Minuten zu vergleichen.

Es gibt ja auch viele Diabetiker, die nicht vor jeder Injektion den BZ messen, weil sie z.B. erwarten/spüren, dass der BZ im Normbereich liegt. Da braucht man dann ja nicht wirklich einen BZ, um das Insulin für das Essen zu kalkulieren. Egal ob der jetzt bei 100 oder 150 liegt: an den IE für die Mahlzeit ändert das rein gar nichts. Den BZ misst man nur um zu sehen, ob eine Korrektur erforderlich ist.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Gyuri

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #31 am: Juli 11, 2017, 10:52 »
Man hat uns vor Jahren die Blutzuckermessung an die Hand gegeben und wir haben uns mehr oder weniger daran gewöhnt, dass diese Messergebnisse die aktuell gültigen Glukosewerte widerspiegelt. Jedoch wurde von messtechnisch weniger bewanderten Anwendern immer schon übersehen, dass der aktuell gemessene Wert nicht zwangsläufig dem aktuell wirkenden Wert entspricht. Man bekam dann die Empfehlung, immer nur an bestimmten Stellen zu messen. So würde z.B. eine Blutprobe aus der Handfläche schon einen ca. 5 bis 10 Minuten alten Wert anzeigen und eine Blutbrobe  am Unterarm erbrächte sogar gut um die 30 Minuten Verzögerung.
Abgesehen davon, ob das wirklich eine Rolle spielt, frage ich mich ernsthaft, an welcher Stelle spielt die AKTUELLE Zuckerkonzentration denn wirklich eine Rolle?

 :dozent: "Ja nuuuuun … wichtiger seien ja die zu beobachtenden Veränderungen auf die man gezielt eingehen könnte, wenn man diese besser kennen würde."
Momentaufnahmen (auch Fotos) geben keinen Überblick über ein Geschehen, besonders dann, wenn die Momente (Fotos) so weit auseinander liegen, dass man keine Zusammenhänge erkennen kann. Jahrzehnte lang wurde linear interpoliert, weil man sich auf einfache Weise nicht besser zu helfen wusste.

Jetzt (endlich) gibt es auch dicht aneinandergereihte Momentaufnahmen (auch Filme) die wirtschaftlich vertretbar praktisch keine Lücken in der Glukosebestimmung offen lassen.

Ich erinnere mich aus einem anderen Diabetikerforum in dem ein User berichtete, eine 24 Stundenmessung über sich ergehen zu lassen. Ich fragte dann nach dem Ergebnis bzw. einer Erkenntnis. Es gab keine, nur ein mehr oder weniger zappliges Diagramm, welches noch keiner deuten konnte.

Jetzt mit Libre &Co kann das jeder. Aber die allermeisten verharren lieber bei den Einzelmessungen (Einzelbilder) die sich kaum sinnvoll aneinander reihen lassen. Bleibt man dann noch bei seiner alten Strategie, man müsse den aktuellen Zuckerwert (wo immer auch gemessen) für sein Handeln wissen und korrigiert man längst vergangene Fehler im Nachhinein unter zuhilfenahme von Bolusrechnern, hat man den Sinn von Libre &Co noch überhaupt nicht verstanden. Das wichtigste überhaupt ist ein durchschnittlicher Verlauf mit dessen Hilfe man abschätzen kann, wie sich die Lage weiter entwickelt. Und genau dafür ist es viel wichtiger GLEICHMÄSSIG zu messen als einem Laborwert (zufällige Momentaufnahme) nahe zu kommen. Geht man dann noch her und entscheidet sich für Messwerte, die noch viel unsicherer sind, als das Maß aller Dinge, stellt man nicht nur alle Grundregeln der Messtechnik auf den Kopf, man entscheidet sich dann doch wieder für die blutige Messung als Referenz. Warum also nicht gleich wieder zurück in alte Zeiten und munter so weiter messen wie gewohnt?

Wer fehlerhafte Werte beim Libre kritisiert, muss dazu VERLÄSSLICH wissen, was denn der genaue Wert wäre. Dazu darf man aber nicht ein anderes Messverfahren zu Rate ziehen.

Das wäre so als würde man mit einem neuen Maßband den Bauchumfang bestimmen und dann meinen, das Maßband wäre zu ungenau. Darauf nimmt man den "viel genaueren" alten Meterstab und biegt ihn um seinen Bauch. Weil der Meterstab genauer sei, glaubt man dann letzterem Wert und schimpft zukünftig auf Maßbänder.  :balla:
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Gyuri

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #32 am: Juli 11, 2017, 11:00 »
(…) Wenn das andere Systeme so handhaben müssen, kann es nur bedeuten, dass die keine Ahnung haben und/oder dem System wirklich weniger Zuverlässigkeit zuzutrauen ist als der sonst viel fehlerbehafteren blutigen Messung.
(…)
"andere Systeme" ist ganz allgemein gehalten und auf keinen speziellen Hersteller ausgerichtet!
"dass die keine Ahnung haben und/oder dem System wirklich weniger Zuverlässigkeit zuzutrauen" und auch hier wird CGMS nicht angegriffen und auch eine andere Erklärung vorgeschlagen.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline nobbi2406

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #33 am: Juli 11, 2017, 11:25 »
Ich verfolge diesen "Faden" mit großen Interesse, stelle aber fest, dass sich hier eine Grundsatzdiskussion entwickelt hat, welche mit der vom Ersteller aufgeworfenen Frage sehr wenig bis nichts zu tun hat. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Abbott nach einem Errorgrid beurteilt, ob ein Sensor ersetzt wird oder nicht (also erfolgreich reklamiert werden kann). Dabei ist wohl entscheidend, dass die mit dem Libre gemessenen blutigen Messergebnisse in die Sektoren C, D oder E fallen. Auch wenn der Sensor dauerhaft keine Werte mehr anzeigt LOW/HIGH, erfolgt ein Austausch. Wie viele Stunden dafür erforderlich sind, ist mir jetzt allerdings nicht geläufig.

Ich nutze das Libre seit Ende November und hatte bislang einen problematischen Sensor, der auf Kulanz ersetzt worden ist.

Hier noch ein Link zur entsprechenden Excel-Tabelle, die auch in der Libre-Facebook-Gruppe verlinkt ist:
https://lookaside.fbsbx.com/file/Libredifferenz_blank.xls?token=AWwYvDyghcrizm6GsbJ4J1HuOWh4Vklr-JlpewYEwYCft1BS1WM02yEntpcRfYB1x0Brtyy8rNR6J-IkXBktahj2L3AcWd6fdK7V-94ypAHDM4Vlw7tI84aUGdjlYNL1Ql8e2puQ0NCr1tOoxojadHcGx3fV_9QPOQTI-mk7s0ctmwVEKM7zGMEpmFjxZ3L0wt3KlaserLuDv9IO49uS4ALQ

Viele Grüße
Norbert
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Offline Dirk B.

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #34 am: Juli 11, 2017, 15:07 »
Auch wenn der Sensor dauerhaft keine Werte mehr anzeigt LOW/HIGH, erfolgt ein Austausch. Wie viele Stunden dafür erforderlich sind, ist mir jetzt allerdings nicht geläufig.


Viele Grüße
Norbert

Was zeigt denn so ein aktivierter Sensor an wenn man den von der Haut abzieht? Wahrscheinlich kontinuierlich LOW?

LG

Dirk
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Offline Gyuri

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #35 am: Juli 11, 2017, 15:10 »
Sehr aufschlussreich  :super:
(…) Dabei ist wohl entscheidend, dass die mit dem Libre gemessenen blutigen Messergebnisse in die Sektoren C, D oder E fallen. Auch wenn der Sensor dauerhaft keine Werte mehr anzeigt LOW/HIGH, erfolgt ein Austausch. Wie viele Stunden dafür erforderlich sind, ist mir jetzt allerdings nicht geläufig.
(…)
Ich habe mir erlaubt, das Diagramm aus Excel zu kopieren.


Hier wird demnach doch ein Bezug zwischen dem Libre Glukosewert und einer blutigen Gegenmessung dargestellt der als KO-Kritärium dienlich sein dürfte. In den offiziellen Unterlagen, die man mit seinem Libre-Equipment erhält, ist aber davon wenig bis garnix zu lesen. Falls jetzt @nobbi2406 recht hat, und davon gehe ich aus, wären Reklamationen in den Sektoren A und B noch unbegründet und müssten zurückgewießen werden.
Wohl gemerkt!!!!!
Die Blutzucker-Achse stellt hier keine Referenz dar, was bedeutet, dass man beiden Messungen eine Toleranz eingesteht (in etwa eine gleich große) was man an der proportionalen gelben Linie erkennen mag.

Lediglich im "wichtigsten" Bereich überhaupt, 50 bis 150 mg/dl gibt es bedeutende unsymetrische Zonen, was darauf schließen lässt, dass beim Libre eine größere Zuverlässigkeit der Messergebnisse erwartet wird als bei der blutigen Messung. Weiter wäre noch der Text im roten Kästchen zu beachten, wodurch kritische Messzeitpunkte für eine Reklamation auszuschließen wären.

Ein Beispiel:
Wird mit dem Libre 100 gescannt, wären (einzelne?) blutige Messungen von ca. 60 bis 220 mg/dl noch in den Sektoren B-A-B und somit zu akzeptieren.
Da aber der blutigen Messung auch Abweichungen zugestanden wird, könnte eine blutige Messung von 100 mg/dl zu einem Libre-Scanwert von 0 bis 180 mg/dl führen. :kreisch:

Wie dem auch sei, die eingangs gestellte Frage dieses Themas lässt sich für die meisten hier mit diesem Grid nicht befriedigend beantworten.

Ich sage hierzu wieder:
Wer viel misst, misst viel Mist.  :zwinker:
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #36 am: Juli 11, 2017, 15:15 »
(…)
Was zeigt denn so ein aktivierter Sensor an wenn man den von der Haut abzieht? (…)
Ich glaube hier geht es nicht um den Fehler der beim Setzen gemacht werden kann.

Ich hatte einmal den Fall, dass ich zwar ganz normal scannen konnte und plausible Ergebnisse erhielt, dass aber die kontinuierliche Aufzeichnung (=historische Werte) die alle 15 Minuten protokolliert werden sollte, nicht mehr statt fand. Somit konnte dann im Anzeigegerät kein laufendes Diagramm erzeugt werden und auch kein Trendpfeil. In dem Fall erhielt ich ein neues Anzeigegerät und einen neuen Sensor dazu.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

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Re: Libre: fehlerhafte Werte - ab wann erfolgreich reklamieren?
« Antwort #37 am: Juli 12, 2017, 12:01 »
So würde z.B. eine Blutprobe aus der Handfläche schon einen ca. 5 bis 10 Minuten alten Wert anzeigen und eine Blutbrobe  am Unterarm erbrächte sogar gut um die 30 Minuten Verzögerung.
Abgesehen davon, ob das wirklich eine Rolle spielt, frage ich mich ernsthaft, an welcher Stelle spielt die AKTUELLE Zuckerkonzentration denn wirklich eine Rolle?

Das ist so eigentlich physiologisch nicht haltbar. Die BZ-Geräte sind auf Kapillarblut getrimmt. Kapillaren sind die kleinsten Blutgefäße, in denen sich der Blutfluß umkehrt: vom Herzen aus fließt das But über die Arterien und Arteriolen bis hin zu den Kapillaren. Und in denen macht es dann die Kurve und fließt über Venolen und Venen wieder zum Herzen zurück. Arterielles Blut ist Sauerstoff- und Nährstoffreich, venöses Blut Sauerstoff- und Nährstoffarm.

Daher wird auch der BZ in venösem Blut immer niedriger sein als in arteriellem. Und deshalb ist die günstigste Stelle da, wo man sich noch relativ sicher sein kann, eine Mischung arteriell/venös zu finden.

Viele Grüße,
Jörg
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