Autor Thema: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse  (Gelesen 6490 mal)

Offline Gyuri

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #10 am: September 22, 2016, 21:22 »
Die Überprüfung auf Normalverteilung wäre ein Thema für sich wert. Ich will dies auch nur ganz kurz  aufgreifen, schon weil ich meine, es spielt bei n=5 keine große Rolle was für eine Verteilung vorliegt. Ich kann aber durchaus einen Mittelwert bilden und auch „so ganz grob“ die Streuung über 2*Stabw (mit ~68% Sicherheit) abschätzen.

Man sollte nur nicht den Fehler begehen, mehrere verschiedene Ereignisse zusammen zu fassen. Das ergäbe überlagerte Kurven von der auch jede eine andere Verteilungsart haben könnte. Dies wird von mir laufend (rein visuell) überprüft:

(KLICK)
Bei den präprandialen und auch den postprandialen  Werten habe ich mit gestrichelten Linien versucht zu zeigen, dass man eben nicht „Äpfel & Birnen“ zusammenführen darf.
Ganz am Rande:
Das Histogramm der 9:30 Messungen zeigt es überdeutlich, dass meine Messungen (ganz 2016) überhaupt keiner richtigen Verteilung unterliegen können. Will sagen, ich weiß sehr wohl, dass ich nach dem Frühstück mit sehr großen Unsicherheiten rechnen muss. Und die würden auch nicht durch Korrekturen geringer - behaupte ich mal genz frech. Für den Vergleich der Mittelwerte reicht das aber allemal und ich hatte es schon einmal mit dem Median versucht … nahezu das gleiche (unsichere) Ergebnis!

Über eines sollten wir uns aber einig sein:
Einfach nur ein einziges (zufälliges) Vorher-Profil mit einem einzigen (zufälligen) Nachher-Profil zu vergleichen und daraus Rückschlüsse von vorher zu nachher ziehen ist viel unsicherer als wenn man je fünf (je 10) „Mittelwert-Profile“ vergleicht.


„Und noch einen“ zur Normalverteilung oder auch logarithmischen Normalverteilung!

Mit etwas mehr Messwerten kann man schon eher eine vernünftigere Überprüfung auf Normalverteilung berechnen. (Dabei käme dann irgend eine Wahrscheinlichkeit heraus…) Ich verzichte für mich darauf und verlasse mich nur auf mein Augenmaß wenn ich so ein Histogramm betrachte.

(KLICK)

Hier habe ich all meine ausgewerteten Messwerte zusammen gefasst. Wie oben schon behauptet, müsste es sich hier auch um die Überlagerung mehrerer Verteilungen handeln. Seit den vielen Jahren in denen ich dieses Histogramm beobachte, habe ich anfangs immer ansatzweise eine logarithmische Verteilung vermutet, die sich dann aber zum Jahresende immer so langsam in eine Gauß’sche Glocke (Normalverteilung) gewandelt hat. Also sooooo voll daneben kann ich mit meinen statistischen Betrachtungen nicht liegen, zumal ich ja nie die errechneten Werte kritiklos übernehme. Statistik ist für mich immer nur ein Hilfsmittel, mir mein eigenes Bild zu machen.

In einem Punkt gebe ich dir uneingeschränkt Recht!
Es wäre hilfreich gewesen, auch den Verlauf am Abend vor dem Frühstück zu betrachten. Um den postprandialen Frühstück-Wert besser einzuschätzen. Ob es vor meinen fünf Vergleichsprofilen so gleichmäßig zu ging kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Müsste ich der Frage: „Marmelade zum Frühstück oder nicht?“ intensiver nachgehen, würde ich vielleicht je fünf aufeinander folgende Tage lang messen und von vielleicht 18:00 bis 12:00 durchgängig aufzeichnen.
Aber hätte ich das gefunden, was ich suchte, wären die Unterschiede ganz klar erkennbar gewesen.  Nur (und jetzt wiederhole ich mich)  wäre das mit nur zwei Tagesprofilen nie sicher erkennbar gewesen. Und nur darauf will ich hier hinaus.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Joa

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #11 am: September 22, 2016, 22:43 »
Hmmm, irgendwie geht es ja wohl hier um allgemeine Statistiktheorie in messtechnischer Form?
Eine Rückverfolgung auf therapierelevanten Sinn und Zweck schließt der Threadersteller, Gyuri, explizit aus und will dieses nur mit seinem Diabetologen erörtern.

Die Statistiktherorie ist sicherlich interessant, so man sich dafür interessiert. Der hier bezweckten Sinn der aufwendigen Testreihendarstellung, soweit ich las war das die Frage, wieviel Einfluss der Austausch von Marmelade mit anderen Kohlehydraten zum Frühstück auf den Blutzuckerverlauf haben mag, beantwortet sich allerdings schon bei einer Sichtung von GI (glykämischer Index) - Tabellen.

Marmeladen haben einen relativ normalen GI, der ggf. sogar niedriger liegt, als der von Brötchen oder hellem Brot.

Tauscht man also eine gleiche Menge KH aus Marmelade gegen eine entsprechende Schrippe mehr ohne Marmelade, kann sich das auf den BZ eher noch beschleunigend, als dämpfend auswirken können.

Also ich würde anregen, den Thread eher in das Unterforum zur (Statistik)Theorie zu verlagern?

Gruß
Joa
Typ 1 seit 85;  Pumpe seit 1988; P 754/Apidra

Offline Gyuri

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #12 am: September 23, 2016, 07:27 »
Nein – wieder voll daneben
Es geht mir nur insofern um "Statistik", als dass ich behaupte, man könne nicht aufgrund EINER Messung vorher und EINER Messung nachher darauf schließen, dass die Veränderung genau den Grund hat, den man sich erhofft aus diesen beiden Messungen zu gewinnen.

Genau so etwas kann man aber immer wieder hier in verschiedenen Themen mitlesen.
Wenn z.B. eine einzelne Messreihe ohne Nahrungsaufnahme mit einer einzelnen Messreihe mit Nahrung verglichen wird und daraus irgendwelche Rückschlüsse gezogen werden, ist das schlichtweg falsch. Warum das falsch sein muss … bzw. falsch sein kann, wird klar, wenn man mehrere Messreihen aufeinander legt und dabei eine größere Streuung erkennt als die Veränderung zwischen der einen Vorher-Betrachtung und einen Nachher-Betrachtung vorgibt.

Bis jetzt ist von Statistik noch ÜBERHAUPT nicht die Rede. Wie soll ich euch das aber anhand von Messungen plausibel beweisen ohne ganz einfache statistische Weisheiten zu bemühen?  :kratz: Es geht nicht um Statistik zum Selbstzweck! Es geht darum, dass man immer wissen muss, wie etwas bisher "normal" ablief. Erst wenn man dies ausreichend genau weiß, kann man aus dem, was zukünftig "normal" abläuft abschätzen, was sich durch eine Maßnahme wie ändern wird.

Wer so etwas ohne Statistik hin bekommt hat einfach ein gutes Gespür mit Zahlen. Er muss aber auf jeden Fall wissen, wie genau man sich auf die eigenen Messreihen verlassen kann.

Was aber sehr häufig gerade im Bereich Diabetes praktiziert wird ist übereilter Aktionismus. Irgendwer hat sich allgemein gültige Regeln einfallen lassen, die aber nicht bei allen gleichermaßen gelten. Der schlimmste Fehler wird wohl sein, Weisheiten für Typ1er bei Typ2er anzuwenden. Ich gehe noch weiter und meine fast JEDER tickt etwas anders und man sollte keine Regel kritiklos übernehmen nur weil der eine oder andere von Haus aus Verständnislücken besitzt. Mir ist z.B. (um zu meinem BEISPIELHAFTEN Selbstversuch zurück zu kommen) der GI durchaus ein Begriff. Ich habe mich aber daran erinnert, dass ich früher keinen so hohen BZ nach dem Frühstück hatte. Erst als ich mehr auf Marmelade umstellte wurde es scheinbar schlimmer. Jetzt nutzte ich die Zeit ohne meine Frau um mein Frühstück etwas umzustellen, erkannte aber, dass es an der Marmelade nicht lag…. „Leute! Das war nur ein Beispiel!

Wie gesagt: Ich will hier nicht über meine Tagesprofile diskutieren und auch keine Ratschläge annehmen. Ich will nur aufzeigen, wie man sich durchaus logisch selbst analysieren kann.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Joerg Moeller

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #13 am: September 23, 2016, 11:17 »
Es geht mir nur insofern um "Statistik", als dass ich behaupte, man könne nicht aufgrund EINER Messung vorher und EINER Messung nachher darauf schließen, dass die Veränderung genau den Grund hat, den man sich erhofft aus diesen beiden Messungen zu gewinnen.

Völlig korrekt! Deswegen sag ich ja auch immer: ein BZ, der neben der Spur liegt ist "Shit happens". Interessant wird es erst, wenn man den reproduzieren kann.
Und deswegen beteilige ich mich auch nicht an Diskussionen zu Fragen wie "mein BZ war heute morgen so hoch/tief, woran liegt das?" (Woher soll ich das wissen...?)

Zitat
Was aber sehr häufig gerade im Bereich Diabetes praktiziert wird ist übereilter Aktionismus. Irgendwer hat sich allgemein gültige Regeln einfallen lassen...

Ja: die Natur. Es gibt nunmal Regeln, die bei jedem gelten: KH erhöhen den BZ, Insulin senkt den BZ. Ebenso gibt es einen unterschiedlichen Einfluss je nachdem um welche Form der KH es geht, als auch was die kontrainsulinären Hormone angeht.
Man darf nur nie außer Acht lassen: "Die Ausnahme bestätigt die Regel".

Was bei mir funktioniert, muss nicht zwangsläufig bei allen anderen funktionieren. Aber deswegen haben wir das Forum hier ja: um mal andere Sichtweisen zu hören, andere Perspektiven und um unser Handeln hinterfragen zu können.

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Floh

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #14 am: September 23, 2016, 20:32 »
Ich bin immer noch nicht einverstanden, Jörg.

Wirklich unerklärliche Außnahmen habe ich in den letzten 10 Jahren nicht gefunden. Im nachhinein waren alle Änderungen zu erklären - teilweise - gerne zugegeben - etwas verwaschen (da hab ich mich wohl bei den BE verschätzt tritt bei Sushi häufiger auf, ist aber im Restaurant schwer zu fassen). Wenn ich aber nach unerklärlichen Anstiegen die typischen Symptome angreife (Erkrankung, Katheterprobleme oder so) hat sich bisher noch jede Schwankung erklären lassen. Nun ist mir in den letzten knapp 40 Jahren sicher einiges passiert, was ich damals nicht erklären konnte. Die Krankheit Diabetes an sich ist aber in ein recht vernünftiges Rahmenkonzept gezwungen. So viele Einflussfaktoren gibt es auch wieder nicht.

Ich beachte nicht alle davon permanent. Und da stimme ich dem "Shit happens" völlig zu. Es gibt natürlich Tage (oder sogar Wochen, wenn ich im Urlaub bin) wo meine Prioritäten wo anders liegen. Wo ich sage "ach .. so um die 5 BE und wenn es nicht passt korrigiere ich halt später". Einen 100% im Zielbereich liegenden Blutzucker schaffe ich nicht. Dennoch ist es mir wichtig die Grundlagen mehr und mehr zu verstehen. Weil sich eigentlich schon alle Änderungen erklären lassen.

Und ja ... ich kann einen Verlauf bei 100 mg/dl über 24 Stunden reproduzierbar abliefern, wenn ich muss (oder 80. Vielleicht auch 120 - mehr wird echt schwierig, weil dann alles davon läuft) . Aus Gründen der Lebensqualität will ich das aber sehr häufig nicht. Und das ist mir in diesem Faden wichtig: Im Nachhinein Einflussfaktoren (ich hab erst Fehler geschrieben, aber das ist egal) zu erkennen geht auch zu einer Messung. Immer. Vielleicht nicht _aus_ einer Messung (eine gemeine Männergrippe sehe ich erst nach mehreren Messungen), aber zeigen kann ich das schon. Und ich kann auch nach der ersten Messung korrigieren. Wenn mein Wert bei 250mg/dl liegt, dann spricht für mich absolut nichts dagegen dagegen mit mehr Insulin anzugehen. Dafür ist das Zeug da. Dafür wurde die Bierhefe modifiziert (oder was auch immer für die Analoginsuline inzwischen verwendet wird). Warum manche Typ 2 Diabetiker dagegen so aufbegehren ist mir unverständlich. Zusatzinsulin wird auch bei Eigenproduktion den Wert nur dann unter 80 mg/dl senken, wenn so viel gespritzt wurde, dass der Wert tiefer fällt (und selbst dann wäre ja noch die eine oder andere Alpha-Zelle da). Sonst wird die Eigenproduktion reduziert und alles wird gut. Vielleicht erst bei 75 mg/dl. Das fände ich jetzt noch vertretbar...

Offline Joerg Moeller

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Re: Vorher- Nachhermessung und Rückschlüsse
« Antwort #15 am: September 24, 2016, 13:41 »
Du musst nich einverstanden sein, denn ich beschrieb damit ja nicht deinen Diabetes, sondern Diabetes allgemein.

Man kann allein deshalb schon nicht alles erklären, weil man seine Spiegel an kontrainsulinären Hormonen nicht kennt.
Bei den meisten kommt so ein "Hormon-Querschläger" selten vor. Manche stehen da aber unter Dauerfeuer. Google mal nach 'Brittle-Diabetes'. Da kannst du alle Faktoren, die von dir zu beeinflussen sind, völlig korrekt bedienen, aber trotzdem ist das Ergebnis weit von der Erwartung entfernt.

Das sind dann aber auch die, bei denen selbst eine lange Messreihe keine Rückschlüsse zulässt.
Aber: wenn man da auf dem Standpunkt beharrt, dass eine Messung ausreicht, dann ist das nichts anderes als zu sagen "du bist eben zu blond um das zu erkennen".

Viele Grüße,
Jörg

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