Autor Thema: Was ich nicht wusste  (Gelesen 9851 mal)

Hinerk

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Was ich nicht wusste
« am: Mai 11, 2016, 19:03 »
Moin,

Meine bisherige Infolage: Typ 1 braucht Basal Insulin, Typ 2 nicht.

Ist wohl ein Irrtum.

Wer in diesem Forum  Typ 2 braucht auch Basal, wie wird die Menge ermittelt und warum Basal

MlG

Hinerk

Offline Kladie

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #1 am: Mai 11, 2016, 20:27 »
Hallo Hinerk,

Beide Typen nutzen Basal - jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Type 1 muß die Grundversorgung mit Basal sicherstellen - Type 2 kann die fehlende Grundversorgung durch Basal kompensieren um den Nüchternblutzucker nicht zu hoch steigen zu lassen - muss es aber nicht unbedingt wenn der NBZ keine allzu hohen Werte annimmt d. h. noch einiges an Eigeninsulin zur Verfügung steht.

Als Type 2 habe ich bis letztes Jahr Levemir als Basal gespritzt. Da meine Werte aber recht gut sind und ich abnehmen möchte sollte ich den Insulinverbrauch reduzieren. Deshalb habe ich das Basal nicht nur reduziert sondern ganz abgesetzt. Nun muss ich zwar etwas mehr Bolus spritzen aber meine Werte bleiben immer noch gut genug und ich spare mir so einge Einheiten Insulin.

Im Prinzip ist es eigentlich egal wie das Insulin genannt wird. Man muss nur die unterschiedlichen Wirkzeiten beachten und diese mit den Soffwechselanforderungen überein bringen.

Ich denke ein Type 1 könnte auch auf Basal verzichten wenn er z. B. durch eine Pumpe immer die richtige Menge Insulin bekommt. Die Pumpe muss dann die verschieden hohen Anforderungen an die Insulinmenge ausgleichen. Das geht umso besser je kürzer die Wirkzeit des Insulins ist.
Das Eigeninsulin (das beim Type 1 meist fehlt) hat die kürzeste Wirkzeit aller Insuline und wird beim Nichtdiabetiker als Basal und als Bolus genutzt. Ein Type 2 hat meist noch einiges an Eigeninsulin (deshalb relativer Insulinmangel wegen reduzierter Wirkung bei gleicher Menge) und kann es durch langwirksames Basal ergänzen. Erst wenn die Betazellen eines Type 2 zu stark nachgelassen haben Insulin zu produzieren, ist Basal genau so notwendig wie beim Type 1.

Bei mir als Type 2 sind die Dosierungen so unkritisch, dass ich eine 15 IE Basalgabe (12 Std Wirkzeit) auch mit 3 X 5 IE Bolus mit Analogon ersetzen könnte. Wenn ich stärkere Schwankungen zulasse, kann ich mit höherem Bolus zu den Mahlzeiten diesen Bedarf auch abdecken.



Offline Gyuri

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #2 am: Mai 11, 2016, 21:28 »
Also die Meinung, ein Typ2 braucht keine Basalversorgung höre/lese ich jetzt zum ersten mal.  :kreisch:
Ganz am Anfang meiner Insulinpflicht erfuhr ich was von einer ICT (die Bezeichnung hörte ich aber viel später erst) die was ganz tolles für engagierte Typ1er sei.
Aber ich begann ebenfalls mit Bolus/Basal … aus einer Ampulle mit 30% schnellem und 70% langsamen Insulin. Kurz später studierte ich die Wirkkurven der Mischinsuline und versuchte mich mit 50/50 eine bessere Wirkkurve zu erzielen.
Na ja, das war alles nicht besonders gelungen und ich besann mich dann auf die ICT von damals. Da waren die meisten insulinpflichtigen Typ 2er schon mit Bolus/Basal unterwegs und blickten mitleidig zu Gyuri und seinen kaskadierten Mischinsulin-Kurven runter.  :rotwerd:

Wie ich meinen Basalbedarf ermittelte? Wie "MAN" das macht, konnte mir damals keiner erklären.

In so einem Fall denke ich mir dann immer selbst was aus.  :kratz:

Die Werte VOR den Mahlzeiten sind primär in ihrer Gesamtheit durch das Basal entstanden und die PP-Werte durch die mehr oder weniger gelungene Bolus-Gabe.
Wenn diese Behauptung auch ihre Macken hat, sie ist nicht ganz falsch und so half mir die Lage und Form meiner Tagesprofile beides über die Zeit zu optimieren. Eine zeitlang verzichtete ich sogar auf Lantus ganz (aus einer Not heraus) und deckte meinen Basalbedarf mit kleinen Novorapid-Mengen über den Tag verteilt. Das funktionierte "ganz gut" nur nicht im Schlaf, was zu ganz schlechten Frühwerten führte. So riet mir mein Arzt zwar so weiter zu machen, aber abends etwas Lantus zu spritzen.

Seit ein paar Wochen habe ich umstellen müssen, weil ich nicht mehr die Zeit habe mich um die vielen Injektionen zeitgenau zu kümmern. Eine Pumpe wäre da eine Lösung, die ich aber aus anderen Gründen (noch) ablehne. So bestreite ich meine gesamte Basalversorgung jetzt wieder mit Lantus. Kontrolliert wird das nach wie vor an der Lage meiner Tagesprofile und da vor allem durch Beobachtung der Nüchternwerte. Ganz wichtig ist hierbei, dass die Nüchternwerte wirklich Nüchternwerte sind, was sie nicht sein können, wenn ich Zwischenmahlzeiten einnehmen würde. Tu ich aber nie!

Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Hinerk

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #3 am: Mai 11, 2016, 22:28 »
Also die Meinung, ein Typ2 braucht keine Basalversorgung höre/lese ich jetzt zum ersten mal.  :kreisch:

Moin Gyuri,

Ich denke dir fehlte die Zeit meine Frage vollständig zu lesen!

Meine Frage lautete, ich wusste nicht dass Typ 2 auch Basal Insulin Spritzen.

MlG

Hinerk

Offline Gyuri

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #4 am: Mai 12, 2016, 08:00 »
:kratz: Ich kann da aber an meiner Antwort dazu keinen Widerspruch entdecken.

Eher könnte man auch fälschlicher Weise meinen, Pumpenträger (vornehmlich Typ1) bräuchten kein Basalinsulin weil sie sich nur mit schnell wirkendem Insulin versorgen.
Sogar bei der exklusiven Tabletten-Therapie (wohl NUR Typ2) geht es mehr oder weniger/direkt oder indirekt um die Basalversorgung.

Auf der individuell funktionierenden Basalversorgung sollte ungeachtet des Diabetestyps IMMER jedes weitere Vorgehen geplant/durchgeführt werden.
Erst wenn die Basalversorgung passt, kann vernünftig mit Bolus und/oder den BE-Haushalt (Zuführung UND Abbau) gearbeitet werden.

Mit einem älteren Typ2  :greis: hatte ich mal ein Gespräch, bei dem es auch um Basalinsulin ging. Ihm wurde irgendwo eingetrichtert, dass er sein Basalinsulin nur benötigt, damit es "nachts im Schlaf auf ihn aufpasst". Demnach passt Bolus nur während dem Essen auf einen auf. So kann das zwar nicht ganz stimmen, aber so wird dieses viel komplexere Thema scheinbar gern mal erklärt.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Joerg Moeller

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #5 am: Mai 12, 2016, 10:04 »
Ob jemand Basalinsulin spritzen muss oder nicht kann man nur bedingt am Diabetestyp erkennen.

DM1 immer, weil der (außer in der Remissionsphase) gar kein körpereigenes Insulin mehr produziert
Bei DM2 kommt es drauf an, wieviel der Körper noch selber produziert. Die Spanne reicht von "genug um nur mit Lebensstil-Änderung auszukommen" bis hin zu "gar kein mehr".

Viele Grüße,
Jörg
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Offline Gyuri

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #6 am: Mai 12, 2016, 10:23 »
 :zwinker: Mit "Basalversorgung" meine ich auch nicht ZWANGSLÄUFIG das Spritzen von langwirkendem Basalinsulin.
Selbstverständlich muss immer die aktuelle Eigenproduktion der BSD berücksichtigt werden.
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Archimedes

Hinerk

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #7 am: Mai 12, 2016, 10:48 »
Moin,

Woran erkenne ich ob ich Basal brauche  und wie wird die Menge in wieviel und wann bestimmt.

Zur Zeit fällt mir auf mei BZ ca 23 Uhr im Zielbereich ohne weitere Nahrungsaufnahme morgens ca. 6:30 BZ Zielbereich plus 30-40
Wenn ich um 23 Uhr 8 IE Bolus spritze ist der morgendliche Wert im Zielbereich.

Ich werde meinen DiaDoc. um Rat fragen, freue mich aber auch hier im Forum Rat zu bekommen.

MlG

Hinerki

Offline Gyuri

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #8 am: Mai 12, 2016, 14:54 »
Moin,

Woran erkenne ich ob ich Basal brauche  (…)
So einfach geht das nicht. Und das geht schon überhaupt nicht, wenn man sich nur ein Tagesprofil betrachtet … außer(!) deine Tagesprofile sind unverändert gleich. Meine schwanken beachtlich und so nehme ich für derartige Betrachtungen ein gemitteltes Tagesprofil der letzten Tage bis Wochen, aber nicht zu weit in die Vergangenheit blickend.

(größer durch KLICK)

Im oberen Diagramm sieht man 13 Tagesprofile die kaum unterschiedlicher sein könnten. Das gemittelte Profil für diesen Zeitraum sieht man drunter als schwarze Linie.
Die Streuung z.B. um 9:30 (= nacvh dem Frühstück) hier von 118 bis 241 mg/dl hat nach meinem Verständniss rein überhaupt nichts mit der Basalversorgung zu tun.
Hingegen um 7:00, 12:00, 17:30, (vielleicht)23:00 und am Folgemorgen "Früh" sind es alles Nüchternwerte, die primär durch die Basalversorgung bestimmt werden.

Falls ich mich nicht wieder vertippe,  :rotwerd: lagen meine Nüchte bei ca. 127 mg/dl. Hätte ich jetzt ein Basalinsulin, dass tatsächlich eine gerade Verlaufskurve hat, wie es Lantus haben sollte, könnte ich damit Mein Tagesprofil mit mehr Basalinsulin weiter nach unten verlegen. Wo MEIN Zielwert für Nüchternzucker liegt, besimme ich selbst und sage mal: 100 mg/dl wäre mir genehm.
So müsste ich versuchen mein gemitteltes Tagesprofil mit Basalinsulin um 27 mg/dl abzusenken. Mit wievielen Einheiten das geht? Das kann man nicht pauschal sagen, weil u.U. die Basalversorgung ein wenig von der BSD klappt. Einfach probieren und immer schön messen!

Eine große Gefahr birgt diese Logik! Noch ändere ich nix am Bolus, der auch "etwas" wechselwirkt. Drücke ich den mittleren Nüchternwert, wird auch der jeweils niedrigste Nüchternwert sinken, was dann um 12:00, 17:30, 23:00 zu schlimmen Hypos führen KÖNNTE. So muss ich nach einer Änderung der Basalversorgung weiter meine Nüchternwerte überwachen und (wegen der Wechslwirkung) u.U. auch den Bolus VERRINGERN.

In meinem Fall waren die Streuungen für meinen Geschmack so groß, dass ich von einer Veränderung der Basalrate absah und erst mal versuchte meine Streuungen zu verringern.
Ich glaube, es gibt genügend Diabetiker, die nie was mit dem Basal machen und nur am Bolus rum korrigieren indem sie nach dem Essen noch was spritzen. Soll jeder tun was er will - ich mache das bewusst nicht.
Gruß vom Gyuri
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Archimedes

Offline Kladie

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Re: Was ich nicht wusste
« Antwort #9 am: Mai 12, 2016, 17:15 »
Hallo Hinerk,

um deine Fragen einzeln zu beantworten:

Zitat
Woran erkenne ich ob ich Basal brauche
Wenn dein NüchternBZ deinen NBZ-Zielbereich regelmäßig überschreitet sollte der Basalbedarf überprüft bzw. angepasst werden.

Zitat
wie wird die Menge bestimmt
Mit einem Basaltest. Hier eine ganz gute Beschreibung dazu: http://www.mein-diabetes-blog.com/wie-mache-ich-einen-basalratentest-pimp-your-basal/ Es gibt noch viele weitere Infos im Internet zum Basalratentest.

Zitat
wieviel und wann
Da bleibt in den meisten Fällen nur ausprobieren übrig.

Im Prinzip sollte sowas von einem Diabetologen begleitet werden. Der kennt die Fallstricke dieser Diagnostik sicher besser als wir Laien und hat auch die unterschiedlichen Insuline und deren Wirkkurven im Blick.
Deine Beobachtung des NBZ in Abhängigkeit von Bolusgaben am Abend hat nur bedingt mit dem Basalbedarf zu tun. Es hat sicher einen Einfluss auf den NBZ aber keinen der irgendwas mit dem Basalbedarf zu tun hat.