Autor Thema: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen  (Gelesen 6044 mal)

Offline anna

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Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« am: Juni 20, 2013, 20:46 »
Hallo Zusammen,

In letzter Zeit musste ich leider feststellen, dass bei meinen letzten Unterzuckern Traubenzucker nur extrem verzögert zu wirken schien.
Da ich momentan mit einen HbA1c von 7,5 nach der Pumpenumstellung eher an hohe Werte - leider - gewöhnt bin, setzen mein Unterzucker relativ hoch ein - etwa bei 90mg/dl. Ich bin unruhig, zittere, habe Schweissausbrüche. Dann werfe ich mir natürlich sofort Traubenzucker ein. Warte dann etwa 15Min ab, aber die Symptome bleiben bestehen. Ich messe also nochmal und der Wert ist immer noch etwa gleich, also werfe ich noch was nach. So geht es dann noch 2-3mal, bis ich ordentlich was intus habe. Irgendwann - ca. 1,5h später geht es dann aber so richtig ab - auf die 300-400mg/dl, was mich natürlich tierisch nervt.
Habt ihr eine Antwort auf dieses seltsame Spiel? Früher hat es bei mir immer problemlos geklappt. Zack und schon war der Zucker wieder da.
Ich habe das jetzt einige male beobachtet und es macht mir ein wenig Angst.
Zusammenhänge mit dem Essen davor kann ich ausschliessen, nachdem ich sie zu Anfang immer in Betracht gezogen habe, ist es nun in letzter Zeit nur noch so vorgekommen - selbst wenn ich kaum was und dazu noch komplett fett- und eiweissfreies zuvor gegessen hatte, ging es mir nicht anders.

Weiss jemand von Euch eine Antwort darauf?

Liebe Grüsse,
Anna

Offline moewe

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #1 am: Juni 20, 2013, 21:39 »
Hi Anna,

nach deiner Erklärung würde ich vermuten, daß die Gegenregulation schon im Gange ist, wenn du den TZ futterst. Ich vermute mal, daß du dich an den BZ von 90 erst wieder gewöhnen mußt. Vielleicht solltest du erstmal engmaschiger den BZ kontrollieren und schon bei 120 oder so sicherheitshalber eine kleine Dosis TZ einwerfen. Den Zielbereich würde ich am Anfang lieber erstmal etwas höher nehmen.... Als ich auf Pumpe umgestellt habe, hatte ich zuerst einen Zielbereich von 140. Wenn der stabil ist, kann man weiter runtergehen.

Was hattest du denn vor der Pumpe für Insulin und wie lange bist du denn schon auf Pumpe? Ich hatte nämlich so ca. die ersten 3 Monate auch reichlich Probleme mit solchen Sachen.... vielleicht kann ich da weitere Tipps geben, wie es bei mir geklappt hat...

Gruß
Ulrike
DM1 seit 1974, CSII seit 31.1.06, jetzt Akku Chek Combo mit Novorapid, Akku Chek Aviva, Connect, Guide,  Sidiary für Iphone, online und USB-Stick (leider nicht mehr)

Offline anna

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #2 am: Juni 20, 2013, 22:02 »
Hallo Ulrike,

Danke für deine Antwort. Ja, das mit der Gegenreaktion könnte schon sein, da ich momentan auch versuche mein Level abzusenken und leichte Unruhe, wegen "niedrigem" Zucker zu ignorieren. Vielleicht ist das keine gute Strategie.
Ich habe die Pumpe nun seit 21.März und ich muss zugeben, dass diese Vorfälle erst seit dieser Zeit passieren. Zuvor habe ich Novorapid und Lantus gespritzt. Lantus allerdings nur 2-3 Einheiten bzw. Zeitweise auch keine Basis, da ich extrem Insulinsensibel bin.
Das erste halbe/dreiviertel Jahr meiner D1 Karriere hat sehr gut geklappt. (6,1 HbA1c) danach fing diese Phase an, wo ich mit dem Pen einfach nicht so wenig spritzen konnte, wie ich musste. Alles schwankte sehr arg und ich habe viele Kilos verloren.
Daher nun auch die Pumpe.
Ich brauche nur etwa Tagesgesammtmengen mit der Pumpe von etwa 4-7 Einheiten. Davon Basal momentan 3.550IE/Tag. Ich esse momentan sehr wenig KH, da ich einen neuen Job habe und momentan einfach Angst habe vor diesen Situationen.
Was gab es denn bei dir für komische Vorfälle?

Offline Adrian

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #3 am: Juni 21, 2013, 01:45 »
Ein paar Dinge dazu:

1.
"Gegenregulation" führt nicht zu so einem Anstieg. "Gegenregulation" kann dazu führen, dass man Insulinresistent wird und wenn Insulin nicht wirkt, lässt gegessener Zucker den BZ ansteigen. Das passiert jedoch nur, wenn der BZ lange niedrig ist, und nicht bei Werten die so hoch (90mg%) sind. Was man bemerkt ist das Adrenalin, dass ausgeschüttet wird. Wenn man höhere Werte gewohnt ist, kann das schon bei recht hohen Werten passieren. -> der Anstieg kommt durchs zufuttern.

2.
Selbst Traubenzucker braucht seine Zeit durch die Verdauung.
15' ist schon recht kurz. 1,5h erscheint mir zu lang für TZ. Geht es deiner Verdauung gut?
Wie viel bzw. wenig Drück-Ess-Abstand brauchst du mit welchem Insulin?

3.
Zielwerte von 140mg% und darüber halte ich für nicht gut. Nicht (nur) wegen der möglichen Folgeschäden, sondern vielmehr wegen Insulinresistenzen. Über viele Stunden sollte die Basalrate einen auf den Zielwert korrigieren. (Konzentrationsausgleich - wenn die Konzentration im Blut höher ist schlüpft auch mal etwas Zucker mehr mit in die Zelle.) Dies geschieht meistens so langsam, dass eine Korrektur von einem schlechten Wert zu einem guten zu lange dauern würde.
Ist der Wert, auf den man mit seiner aktuellen BR hinstrebt jedoch recht weit oben (130/140), ist schon so wenig Basal da, dass man schnell in Insulinresistenzen rutscht. Das halte ich nicht für produktiv. Damit kann man nichtmals eine gute Einstellung finden.

Gute Nacht
Adrian
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Offline anna

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #4 am: Juni 21, 2013, 06:16 »
Hallo Adrian,

1. ja - aber warum erst so spät?

2. Momentan halte ich den SEA sehr gering, d.h. Drücken und Essen zur gleichen Zeit und da führt hier schon zu einer Spitze etwa von 180/200. Der Traubenzucker schafft das komischerweise nicht in einer Stunde.
Die Verdauung ist soweit in Ordnung

3. Das Basal ist in den letzten Tagen auf 150% gestiegen. Kann das was damit zu tun haben?

Helfen die Antworten um mehr heraus zufinden?

Danke,
Anna

Offline Joerg Moeller

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #5 am: Juni 21, 2013, 10:39 »
...also werfe ich noch was nach. So geht es dann noch 2-3mal, bis ich ordentlich was intus habe. Irgendwann - ca. 1,5h später geht es dann aber so richtig ab - auf die 300-400mg/dl,...

Es könnte sein, daß deine Magen-Darm-Passage verlangsamt ist. Das könntest du von einem Gastroenterologen checken lassen. In dem Fall kannst du dir helfen, indem du den TZ nicht sofort schluckst sondern lutschst. Ein Teil davon wird nämlich auch über die Mundschleimhaut direkt ins Blut aufgenommen und das Lutschen würde die Kontaktzeit verlängern.

Ein 1c von 7,5 ist auch nicht so dramatisch hoch, daß man schon mit einer frühen Hyposchwelle rechnen müsste. Wenn es schon bei 90 losgeht würde ich da eher vermuten, daß schon ein rasanter Abstieg im Gange ist. Vielleicht bist du einfach überinsuliniert. Hast du schonmal einen Basaltest gemacht in letzter Zeit?

Viele Grüße,
Jörg
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Offline moewe

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #6 am: Juni 21, 2013, 11:36 »
Das mit dem Lutschen vom TZ wollte ich auch gerade vorschlagen, damit kann man auch die eigene Angst überlisten. Dabei eine Art Selbsthypnose veranstalten wie: ich bin ganz ruhig, ich habe Traubenzucker im Mund, mir kann nix passieren, ich kann nicht umfallen.... Klingt albern, ist ein Trick gegen die Hypoangst..... (belegt durch erfolgreiche Selbstversuche  :wech: )
Was für Traubenzucker nimmst du denn?

Bei den von dir genannten geringen Insulinmengen könnte man auch überlegen, die Pumpe mit U40 zu betreiben, da könntest du feiner abstufen.

Es könnte auch sein, daß deine Remissionsphase jetzt beendet ist und der ganze Stoffwechsel sich verändert. Ich kann mich erinnern, daß ich damals in der Remi auch nur 10 Einheiten am Tag gespritzt habe oder so. Inzwischen bin ich bei 40....

Ein Basaltest wäre aufschlußreich, hat Jörg ja schon geschrieben.

Ich würde in so einer Kippelphase den Zielwert für Korrekturen tatsächlich höher legen, damit man genug Platz nach unten hat, falls man doch überkorrigiert hat. Das gefährlichere für Gefäße sind  hohe Amplituden der Schwankungen (also zwischen <50 und 400). Also erstmal den Schwankungsbereich verkleinern und dann den Zielkorridor anpassen....

Gruß
Ulrike
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Offline Joa

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #7 am: Juni 21, 2013, 12:07 »
Hallo Anna,

nun hast Du ja schon viele nützliche Tipps bekommen.
In letzter Zeit musste ich leider feststellen, dass bei meinen letzten Unterzuckern Traubenzucker nur extrem verzögert zu wirken schien.
Das spricht vielleicht dafür, dass aktuell zu viel Insulinwirkung zusammenkommen kann?
Nach einer Umstellung auf Pumpe kann der Insulinbedarf drastisch herunter gehen. Und oft stellt man das auch fest, wenn die Umgebungstemperaturen steigen.

Daher denke ich dass der Tipp von Jörg, mal die Basalrate und dann die BE-Faktoren unter die Lupe zu nehmen sicherlich sinnvoll ist.

Zitat
ca. 1,5h später geht es dann aber so richtig ab - auf die 300-400mg/dl, was mich natürlich tierisch nervt.

Na ja. Dann sind die Reste der diversen Traubenzückerlis so langsam durch, die Leber spuckt oder spuckte, angeregt von Glucagon und anderen Hormonmixturen kräftig Glucose dazu und die GR-Hormonmixturen verbieten es den Zellen umfänglich, den vorhanden Zucker aufzunehmen. Das nennt man dann Resistenz. Wie lange halten die Resistenzen denn nachgehend an?

Zitat
Weiss jemand von Euch eine Antwort darauf?

Siehe oben. Aber Du schreibst auch, dass Du direkt zum Essen spritzt und hinterher kräftig hohe Werte produzierst.
Vielleicht versuchst Du mal einen kleinen Spritz-Ess-Abstand in Dein Konzept einzubauen?

Gruß
Joa
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Offline anna

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #8 am: Juni 21, 2013, 13:29 »
Hallo Zusammen,

Danke für eure Hilfe. Ich denke, ich muss das mit dem Traubenzucker lutschen das nächste mal realisieren. Auch wenn es schwer ist, da ich in diesen Situationen auch mit meiner panischen Situationsbewältigung umgehen lernen muss. Sich versuchen zu beruhigen ist wichtig. Mal schauen ob ich das schaffe.
Das mit dem Magen-Darm lasse ich auf jeden Fall checken. Ich will ja wissen, was dahinter steckt.

Bei meinem letzten Basaltes war die menge des Insulins leicht zu viel - also nur ca. 30-50 ging es jeweils an einer Tageshälfte nach unten. Das finde ich noch in Ordnung. Was denkt ihr? Faktoren usw. sind momentan nicht wirklich gut getestet.
Zu allen Tageszeiten 0,3IE/BE und Korrektur-Faktor vermutlich höher als 400/1IE. Ich muss mal wieder alles sauber von vorne bis hinten durchchecken, denn momentan passt es so Pi mal Daumen, aber vermutlich ist inzwischen die Basis wohl zu hoch, da es auch viele Stunden nach dem Essen noch gut Berg ab geht. Der Bolus vielleicht zu niedrig. Das muss ich aber nochmal genauer anschauen.

Das mit den Resistenzen ist mir momentan noch nicht so klar, aber sie halten danach immer noch lange an. Ich spritze dann jetzt momentan immer sofort wieder runter, aber ich merke, dass sich in den ersten 1-2 Stunden der Korrektur nicht sehr viel tut. Also steigt der BZ vermutlich dann eigentlich noch weiter - wenn das Insulin nicht wäre.

Gruss,
Anna

Offline Joa

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Re: Traubenzucker scheint nur sehr langsam zu helfen
« Antwort #9 am: Juni 21, 2013, 19:56 »
Das mit dem Magen-Darm lasse ich auf jeden Fall checken. Ich will ja wissen, was dahinter steckt.
Das wird wohl wenig oder nichts ergeben.

Wie sieht es bei Dir mit eigenen Insulinproduktion aus? Die Bolusfaktoren von 1/3IE je BE lassen da noch einiges vermuten.

Zitat
Bei meinem letzten Basaltes war die menge des Insulins leicht zu viel - also nur ca. 30-50 ging es jeweils an einer Tageshälfte nach unten.

Wieviel Insulin basal, wiewieviel Bolusinsulin im Durchschnitt tgl.?

Zitat
Das finde ich noch in Ordnung. Was denkt ihr?

Nun, wenn Du noch eine Eigenproduktion hast, dann wird die immer so lange mitarbeiten, bis der BZ unter 80 mg/dl fällt. Wenn er danach noch deutlich sinkt, ist das Basalinsulin zu viel. 

Zitat
Zu allen Tageszeiten 0,3IE/BE und Korrektur-Faktor vermutlich höher als 400/1IE.

Mmmh, die 400mg Senkung je IE wären schon sehr viel. Die 0,3 scheinen mir eine "Ergänzungsdosis" zu sein.

Zitat
Der Bolus vielleicht zu niedrig. Das muss ich aber nochmal genauer anschauen.

Sieh mal zu, dass Du den Bolus vor das Essen bekommst. Ggf. mit ein paar schnellen KH "zwischenpuffern".

Zitat
Das mit den Resistenzen ist mir momentan noch nicht so klar, aber sie halten danach immer noch lange an.
So sind sie, die hormonellen Resistenzfolgen. Mit 6 Stunden darf man rechnen.

Zitat
Ich spritze dann jetzt momentan immer sofort wieder runter, aber ich merke, dass sich in den ersten 1-2 Stunden der Korrektur nicht sehr viel tut. Also steigt der BZ vermutlich dann eigentlich noch weiter - wenn das Insulin nicht wäre.

Der BZ würde vermutlich auch ohne Insulin so ziemlich da kleben bleiben, wo er ist.

Gruß
Joa
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