Detemir ist wohl die Antwort von Novo Nordisk auf Lantus von Aventis.
Das zum einen. Aber es geht noch besser: Jetzt ist Novo die einzige Firma, die sowohl ein sehr schnell wirkendes Kurzzeit-Analogon auf dem Markt hat (NovoRapid)
und ein langwirkendes Analogon (Detemir). Für die NovoRapid-Benutzer könnte es schon ein Anreiz sein, ihr gesamtes "Insulin" nur von einer Firma zu beziehen. Bei Aventis konnten sie wohl das sehr lang wirkende Lantus bekommen, aber für Boli hat Aventis nur Normal-Insulin angeboten, daß eben nicht so schnell wirkt (und daher einen Spritz-Ess-Abstand notwendig macht).
Und am Rande: Wer jetzt von Lantus auf Detemir umsteigt muß nicht mehr den Opti-Pen benutzen, der bei vielen nicht so beliebt ist wie der NovoPen.
(Die waren halt ein bischen schneller)
Ja, wenn auch nicht die Idee betreffend. Die war bei beiden ziemlich zeitgleich vorhanden, aber Hoechst (jetzt Aventis) hat es schneller zur Marktreife gebracht.
Detemir hat von Anfang an viel mehr Probleme aufgeworfen. In den ersten klinischen Studien hatte sich herausgestellt, daß es bei einigen Leuten wie erwartet funktioniert, bei anderen aber gar nicht (als wenn die Wasser gespritzt hätten - fragt mich jetzt nicht nach den Gründen, die sind mir auch nicht bekannt).
Der nächste Stolperstein trat nach der Nachbesserung in der nächsten klinischen Studie auf: da stellte sich heraus, daß die Leute im Schnitt doppelt soviel Detemir wie Lantus brauchten. Die Firma - mittlerweile Aventis - hat das Problem "gelöst", indem sie einfach doppelt soviel in die Ampullen gepackt haben. Beim U100 enthält 1 ml Lösung 100 I.E. Insulin. Detemir ist jetzt eigentlich ein U200, obwohl es als U100 deklariert wird. (Über diesen Umstand haben wir in der Newsgroup sehr ausführlich diskutiert)
Es ist wohl nicht genau das gleiche (weil patentrechtlich geschützt) aber doch sehr ähnlich in der Wirkung!
Das stimmt, auch wenn die Wirkweise grundverschieden ist. Die Insulin-ähnliche (=Insulin-analoge) Wirkung ist natürlich gleich. Beim Langzeit-Insulin geht es darum einen Mechanismus zu finden, der die einzelnen Moleküle zeitlich verzögert ins Blut abgibt. Beim NPH-Insulin reichte die Bindung an Protamin für eine Verzögerung von 12-16 Stunden, während dessen immer wieder kleine Mengen Insulin sich davon lösen und im Blut wirkam werden können.
Als wenn man eine Sandburg mit Gips verstärkt: die wird dann auch vom Wasser aufgelöst, aber es dauert länger als wenn man nur mit Sand arbeitet.
Dann kam Lantus. Und das kam gleich mit zwei Verzögerungsmechanismen daher: zum einen ist der biochemische Aufbau geingfügig anders als normales Insulin. an hat nicht genug geändert, als daß es nicht mehr wie Insulin wirken kann, aber genug, damit sich die Einzelmoleküle fester zusammenballen (wie die Sandburg mit Gips).
Der zweite Mechanismus ist ziemlich clever und benutzt eine einfache Grundlage der Chemie: wenn man eine saure Lösung in eine basische gibt, dann folgt als chemische Reaktion eine Ausflockung. Mit anderen Worten: die saure Lösung kristallisiert sich. Lantus liegt als saure Lösung vor und unsere Körperflüssigkeit ist leicht basisch (pH etwa 7,4). Der Molekül-Klumpen im Lantus landet dann in einem Kristall. (Als ob man eine dicke Schickt Zuckerguß über die Gips-Sand-Burg legt: das Wasser kann es immer noch auflösen, muß aber jetzt erst den Zuckerguß abtragen, um an den Sand zu gelangen. Und der löst sich schwerer, weil er mit Gips verbunden ist)
Detemir verfolgt einen anderen Weg der Verzögerung: es ist biochemisch so konstruiert, daß es sich an Albumin anlagert (das ist ein großes Eiweißmolekül im Blut). Und von dort löst es sich so nach und nach und kann dann seine insulinähnliche (insulin-analoge) Wirkung entfalten.
Hört sich alles leicht an, aber auf die Idee muß man erstmal kommen
Nicht nur, dass Du über ein riesiges Wissen verfügst, :lies: kannst Du dieses auch noch lfür alle verständlich weitergeben.
Na, das geht mir natürlich runter wie Öl, auch wenn es mich immer ein bißchen verlegen macht *rotwerd*